Den Schönheitspreis gewinnt der Peugeot 5008 natürlich locker. Kein Kunststück für diesen typischen Franzosen, der allein mit seinem glitzernden Kühlergrill mehr Alarm macht als andere mit ihrem ganzen Auto. Auf diese optische Wasserfallnummer muss erst mal einer kommen, da waren garantiert mehrere Gläser Champagner im Spiel. Sorry, ist natürlich reine Spekulation, aber das perlt und prickelt ja nur so herum um dieses überdimensionale Löwenkopf-Logo und die beiden fein beleuchteten, senkrechten Krallen-Signaturen.
Trotzdem wirkt der ganze Laden nicht überladen. Zumal Peugeots Chefdesigner Matthias Hossann, der früher für aufregende Zukunftsprojekte der Marke zuständig war und ganz früher (offenbar unbefriedigt) für sieben Monate bei Volkswagen wirkte, generell mehr so das Schlichtere liebt und deshalb beim neuen 5008 diverse dekorative Kinkerlitzchen einfach gestrichen hat. Blinkende Chromteile wurden durch grauen und schwarzen Lack ersetzt. Schlichtheit ist angesagt, nix Lametta und so. Cleveres Detail dazu: Die seitlichen Fensterdichtungen verstecken sich unauffällig in den Türen.
Überhaupt wirkt dieser immerhin 4,79 Meter lange, 1,89 Meter breite und 1,69 Meter hohe SUV wie aus einem Stück geschnitzt. Er nutzt die Medium-Plattform des florierenden Stellantis-Konzerns und offeriert serienmäßig Platz für bis zu sieben Passagiere. Seine Konkurrenten heißen deshalb zum Beispiel Tesla Model X, Volvo EX90, Kia EV9 oder BYD Tang. Wobei letzterer ein aktueller Chinese ist. Genau, von der Marke („Biweidi“), die ja gerade ziemlich fett die Fußball-Europameisterschaft sponsert.
Batteriezellen noch von BYD
Gebaut wird der E-5008 mit allem Drum und Dran ausschließlich im einheimischen Automobilwerk Sochaux (E-Motoren aus Trémery, Getriebe aus Valenciennes), darauf sind die Franzosen auch unheimlich stolz. Demnächst sollen sogar seine Batterien, die aktuell noch BYD (da haben wir diese China-Marke wieder) zuliefert, aus einheimischer Produktion kommen. Nämlich aus Diuvrin, wo gerade eine Kooperation von Stellantis, Mercedes und dem Nürnberger Batterie-Spezialisten Saft bei den ersten Startvorbereitungen ist.
Technisch verwandt ist der 5008 natürlich mit dem kürzeren SUV-Stromer E-3008, über den wir ja bereits berichtet haben. Und weil der Große diesen üppigen Radstand von 2,90 Metern hat, ist hier in allen drei Sitzreihen erstaunlich viel Platz für normalgewachsene Mitteleuropäer. In der zweiten Sitzreihe, deren im praktischen Verhältnis von 40:20:40 geteilten Lehnen sich unabhängig voneinander in fünf Positionen verstellen lassen, gibt es selbst für unsereins (1,94 Meter Körpergröße) schöne Bewegungsfreiheit. Zumal sich hier auch die ganze Bank verschieben lässt.
Gepäckabteil taugt auch als Schlafstätte
Und zur dritten Reihe (50:50-Lehnenteilung), in der hier zur Not mit angezogenen Knien auch Erwachsene (naja, bis 1,80 Meter) einigermaßen Platz haben, soll es ohne übermäßige Verrenkungen gehen. Dank des „Easy-Acces“-Systems, mit dem sich die Sitze der Reihe zwei in einer Bewegung komplett umklappen und nach vorne schieben lassen. Okay, in der Praxis haben wir uns beim Ausfädeln aber doch ganz schön verbiegen müssen.
Aber auch Ladevolumen für Großfamilien bietet der Peugeot reichlich. Hinter der dritten Sitzreihe sind es zwar nur 348 Liter, aber dann geht’s los. Bis zu 916 Liter bei zwei Sitzreihen und irre 2232 Liter, wenn nur die erste Sitzreihe benötigt wird. Die Bodenfläche ist eben und hat bis zu zwei Meter Ladelänge. Das passt glatt zum Übernachten. Oder zum Baumarkt-Besuch.
Klar, der koreanische Kia EV9 schluckt noch ein wenig mehr, ist aber mit 5,02 Meter auch viel länger. Unter der letzten Sitzreihe des E-5008 gibt es dann noch so eine Art Schublade mit dem Fassungsvermögen von 80 Litern. Idealer Stauraum für zum Beispiel feines Sportzeug, dass nicht gleich jeder sehen soll. Die Anhängelast? Ja, da hätten wir ein wenig mehr erwartet, gebremst sind es maximal 1000 Kilo für unseren Testwagen (zu dem kommen wir sofort), ungebremst die in der Branche üblichen 750 Kilogramm.
Ausstattung vom Feinsten
Grundsätzlich ist dieser neue Franzose sehr wohnlich eingerichtet. Echtes Aluminium, Ambientebeleuchtung und hübsch melierte Stoffe bis in die zweite Sitzreihe. Alles fein verarbeitet. Auf Wunsch offeriert Peugeot in der feineren GT-Version – falls der gebotene Mix aus Alcantara und Kunstleder den Herrschaften nicht fein genug ist – für 3050 Euro auch ein Nappaleder-Paket mit Ziernähten in grün, Massagefunktion, ausziehbarer Oberschenkelauflage, mehrstufiger Heizung, Belüftung, Massage und elektrisch einstellbaren Seitenwagen. Alles, was verzärtelte Menschen heute eben gerne haben wollen.
Vielleicht ja auch das große Panorama-Ausstell-/Schiebedach im Air-Paket für 1350 Euro, dessen vorderer Teil elektrisch geöffnet werden kann. Sie sagen es, viel Licht müsste ja wunderbar gegen Depressionen und so helfen. Wobei es dann Kopffreiheit ein wenig knapper wird.
Inklusive ist übrigens auch dieses Luftqualitätssystem „Clean Cabin“, das schadstoffhaltige Gase und Partikel in Nullkommanix wegfiltern soll. Automatisches Luftrecycling für Allergiker also, die jeweils aktuelle Qualität wird uns auf der rechten Seite des Panorama-Displays angezeigt. Und per Schnellstart-Taste lässt sich das Auto ruck, zuck kühlen oder heizen (inklusive Sitze und Lenkrad).
ChatGPT an Bord
Schon sind wir beim „Panorama i-Cockpit, der Kombination aus „Head-up-Display“ und großem zentralen Touchscreen in einem gebogenen Riesenbildschirm im 21-Zoll-Format (53,3 cm, Serie im GT), der direkt vor unserer Nase von ganz links bis zur Mittelkonsole reicht. Was da so zu sehen ist? Links alle fahrrelevanten Infos von der Geschwindigkeit bis zum Energiefluss, rechts sämtliche Einstellungen von Klima bis Navigation (TomTom-Technik, inklusive detaillierter Lade-Reiseplanung) und selbstverständlich das volle Entertainment-Programm.
Dazu diese zehn „i-Toggles“ (deutsch: Schalter) in der Mitte des Armaturenbretts, mit denen sich fix favorisierte Funktionen für den Direktzugriff programmieren lassen. Sehr gut. Wichtige menschliche Kontakte, ständige Navigationsziele oder unsere Lieblingssender aus dem Radio zum Beispiel. Ist alles ohne Informatik-Studium schnell und leicht zu bedienen, da gibt es definitiv Schlimmeres in der Branche. Lediglich die etwas renitente Sprachsteuerung hat uns (wie in fast allen aktuellen Stromern) manchmal etwas genervt. Und die Sicht nach schräg hinten ist beim Rangieren wirklich mau, da muss die 360-Grad-Rückfahrkamera (im Drive-Assist-Paket, ab 1750 Euro) aushelfen. Smartphone-Anbindung? Ja, an Bord. Auf Wunsch auch so ein allwissendes ChatGPT-Programm. Und natürlich sämtliche gängigen Assistenzsysteme.
Bis zu 660 Kilometer Norm-Reichweite
Interessante Sache: Den Peugeot E-5008, der bei uns erst im Oktober bei den Händlern eintreffen soll, gibt es in verschiedenen Motor- und Antriebsversionen sowie entsprechend unterschiedlichen elektrischen Reichweiten. Einstiegsmodell ist der maximal 170 km/h schnelle Fronttriebler mit 157 kW (213 PS) Leistung, der mit seiner 73 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie (NMC) nach WLTP-Norm auf eine Reichweite von 478 bis 500 Kilometer kommen soll. Im reinen Stadtbetrieb sogar bis auf 615 Kilometer. Offizieller Verbrauch: 17,8 bis 18,7 kWh. Und für den Standard-Sprint auf Tempo 100 nennen die Franzosen 8,8 Sekunden.
Darüber rangiert die ebenfalls frontgetriebene „Long Range“-Version mit 170 kW (231 PS) Leistung und bis zu 660 Kilometer Reichweite, die sich in der City sogar auf über 700 Kilometer steigern lassen soll. Und die darf, wie schon der Name vermuten lässt, die größere Batterie mit der Kapazität von 96 kWh nutzen und offeriert nebenbei mit 1250 Kilogramm sogar etwas mehr Anhängelast. Bereits ab Ende Juli bestellbar, aber frühestens im Dezember in den deutschen Showräumen.
Bidi-Charger später gegen Aufpreis
Das Topmodell hingegen, dass zum Jahreswechsel mit Allradantrieb und einer Gesamtleistung von 237 kW (320 PS) anrollt – 157 kW vorn, und 80 kW vom zweiten E-Motor im Heck – gibt es nur in Kombination mit der kleineren 73-kWh-Batterie, was die Reichweite dieser reizvollen Kombination auf gut 500 Kilometer begrenzt.
Die Daten zum Strom-Bunkern? Bitte: Serienmäßig gibt es einen 11-kW-Lader fürs AC-Laden, im Herbst folgt gegen Aufpreis noch ein bidirektionaler 22-kW-On Board-Charger, mit dem wir dann auch andere Fahrzeuge oder diverse elektrische Geräte laden könnten. An Schnellladesäulen (Ladebuchse am Auto links hinten) kann dieser 5008 Gleichstrom mit bis zu 160 kW ziehen. Damit soll sich laut Peugeot die Batterie in 30 Minuten von 20 auf 80 Prozent nachladen lassen. Die Franzosen versprechen 10 Minuten für 100 Kilometer Reichweite. Das sind keine Rekordwerte, aber damit kann man leben. Zumal es eine Wärmepumpe, die in der kalten Jahreszeit ordentlich Batteriestrom spart, gleich serienmäßig gibt.
Höchste Zeit, endlich loszufahren. Als Testwagen gab es für uns erst einmal nur die frontgetriebene Basisversion mit 170 kW. Fürs normale vollelektrische Leben ist die vermutlich voll ausreichend, mit einem Einstiegspreis von 51.150 Euro für den einfachen Allure und 55.950 Euro in der deutlich besser ausgestatteten GT-Version allerdings kein Sonderangebot. Dafür locken ungewöhnlich lange Garantien: Acht Jahre oder 160.000 Kilometer – unter der Voraussetzung, dass die Wartung bei autorisierten Peugeot-Händlern durchgeführt wird.
Fünfsitzer kommt später
Kurze Zwischenbemerkung: Den großen Stromer gibt es erst einmal nur in der siebensitzigen Version. „Wenn sie die dritte Sitzreihe nicht benötigen, dann können sie die ja einfach wegklappen“, hören wir vom zuständigen Produktmanager Emmanuel Varene. Logisch, aber diese Rückbank klaut ja trotzdem Platz, den wir vielleicht lieber für andere Dinge frei hätten. Am Ende verrät der Franzose dann aber, dass man für 2025 („Quälen Sie mich nicht, da ist noch nichts endgültig entschieden“) womöglich auch mit einem Fünfsitzer rechnen könne. Aha.
Unterwegs, erst einmal fast ausschließlich auf einsamen südschwedischen Landstraßen bei zellfreundlichen Temperaturen von 25 Grad Celsius, hatten wir prinzipiell wenig zu meckern. An das relativ kleine Lenkrad des Peugeot, das hier nicht das große Panorama-Display verdecken soll, haben wir uns schnell gewöhnt. Und generell fährt sich der mindestens 2300 Kilogramm schwere Hochsitzer (allein die Batterie wiegt 520 Kilogramm) bemerkenswert aktiv, erfrischend leicht und handlich. Flüsterleise natürlich: Wind- und Abrollgeräusche sind kaum zu hören.
Wohlfühl-Stromer für die Langstrecke
Klar, auch dieser Franzose ist nicht der Liebling aller rasanten Kurven, kein Wilder, eher einer fürs komfortable Dahingleiten, der die heutzutage oft nervig zappelnde Welt elegant aussperrt. Mit seiner komfortablen Federung ist der Fronttriebler ein Wohlfühlauto für die Langstrecke in möglichst schöner Natur. Unsere Favoriten waren die Straßen dicht am Meer, auf denen wir, typisch E-Auto, bei geöffneten Fenstern sogar die Wellen rauschen hören konnten. Da versetzte uns dieser E-5008 mit seiner rigorosen Ruhe und seiner eleganten Bescheidenheit in eine reizvolle Art entspannter Gelassenheit.
Erfreulich auf den insgesamt 340 Kilometern der beiden Testtage waren auch immer wieder unsere niedrigen Stromverbräuche. Die jedoch bei einer sehr sittsamen Fahrweise zustande kamen, meist im Eco- und Comfort-Modus. Wer hier schon öfter unterwegs war, wird unsere Zurückhaltung augenblicklich verstehen. Bußgelder in Schweden wegen überhöhter Geschwindigkeit können direkt in die finanzielle Hölle führen.
Stromverbräuche zwischen 13,8 bis 21,5 kWh
Und so pendelten die elektrischen Verbrauchswerte des Peugeot E-5008 in den Fahrmodi Normal und Eco freundlich zwischen 13,8 und höchstens 21,5 kWh/100 km. Der letztere Wert kam auf einer längeren Autobahnstrecke (maximal zwischen 110 und 120 km/h) zustande. Damit lagen wir also unter oder zumindest nicht weit weg von den Normwerten. Was je nach Fahrstil beruhigenden elektrischen Reichweiten von bis zu 400 Kilometern entsprechen könnte. Insofern ist dieser siebensitzige Hochsitzer keine schlechte Wahl. Wobei wir uns mit der kommenden Langstrecken-Version – die wohl rund 3000 Euro teurer kommt, vermutlich intensiver anfreunden könnten. Auch um ein ordentliches Strompolster zu haben, wenn mal irgendwo wieder eine Ladesäule streiken sollte.