Die Ambulanz Mobile GmbH aus Schönebeck in Sachsen-Anhalt ist der größte Hersteller von Kranken- und Rettungswagen in ganz Europa. Egal ob in Deutschland, Spanien oder den Niederlanden – wenn dort ein Krankenwagen mit Blaulicht im Rückspiegel auftaucht, handelt es sich mit großer Wahrscheinlicjhkeit um ein Rettungsmobil, das in Schönebeck nahe Magdeburg umgerüstet wurde.

Über 300 Spezialisten arbeiten hier Tag für Tag daran, dass ein normaler Transporter zu einem Kranken- oder Rettungswagen wird. Pro Jahr entstehen so in einem kleinen Gewerbegebiet von Schönebeck rund 1.500 Fahrzeuge in reiner Handarbeit. Fast ausschließlich handelt es sich um Fahrzeuge mit Dieselmotor. Doch die Antriebswende wirft auch im Rettungswesen ihre Schatten voraus: Erstmals wurde bei Ambulanz Mobile im vergangenen Winter ein elektrischer Transporter vom Typ Mercedes eSprinter zu einem Krankenwagen vom Typ Valeris-e umgebaut. „Wir sind sehr stolz, dass Mercedes-Benz Vans mit uns dieses Projekt gestartet hat“, sagt Hans-Jürgen Schwarz, Geschäftsführer Ambulanz Mobile, „es ist eine Herausforderung einen ersten vollelektrischen Krankenwagen zu bauen und unser spezieller Anteil ist die Versorgung und die Versorgungseinrichtung hinten autark vom Basisfahrzeug zu gestalten.“

Eigenes Stromnetz für medizinische Verbraucher

Schnell stand für die Spezialisten fest, dass das normale Akkupaket des Mercedes eSprinter nicht reichen würde, um im Alltagsbetrieb genügend Leistung für den Fall der Fälle an Bord zu haben. „Die elektrische Reichweite würde bei 30 oder 40 Kilometern liegen, wenn wir alle medizinischen Verbraucher angeschlossen und im Betrieb hätten“, erklärt Vertriebsleiter Frank Lundershausen. So bekamen die speziellen Ausstattungsgegenstände in dem Krankenwagen eine eigene Stromversorgung und das Energiepaket des Aufbaus wurde von derjenigen des Basisfahrzeugs durch den Einbau zweier Steuergeräte getrennt.

In der Einsatzgarage steht der elektrische Notfall-Sprinter daher mit dem gleichen Stromanschluss an der linken Seite neben der Fahrertür wie jeder Verbrenner, das das Akkupaket für die spezifische Krankenwagenausstattung versorgt. Der 55-kWh-Akku (47 kWh nutzbar) des elektrischen Sprinters, der den Motor antreibt, wird dagegen über einen Stecker geladen, der sich hinter dem Mercedes-Stern im Kühlergrill verbirgt. Das Blaulichtfahrzeug lädt entweder mit 7,4 kW Wechselstrom oder mit bis zu 20 kW Gleichstrom. Optional lässt sich die DC-Ladeleistung auf 80 kW steigern. Dann wird das Akkupaket in rund 40 Minuten von 10 auf 80 Prozent wieder aufladen.

In 40 Minuten wieder einsatzbereit 
Über den Ladestecker unter dem Mercedes-Stern in der Frontmaske wird der elektrische Krankenwagen mit Strom versorgt. Serienmäßig sind 20 kW Ladeleistung, gegen Aufpreis kann Gleichstrom mit 80 kW gezogen werden. Foto: Ambulanz Mobile
In 40 Minuten wieder einsatzbereit
Über den Ladestecker unter dem Mercedes-Stern in der Frontmaske wird der elektrische Krankenwagen mit Strom versorgt. Serienmäßig sind 20 kW Ladeleistung, gegen Aufpreis kann Gleichstrom mit 80 kW gezogen werden. Foto: Andrea Katheder

Nachdem einem dreimonatigen Probebetrieb bei der Johanniter-Unfall-Hilfe in Bindow bei Königs Wusterhausen sind alle Beteiligten sehr zufrieden mit dem Fahrzeug. Im Alltag zeigte der elektrische Krankenwagen bei seinen Einsätzen keine nennenswerten Schwächen, war er genauso leistungsfähig wie die Verbrennerfahrzeuge in der Flotte. Die transportierten Personen auf der Liege wussten die geräuschlose Fahrt ohne Martinshorn und blau blinkende Flasher angeblich ebenso zu schätzen wie die Krankenwagenfahrer.

Elektrische Reichweite von bis zu 120 Kilometern

Allerdings war der Aktionsradius des elektrischen Krankenwagens mit einer Reichweite von rund 120 Kilometern doch etwas eingeschränkt. „Bis die Akkus für 300 Kilometer oder mehr gut sind, sehe ich ein solches Fahrzeug eher für Krankentransporte auf einem großen Klinikgelände oder in einer kleinen Stadt“, sagt Lundershausen, „Für Einsätze in einer Großstadt reicht die aktuelle Reichweite noch nicht. Aber es gibt bereits genügend Anwendungsfälle, wo es passt.“

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Mit 85 kW / 116 PS ist der eSprinter-Krankenwagen kein Kraftprotz, bringt aber zumindest die gleiche Leistung wie ein Diesel-Sprinter in der Einstiegs-Version. Es geht hinter dem Steuer des 150.000 Euro teuren eKTW ohnehin eher gemächlich zu – was speziell den Liegendkranken gefallen dürfte. Dazu passen auch die einzelnen Fahrmodi, die sich für den Krankenwagenfahrer durchschalten lassen. Die Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h spielt allerdings kaum eine Rolle, da man im Einsatz allenfalls in Ortschaften oder auf der Landstraße fährt.

Da allenthalben Gewicht gespart wurde, liegt das Gesamtgewicht unter 3,5 Tonnen und so kann das nahezu geräuschlose Blaulichtmobil auch von Personen mit PKW-Führerschein bewegt werden. Bei dem elektrischen Einzelstück wird es mittelfristig nicht bleiben. „Wir haben bereits einige Nachfragen zu dem Fahrzeug aus dem In- und Ausland“, freut sich Frank Lundershausen. Der Verkauf von Fahrzeug Nummer Eins dürfte daher nur noch eine Frage der Zeit sein.

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