Knapp 4,70 Meter lang, schick gestylt und natürlich ein SUV mit Elektroantrieb: Das ist die Erfolgsformel, auf die nicht nur die chinesischen Autohersteller setzen, wenn sie um die Welt ziehen, um neue Märkte zu erobern. Das neueste Modell ist der Marvel R Electric, produziert von SAIC Motor (Shanghai Automotive Industry Corporation). Vertrieben wird es vom größten Autoproduzenten Chinas in Europa unter einer Traditionsmarke: MG. Sie erinnern sich? Das Unternehmen wurde 1923 in Oxford als „Morris Garage“ gegründet und produzierte jahrzehntelang kleine, quirrlige Sportwagen – erst in eigener Regie, später unter dem Dach erst von Austin, dann British Leyland und der Rover Group, zuletzt als Teil des BMW-Konzerns. Lang, lang ist’s her – und es endete krachend mit einer Insolvenz.

Statt offener Doppelsitzer sind unter dem neuen chinesischen Eigner nunmehr Crossover angesagt. Und der neue Marvel R trifft ins Herz eines Segments, in dem noch eine Weile die Musik spielen dürfte. Der Kunde hat in Europa die Wahl zwischen 132 kW (180 PS) und 212 kW (288 PS) Leistung, zwischen Heck- oder Allradantrieb und verschiedenen Ausstattungsvariante. Die Preise bewegen sich dabei zwischen 40.000 und knapp über 50.000 Euro vor Umweltbonus – da kann man nicht meckern.

Gefällige Erscheinung
Obwohl ein echter Chinese, kommt der MG Marvel R Electric sehr europäisch daher, was Deisgn und Abmessungen anbetrifft.

Das Design passt innen wie außen ohne nennenswert aufzufallen. So macht der MG Marvel mit seinem allenfalls markigen Gesicht mit den tief sitzenden LED-Augen einen zeitgemäßen Eindruck, der in China und Europa gleichermaßen ankommen soll. Los geht der Verkauf wohl noch vor Jahresende – je nachdem, wann die Fahrzeuge aus China in Europa eintreffen und wie schnbell sie über die Europazentrale in den Niederlanden auf die einzelnen Vertriebsregionen aufgeteilt werden können.

Basismodell schon mit Zweigang-Getriebe

Basismodell ist der heckgetriebene MG Marvel R Electric RWD, der mit seinem 132 kW (180 PS) starken Elektromotor über ein Zweiganggetriebe (!) angetrieben wird. Mit seinem maximalen Drehmoment von 410 Nm geht es nach dem Druck auf den Startknopf direkt forsch los,. Auch wenn der Schub fehlt, den manche Elektro-Crossover mit größerer Leistung bieten. Dafür, dass es sich um ein Vorserienmodell handelt, macht der Marvel einen guten Eindruck – da klappert oder scheppert nichts. Angenehm: Dank Dämmglas in den Türen bleiben die meisten Geräusche draußen. Zudem ist die Basisversion mit einem Leergewicht von nur 1,8 Tonnen deutlich leichter als manch anderes Elektromobil. Selbst die Allradversion bringt kaum mehr als 1,9 Tonnen auf die Waage.

Raketenstarts lassen sich aber mit 132 kW nicht erledigen. Aber wer meint, dass man damit nur locker im Verkehr mitschwimmen kann, irrt: Gerade aus mittleren Geschwindigkeiten spurtet der Hecktriebler kraftvoll an. Und während viele Wettbewerber ihre Elektromodelle bei 160 oder 180 km/h abriegeln, geben die Chinesen ihrem MG Marcel länger Leine: Erst bei 200 km/h wird der „Superheld“ eingebremst.

Akkupaket mit 70 kWh für 402 Kilometer Reichweite

Federung, Dämpfung und Abrollverhalten der 19-Zöller – passt alles. Und das niedrige Geräuschniveau sorgt dafür, dass man sich auf Anhieb heimisch fühlt. Das Anfedern ist bei Bodenunebenheiten komfortabler als bei manch einem der europäischen Wettbewerber, wobei die leichtgängige Lenkung deutlich mehr Rückmeldung von der Fahrbahn geben dürfte. Ändert nichts daran, dass das leichte Kurbeln gerade beim Rangieren alles andere als unangenehm ist und findige Kameras die Rundumsicht erleichtern.

Ladeleistung könnte besser sein
Am Schnelllader nimmt der MG maximal mit 92 Kilowatt Strom auf – hier müssten die Chinesen nachbessern. Fotos: MG

Das Akkupaket im Unterboden des Marvel R Electric mit seiner Kapazität von 70 kWh sorgt nach Werksangaben und nach WLTP-Verbrauchsnorm für eine maximale Reichweite von 402 Kilometern. Die Allradversion mit insgesamt drei Elektromotoren muss gar schon nach 370 Kilometern an eine Ladesäule. Hier würde man sich entweder eine zweite Akkuvariante mit mehr Speicehrkapazität oder sparsameren Motoren wünschen. Denn gerade im Winter und mit zahlreichen eingeschalteten Verbrauchern an Bord werden aus 400 Kilometern schnell 250 oder weniger Kilometer.

Auch zum Nachladen fährt der MG Marvel R nicht in der ersten Liga. Denn die maximale Ladeleistung am Gleichstromlader ist mit 92 Kilowatt doch nicht mehr wettbewerbsfähig – 125 kW sollten es wenigstens sein. So aber dauert es an einer Schnellladestation schon eine halbe Stunde, ehe der Akku von 30 auf 80 Prozent SoC geladen ist. Von fünf bis auf 80 Prozent Füllgrad vergeht eine dreiviertel Stunde. Immerhin kann der Elektromotor beim Bremsen mit bis zu 100 Kilowatt rekuperieren und so Energie zurückgewinnen. Zudem kann der Marcel R über einen Adapter die Akkus externer Elektrogeräte mit Strom aus seinem Akku versorgen.

Touchscreen mit stolzen 19,4 Zoll Größe

Der Innenraum des MG Marvel ist modern und aufgeräumt, das Steuer liegt gut in der Hand. Und wenn etwas fehlt, dann ein Head-Up-Display, das in der SUV-Mittelklasse längst etabliert ist. Die animierten Instrumente hinter dem Steuer sind ebenso unauffällig wie die Bedienung der Lenkradfunktionen. Je nach angewähltem Fahrprogramm geschieht nicht nur die Gasannahme flotter oder träger, auch das Display erstrahlt je nach Fahrprogramm in unterschiedlichen Farben – nicht nur Chinesen sollen das lieben.

Dominiert wird die Armaturentafel ähnlich wie bei Tesla und im Ford Mustang-E von einem Hochkantdisplay, über das sich alle wichtigen Funktionen des Fahrzeugs steuern lassen und über das auch Navigation, Musikgenuss oder Klimatisierung bedient werden. Das Touchdisplay hat eine stattliche Größe von 19,4 Zoll. Zum Vergleich: Der Mustang E von Ford hat ein Pad im Format 15,5 Zoll aufzubieten, im Tesla Model S waren es zuletzt 17 Zoll.

Ein wenig Tesla, ein wenig Ford Mustang
Das Touchpad in der Mittelkonsole hat Rekordgröße. Gut: Der zentrale Bedienknopf für die Klimaanlage. Foto: MG

Das Platzangebot geht gerade vorne in Ordnung, wobei die Sitzverstellung gerade bei der Sitzfläche Wünsche offenlässt. Hinten geht es zumindest für Erwachsene enger zu – aber nicht so beengt, dass man Platzangst bekommt. Nicht üppig ist allerdings der Laderaum hinter der elektrischen Klappe. Er fasst lediglich 357 Liter, wenn alle fünf Plätze belegt sind. Durch Umlegen der Rückbank – und Verzicht auf drei Sitzplätze – wächst das Stauvolumen auf bis zu 1.396 Liter vergrößern lässt. Zum Trost und Ausgleich gibt es unter der Fronthaube ein zweites Gepäckfach, das weitere 150 Liter fasst. Der so genannte „Frunk“ ist wohlig ausgekleidet und allemal praktisch. Unter anderem beim Verstauen der Ladekabel.

Alles in allem sollte die Traditionsmarke MG mit dem Marvel R gute Chance haben, sich wieder auf dem europäischen Markt zu etablieren. Bestellungen werden ab sofort entgegengenommen.

Technische Daten: MG Marvel R Electric

Motor: Elektromotor hinten, zwei Gänge

Leistung: 132 kW / 180 PS

Max. Drehmoment: 410 Nm

Beschleunigung 0 – 100 km/h: 7,9 Sekunden

Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h

Energiespeicher: 70 kWh Kapazität

Leergewicht: 1.810 kg

Anhängelast: 750 kg

Preise: ab 40.000 Euro

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