Bereits vor zwei Jahren landete Sony als eines der größten Unterhaltungsunternehmen der Welt auf der CES 2020 einen Überraschungscoup, der sich dieses Jahr mit der Studie eines elektrischen Crossovers wiederholte. Der japanische Elektronik- und Unterhaltungskonzern dreht damit insbesondere Wettbewerber Apple eine Nase, der mit dem Autoprojekt „Titan“ scheinbar auf der Stelle tritt. Viele sahen im Sony Vision-S 01 bei der Weltpremiere vor zwei Jahren noch als Messe-Gag, mit dem man sowohl Apple als auch die etablierten Autohersteller zu irritieren versuchte. Wer an Sony denkt, dem kommen insbesondere Walkman, Fernseher, Kameras und die Playstation in den Sinn. Aber Autos?

Doch auf der diesjährigen CES schob Sony mit dem Vision S-02 noch ein elektrisch angetriebenes SUV nach. Und jetzt wurde bekannt, dass Sony und Honda eine Absichtserklärung über eine strategische Allianz im Bereich der Mobilität unterzeichnet haben: Die Japaner machen ernst.

Stärken aus zwei Welten

„Die Zusammenarbeit zwischen Honda und Sony, die sich auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge konzentriert, zeigt die zukünftigen Mobilitätspläne von Sony auf, die seit der Vorstellung des EV-Prototyps auf der CES im Jahr 2020 und später im Jahr 2022 erwartet wurden“, erläutert Bakar Sadik Agwan, Analyst bei Global Data. „Die Zusammenarbeit wird die Fähigkeiten von Honda in den Bereichen Fahrzeugherstellung, Komponenten und Batterieproduktion/-montage mit Sonys Erfahrung in den Bereichen Bildgebung, Sensorik, In-Vehicle-Infotainment, vernetzte und autonome Technologie kombinieren.“

Virtuelle und reale Welten
Blick in den Innenraum des Sony "Vision S-02". Das Cockpit dominieren - ähnlich wie im Honda e - eine Vielzahl von Monitoren, die nicht nur Fahrinformationen liefern, sondern auch ein umfangreiches Unterhaltungsangebot bereit halten. Foto: Sony
Virtuelle und reale Welten
Blick in den Innenraum des Sony „Vision S-02“. Das Cockpit dominieren – ähnlich wie im Honda e – eine Vielzahl von Monitoren, die nicht nur Fahrinformationen liefern, sondern auch ein umfangreiches Unterhaltungsangebot bereit halten. Foto: Sony

Die Autoindustrie generell ist für Sony kein Neuland: Die Japaner liefern seit vielen Jahren schon Sensorik und elektronische Komponenten sowie komplette Infotainmentsystemen an Fahrzeughersteller. Bleibt die Frage, wie sehr sich Sony in einer technischen Kooperation mit einem Autohersteller wie Honda in Szene setzen könnte, wenn zentrale Bereiche des Fahrzeugs wie die Herstellung, Entwicklung von Antriebskomponenten, Akkus und Motoren von Honda stammen. Der japanische Autobauer hat mit dem kleinen Honda E immerhin auch schon einen elektrischen Kleinwagen im Programm, der nicht nur mit einem originellen Design punktet, sondern auch mit einem innovativen Bildschirmsystem und der Verwendung von Kameras als digitalen Außenspiegeln glänzt.

Sony wird Technologiepartner, kein Autobauer

„Der Schritt deutet darauf hin, dass Sonys Zukunftsvision darin besteht, seinen Markennamen auf batteriebetriebene Fahrzeuge zu setzen – aber nur als Technologiepartner und nicht als Hersteller von Elektrofahrzeugen aufzutreten, da dies Fachwissen, hohe Ausgaben, höhere Stückzahlen und begrenzte Gewinnspannen erfordert“, glaubt Bakar Sadik Agwan. „Dies steht im Gegensatz zu anderen Geschäftsbereichen wie Unterhaltungselektronik, Fotografie, Infotainment und Videospielproduktion, in denen Sony präsent ist.“

Optisch wie technisch ist der 4,90 Meter lange Elektrocrossover Vision S-02 von der CES 2022 eng mit dem Protoypen Sony Vision-S 01 verwandt. Für den Antrieb sorgen zwei Elektromotoren mit jeweils 200 kW (272 PS) für eine maximale Systemleistung von 400 kW (544 PS). Aus dem Stand soll der knapp 2,5 Tonnen schwere Allradler in rund fünf Sekunden auf Tempo 100 sprinten können. Abgeregelt wird der Vorwärtsdrang erst bei 240 km/h. Für hohen Fahrkomfort sorgt unter anderem eine variable Luftfederung.

Auto wird zum Lebensraum

Wie schon die Limousine ist auch der Sony Vision S-02 mit zahlreichen Assistenzsystemen und mehr als 30 Sensoren ausgestattet, die für eine Art Sicherheitszone sorgen. Im Innenraum blicken die Insassen auf mehrere Großdisplays, die das Armaturenbrett bilden. Und statt Außenspiegeln liefern Kameras zahlreiche Informationen über den Bereich hinter und neben dem Fahrzeug.

Neue Wege in die Zukunft
Der "Vision S-01", den Sony vor zwei Jahren auf der Computermesse CES in Las Vegas zeigte, war mehr als nur ein PR-Gag, wie sich jetzt zeigt. Zusammen mit Honda will der japanische Unterhaltungskonzern Elektroautos entwickeln und sich als Systemanbieter auf einem Wachstumsmarkt etablieren. Foto: Sony
Neue Wege in die Zukunft
Der „Vision S-01“, den Sony vor zwei Jahren auf der Computermesse CES in Las Vegas zeigte, war mehr als nur ein PR-Gag, wie sich jetzt zeigt. Zusammen mit Honda will der japanische Unterhaltungskonzern Elektroautos entwickeln und sich als Systemanbieter auf einem Wachstumsmarkt etablieren. Foto: Sony

Bakar Sadik Agwan: „Es wird interessant sein, abzuwarten, ob Sonys EV-Plan in einer Zeit, in der neue Marktteilnehmer wie der Technologieriese Foxconn ihre EV-Produktionskapazitäten ausbauen, etwas bewirken kann. Elektroautos werden wahrscheinlich weniger durch ihre Antriebe als vielmehr durch die Stärke ihrer Technologiepakete definiert werden, und hier hat Sony das Potenzial, einen großen Einfluss auszuüben.“

Vielleicht ist die Zusammenarbeit mit Honda aber auch nur ein geschickter Schachzug, um als Systemlieferant auf dem wachsenden Markt für Elektroautos Marktanteile zu gewinnen. Denn mit der Umstellung von Verbrennern auf Elektromotoren, aber auch dem beginnenden Zeitalter des vollautonomen Fahrens wird nicht nur die Sensorik und Informationstechnik im Automobilbau immer wichtiger – und der Innenraum des Autos als Lebensraum neu definiert. Hier könnte sich die Expertise von Sony bei der Gestaltung von Displays sowie in Bereichen wie Telekommunikation, Vernetzung und Entertainment auszahlen.

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