Bald vier Jahre ist es her, dass Elon Musk seinen elektrischen „Cybertruck“ vorstellte, einen futuristisch gestylten, angeblich unzerstörbaren Pick-Up. Mit einem unlackierten Korpus aus rostfreiem wie kratzfesten Stahl, schussfesten Glasscheiben und Sitzplätzen für sechs Personen. Versprochen wurde eine Reichweite von bis zu 800 Kilometern, eine Zugkraft von bis zu 6,3 Tonnen – und ein Verkaufsstart für das jüngste Tesla-Modell gegen Ende des Jahres 2021.
Die Resonanz auf das kraftvolle Elektroauto war gewaltig. In der Woche nach der Weltpremiere sollen 250.000 Menschen aus aller Welt das „beste Elektroauto aller Zeiten“ (Musk) geordert haben, inzwischen sollen Musk über 1,5 Millionen Vorbestellungen vorliegen. Doch auf die Straße haben es bislang nur wenige Prototypen geschafft – der Start der Serienproduktion musste von Tesla immer wieder verschoben werden. So oft, dass viele Interessenten in den USA ihre Bestellungen wieder stornierten um sich einen Ford F150 Lightning oder einen Rivian R1T zuzulegen. Manche Konkurrenten aus der Automobilindustrie witzelten sogar schon, der Cybertruck sei ein rein virtuelles Produkt, das „Project Everest“ müsse wegen Atemnot vor Erreichung des Gipfels abgebrochen werden.
Denkste. Der Cybertruck gab den Tesla-Ingenieuren und ihren Zulieferern in den zurückliegenden dreieinhalb Jahren zwar manche Nuss zu knacken. Doch wie es scheint, rückt der SoP, der „Start of production“, nun tatsächlich näher: Wie aus Mitteilungen von Tesla an seine Zulieferer hervorgeht, die dem britischen Internet-Portal Electrek zugespielt wurden, sollen die ersten Cybertrucks aus der Gigafactory 5 in Texas am „Ende des dritten Quartals“, also Ende September, im Rahmen eines „handover events“ den Bestellern übergeben werden. Ende Oktober soll dann die Serienproduktion beginnen.
„Tesla Files“ offenbaren Probleme
Aus den Mitteilungen an die Zulieferer ging zudem hervor, dass Tesla inzwischen mit einer Jahresproduktion von 375.000 Cybertrucks rechnet. Bei der jüngsten Hauptversammlung hatte Musk noch eine Größenordnung von 250.000 Fahrzeugen genannnt. Das deutet darauf hin, dass die größten Probleme in Produktion und Beschaffung nunmehr gelöst sind. Probleme hatte es nach einem technischen Bericht aus dem Januar 2022, der dem Handelsblatt zugespielt worden war, in der Vorserienproduktion unter anderem mit der Aufhängung, dem Geräuschpegel, der Abdichtung der Karosserie, der Handhabung sowie den Bremsen des schweren Fahrzeugs gegeben. Auch die Fertigung der extrem kantigen Karosserie stellte nach den sogenannten „Tesla Files“ die Ingenieure wohl vor große Herausforderungen.
Wie sich all dies auf das Serienmodell ausgewirkt hat, bleibt abzuwarten. Auch sind die neuen Leistungsdaten sowie die Preise noch nicht bekannt. 2019 war von einem Einstiegspreis von 39.000 Dollar und von 69.900 Dollar für das dreimotorige Topmodell die Rede. Die Preise dürften längst nicht mehr zu halten sein. Aber wer weiß: Musk ist immer wieder für eine Überraschung gut. Wir werden uns also bis zu dem „handover event“ gedulden müssen.