Das Technologiewettrennen um die Energiewende im Verkehr ist in weiten Teilen entschieden. So sehen es zumindest das Umweltbundesamt (UBA) und der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung. Gewonnen hat demnach die batterieelektrische Mobilität – zumindest als Antriebsmittel der Wahl für den individuellen PKW-Verkehr sowie den ÖPNV und die leichtere Logistik auf der Straße. Wasserstoff spiele in diesen Segmenten der Verkehrswende nur eine Nebenrolle, sagte Claudia Kemfert als SRU-Vertreterin bei einer Online-Veranstaltung des Bundesumweltamtes.

Ihre klare Empfehlung an die Bundesregierung: Öffentliche Gelder sollten vor allem in den Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos fließen. Die batterieelektrische E-Mobilität sei im Bezug auf die Hochlaufkosten, die Effizienz und den ökologischen Fußabdruck der Brennstoffzelle und PtX-Fuels überlegen, so Kemfert. Lediglich für den Schwerlastverkehr auf langen Strecken sowie im Flugverkehr und in der Schifffahrt gebe es Einsatzpotenziale für die Alternativen, weil diese Segmente schwer elektrifizierbar seien. Hier sei das Rennen um die passende Technologie noch nicht entschieden. Forschung und Entwicklung sollten diese Entscheidung dazu „ab Mitte der 2020er-Jahre“ ermöglichen.

E-Farm von GPJoule in Ostfriesland
Windkraft zu Wasserstoff
Im nordfriesischen Bosbüll produzieren Elektrolyseure von GP Joule mithilfe von Windkraft grünen Wasserstoff, um damit Linienbusse und Personenwagen zu betreiben. Foto: GPJoule

Zugleich machte die Energieexpertin der Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutlich, dass der Sachverständigenrat im Schwerlastverkehr Oberleitungs-Lösungen für elektrobetriebene Lastzüge für eine ernstzunehmende Alternative zum Wasserstoffantrieb hält. Gleichzeitig plädierte Kemfert dafür, beispielsweise über die Erneuerbarenrichtlinie der EU Herkunftsnachweise für Wasserstoff einzuführen und prognostizierte, Deutschland werde langfristig von Wasserstoffimporten abhängig sein.

„Wasserstoff wichtiges Puzzleteil“

Gleichwohl sei Wasserstoff „ein wichtiges Puzzleteil der Energiewende“, aber eben nur eines von vielen. Kemferts Standpunkt wurde in einer anschließenden Diskussionsrunde von UBA-Präsident Dirk Messner und
Christian Hochfeld, dem Direktor der Politikberatung Agora Verkehrswende, auf Basis jeweils hauseigener Studien gestützt.

Die Dekarbonisierung des PKW-Verkehrs sei in den vergangenen 30
Jahren nicht vorangekommen, beklagte Messner. Dieses Versäumnis müsse
nun schnell aufgeholt werden. Deshalb bedürfe es schneller Lösungen. Das spreche klar für die E-Mobilität als Kernoption der Energiewende im urbanen Verkehr und gegen H2-Brennstoffzellen in diesem
Segment, argumentierte er.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Agora-Verkehrswende-Direktor Hochfeld prognostizierte, dass selbst im Falle eines E-Mobility-Booms bis 2030 keine Rohstoffknappheit für die zentralen Batteriebestandteile Lithium und Kobalt zu erwarten sei. Gleichwohl könne es zu Engpässen bei der Förderung kommen, die wiederum die Preisentwicklung beeinflussen werden. Vertreter aus der Automobilbranche sowie des Wasserstoffverbandes DWV meldeten in der Diskussion teils deutlichen Widerspruch an und plädierten für mehr Technologieoffenheit.

Kritik entzündete sich etwa an der Einschätzung, der Zubau an Ladesäulen für E-Autos werde kostengünstiger sein als der Aufbau eines Tankstellennetzes für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge wie den Toyota Mirai oder den Hyundai Nexo. Außerdem verwiesen Vertreter von Audi und Scania ebenso wie des DWV darauf, dass beispielsweise die Logistikbranche ebenso wie viele Verkehrsbetriebe sehr wohl auf den Wasserstoffantrieb setzen.

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10 Kommentare

  1. Strauss

    100% richtig Sebastian. Denen die das immer noch nicht kapieren wollen , sollte man mal eine separate Plattform geben.
    Diese müsste lauten:
    Mit dem Elan wo ihr versucht H2 Einsatz zum Antrieb von Grossen Fahrzeugen sowie Energiespeicherung schlechtzureden, motiviert ihr besser doch wenigstens die Verbrennerfahrer auf umwelfreundliche Antriebsarten umzusteigen.
    Möglichst selber so voran zugehen, und Firmen die in dem Bereich tüchtig sind nicht gegeneinander ausspielen.

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  2. Strauss

    Jegliche Alternative zum Oelersatz muss verfolg werden.Zumal es so weniger Stau an den Ladesäulen gibt.

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  3. Kurt Werner

    Ich bin Befürworter von BEV. Die Vorteile liegen auf der Hand. Wer möchte kann sich aber gerne ein H2-Auto kaufen. Ein freier Markt ist wichtig.
    Das Problem was ich aber sehe, ist die unfaire- und unsachliche Debatte zu BEV und H2.
    Wasserstoff brauchen wir vor allem für die Industrie und den Wärmesektor. Das wird von Gegnern der Energie- und Mobilitätswende gerne verdreht.
    Sehen Sie sich doch die Wahlprogramme der verschiedenen Parteien an.
    Mehr Widerspruch geht fast nicht mehr: Kein weiterer Ausbau von EE mehr aber Wasserstoff! Woher soll dieser Wasserstoff kommen?
    An der Stelle möchte ich auf die Wasserstoff-Farbpalette hinweisen.
    Ich fürchte Polemik und Unsachlichkeit werden noch zunehmen.

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  4. Tim Wolf

    Auch in Asien wird die Physik nicht neu erfunden werden. H2 ist für Mobilitätsanwendungen unterhalb longhaul keine Option. Und in der Tat, Oberleitungen in Abständen und immer wenn es bergauf geht, das scheint rechnerisch ne gute Option zu sein. Warum auch nicht. Man stelle sich den semi-Truck mit Panthographen vor…
    BEV ist die Technologie für die nächsten Jahre, siehe auch Birg-Warner -> Akasol…

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  5. Jürgen Baumann

    Wir brauchen keine Technologieoffenheit, sondern Technologieklarheit. Wer in alle Richtungen offen ist, der ist auch nicht ganz dicht.

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    • Franz W. Rother

      Schön formuliert. Wer legt fest, was klar ist – und was folgt daraus – Entwicklungs-/Verkaufsverbote?

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      • Jürgen Baumann

        Einfache Physik und Lebenszyklusanalysen geben Antwort. Verbote werden durch Regierungen erlassen. Das ist nichts Neues.
        Wenn es ein eklatantes Versagen des Marktes gibt, dann werden wir nicht darum herum kommen, auch über Verbote nachzudenken. Wir haben nun seit Jahren diskutiert, wie der Verkehr seine Verantwortung wahrnehmen kann. Passiert ist wahrnehmbar nichts. Wenn etwas schädlich, fällt es einfach aus den Traktanden. So wie Asbest, FCKW’s, Schwermetalle in Farben, DDT, NiCd Akku’s, Fahrverbote für bestimmte Emissionsklassen, …
        Jetzt ist einfach Benzin und Diesel dran …. wo ist das Problem … ?
        Und eFuels und Wasserstoff sind energetisch so absurd ineffizient, dass sie auch ökonomisch für den Individualverkehr keinen Sinn machen. Hier werden irgendwann die Aktionäre auf die Barrikaden gehen. Die mögen es nicht, wenn sinnlos Geld verbrannt wird.
        Bei stationären Anwendungen gibt es genug Potential.

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        • Cyber Slim

          Die Physik der Gesamtenergiebilanz legt fest was sich durchsetzten muss, sonst kommen wir von der Stinkerei nicht weg und versauen den Planenten entgültig.

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  6. Sebastian

    Eines ist doch klar: Wer nicht technologieoffen an die Sache rangeht, droht abgehängt zu werden. Aus ideologischen Gründen aufs falsche Pferd zu setzen ist reichlich riskant. Diese ideologischen Denkblockaden kennt man in Asien nämlich nicht – und da wird mittlerweile die Zukunft gemacht.

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    • Cyber Slim

      In Asien ist man technologieoffen, aber noch viel mehr zählt Kosteneffizienz und die ist in der Gesamtrechnung der H2 Wirtschaft entsetzlich. So einen Wahnsinn fördern nur idiologisch verbelndete und unfähige Politiker, die unendlich Steuergelder verballern können.

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