Ich bin ewig keinen VW Golf mehr gefahren. In jüngerer Zeit waren wir meist mit mehr oder weniger reizvollen chinesischen Vollstromern unterwegs. Oder in diesen modischen französischen Elektromobilen, die uns mit Vorliebe in Gestalt von angesagten SUV-Modellen angedient wurden. Also diesen bei der Kundschaft beliebten Hochsitzern, die im Unterboden nicht ganz zufällig auch genügend Platz für potente Batteriemodule haben.

Aber jetzt fühlen wir uns plötzlich wieder wie zu Hause – im Golf GTE, den Volkswagen im Mai 2024 neu auf den Markt gebracht hat. Der Plug-in Hybrid ist nicht nur optisch ein ziemlich heißer Feger, sondern für uns auch ein feines Stück Heimat. Und das liegt nun überhaupt nicht an seinen coolen Matrix-Schweinwerfern, die ohne Blendung des Gegenverkehrs unseren Weg ausleuchten und hier zum 1700 Euro teuren Design-Paket „Black Style“ gehören. Auch nicht an dem beleuchteten VW-Logo oder den knallig in Rot lackierten Bremssätteln, der metallenen Pedalerie, der Ambientebeleuchtung (in 30 Farben!) oder den beleuchteten Türgriffen, die nachts ein großes bekränztes VW-Logo auf den Boden zaubern. Auch nicht am praktischen Multifunktionslenkrad mit klassischen Drucktasten oder diesem 12,9 Zoll großen Touchscreen in der Mitte des Cockpits, mit dem sich nach etwas Eingewöhnung so ziemlich alles managen lässt.

Ein Satz mit E
Der VW Golf ist als Plug-in Hybrid nicht nur optisch ein ziemlich heißer Feger, sondern für uns auch ein feines Stück Heimat.
Ein Satz mit E
Der VW Golf ist als Plug-in Hybrid nicht nur optisch ein ziemlich heißer Feger, sondern für uns auch ein feines Stück Heimat.

Nein, was uns hier gefühlsmäßig an ein früheres Golf-Zuhause erinnert, das sind diese karierten Sitzbezüge in den gedeckten Grautönen mit den blauen Ziernähten. Logisch, dass diese einteiligen Sportsitze uns auch wie angegossen passen. Wir sitzen hier vorne also sehr bequem, auch wenn wir uns bei 1,94 Meter Körpergröße noch eine ausziehbare Schenkelauflage wünschen würden. In der zweiten Reihe geht es etwas enger zu. Typisch Golf eben.

Da scheppert nix

Das betrifft natürlich auch die Verarbeitung dieses Autos. Egal, wo wir mit unseren Argusaugen hinschauen: Passungen, Fugen, Materialübergänge – alles vorbildlich. Kein Scheppern, kein Klappern, kein Knistern. Nix. Unterwegs, wir schwören, immer die völlige Ruhe im Wolfsburger Schiff, völlig unabhängig vom jeweiligen, nicht immer so lustigen Untergrund in Deutschland, Österreich oder Slowenien.

Das muss reichen
Der Laderaum des Golf GTE ist mit einem Volumen von 273 Litern etwas kleiner als in einem Verbrenner-Golf. Das reicht für das Urlaubsgepäck einer dreiköpfigen Familie, zumal sich das Angebot durch Vorklappen der Rückenlehnen leicht erweitern lässt.
Das sollte reichen
Der Laderaum des Golf GTE ist mit einem Volumen von 273 Litern etwas kleiner als in einem Verbrenner-Golf. Das reicht für das Urlaubsgepäck einer dreiköpfigen Familie, zumal sich das Angebot durch Vorklappen der Rückenlehnen leicht erweitern lässt.

Und der Laderaum? Ist mit 273 Litern deutlich kleiner als in einem normalen Verbrenner-Golf (381 Liter), lässt sich aber mit dem Umlegen der asymmetrisch geteilten Rücksitzlehnen auf bis zu 1129 Liter (1237 Liter) erweitern. Das reicht für den Urlaub einer dreiköpfigen Familie allemal. Eine passende Durchlade für Skier oder ähnliches gibt es hier auch. Und klar, die relativ große Batterie klaut einigen Platz im Unterboden.

Rein elektrisch durch die Stadt

Gutes Stichwort, Leute. Warum denn gerade dieser GTE?

Weil wir gerade auch in Deutschland einen ziemlichen Run auf diese Plug-in-Modelle erleben, wie uns die aktuellen Zulassungszahlen zeigen: Im ersten Halbjahr wurden bei uns über 25.000 dieser Teilzeitstromer auf die Straße gebracht – 66,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor, meldete das Kraftfahrtbundesamt dieser Tage. Die Autos geben unbedarften Leuten, die unter dieser klinisch eigentlich ungefährlichen Reichweitenangst leiden, die beruhigende Sicherheit, mit dem 40 Liter fassenden Benzintank ohne schweißnasse Hände an alle Ziele ihrer Wünsche zu kommen. Was wir, öfter mal geplagt von defekten Ladesäulen oder gerade unpassenden Bezahlkarten, durchaus nachvollziehen können.

Unter Hochspannung
Power hat der VW Golf GTE genug. Der 1,5 Liter große TSI-Turbobenziner sorgt zusammen mit einem Elektromotor an der Vorderachse für eine Systemleistung von üppigen 200 kW oder 272 PS. Tempo 100 wird so nach 6,6 Sekunden erreicht.
Unter Hochspannung
Power hat der VW Golf GTE genug. Der 1,5 Liter große TSI-Turbobenziner sorgt zusammen mit einem Elektromotor an der Vorderachse für eine Systemleistung von üppigen 200 kW oder 272 PS. Tempo 100 wird so nach 6,6 Sekunden erreicht.

Und weil sie bei VW, was die Kapazität der Lithium-Ionen-Batterie (inklusive Nickel, Cobalt und Mangan) dieses GTE betrifft, schrittweise auf den aktuellen Wert von 19,7 kWh hochgerüstet haben, könnten wir nun mit diesem Teilzeitstromer bei uns zu Hause in der Berliner City eigentlich die ganze Woche rein elektrisch durch die Gegend düsen. Denn für die maximale Reichweite gibt VW mittlerweile 132 Kilometer an. Ist natürlich vom Einsatzgebiet abhängig, in der Stadt (mit viel Rekuperation) und auf der Landstraße haben wir es summend bis auf 128 Kilometer geschafft. Bei ziemlich flotter Fahrweise übrigens. Ja, nächstes Lob.

170 Kilo schwere Batterie sorgt für tiefen Schwerpunkt

Power hat er jedenfalls genug. Unter der Haube des GTE spielen ein 1,5 Liter großer, vierzylindriger TSI-Turbobenziner mit 130 kW (177 PS) Leistung und ein 85 kW (115 PS) starker Elektromotor optimal zusammen. Kurzzeitig können sich beide Motoren auf eine Systemleistung von üppigen 200 kW (272 PS) hochschwingen. Und da bewegen wir uns dann schon fast im Bereich eines wilden Golf GTI. Wusch, da ist in glaubhaften 6,6 Sekunden das immer noch stammtischwichtige Tempo 100 erreicht. Und erst bei strammen 230 km/h ist Schluss mit lustig.

Klassik und Moderne 
Über das praktische Multifunktionslenkrad mit klassischen Drucktasten und den inzwischen üblichen 12,9 Zoll großen Touchscreen in der Mitte des Cockpits lässt sich alles leicht steuern. Nach etwas Eingewöhnung auch ziemlich schnell. Fotos: Eschment
Klassik und Moderne
Über das praktische Multifunktionslenkrad mit klassischen Drucktasten und den inzwischen üblichen 12,9 Zoll großen Touchscreen in der Mitte des Cockpits lässt sich alles leicht steuern. Nach etwas Eingewöhnung auch ziemlich schnell. Fotos: Eschment

Dabei wird das auffallend souveräne Fahrwerk spielend mit dem 1662 Kilo schwerem Wagen fertig, seine perfekte Lenkung liefert jederzeit eine exakte Rückmeldung. Dieser GTE geht tiefenentspannt um schnellste Ecken, da lässt der durch die gewichtige Batterie (170 Kilogramm) weiter nach unten beförderte Schwerpunkt des Autos herzlich grüßen. Die gesamte Abstimmung (Reifen: 225/40 R18) ist ordentlich straff, aber nicht übertrieben hart. Nervt also nicht auf langen Touren.

Strom fließt am Schnelllader mit bis zu 50 kW

Und das hier wirkende automatische Doppelkupplungsgetriebe wechselt nach unserem Empfinden seine Gänge absolut unauffällig und schön komfortabel. Es passt ideal zu all unseren Beschleunigungswünschen beim Sortieren der Gänge, im Sportmodus funktioniert das Ganze auch ziemlich zackig. Wer will, der kann hier ja auch jederzeit manuell über die Schaltwippen am Lenkrad seine eigenen Rhythmus festlegen.

Laden mit bis zu 50 kW
Wir haben lademäßig immer quasi bei Null begonnen und waren in schlanken 28 Minuten bei 80 Prozent Ladestand.
Laden mit bis zu 50 kW
Wir haben lademäßig immer quasi bei Null begonnen und waren in schlanken 28 Minuten bei 80 Prozent Ladestand.

Auch beim Laden der immerhin 19,7 kW fassenden Batterie ist dieser GTE ziemlich fix. Beim AC-Bunkern mit 2,3 kW sind es zwar noch trödlige 12 Stunden, aber bei 11 kW reduziert sich die Wartezeit bereits auf zweieinhalb Stunden. Und mit der hier möglichen DC-Ladeleistung von 40 kW braucht es offiziell von zehn auf 80 Prozent gerade mal 26 Minuten. Wir haben hier lademäßig quasi bei Null (für den Plug-in-GTE ohnehin realistischer) begonnen und waren in schlanken 28 Minuten bei 80 Prozent. Cool: An der Berliner Shell Recharge-Ladesäule im Ortsteil Mahlsdorf, die mit bis zu 360 kW ballern kann, startete der GTE sogar in den ersten 10 Minuten mit 50 kW (4 Kilometer Reichweite pro Minute), bevor er am Ende auf 26 kW kam. Auch ziemlich positiv.

Erfreulich niedriger Spritverbrauch

Mal ganz nebenbei: Hier lässt sich auch ordentlich was anhängen. Für den GTE stehen schließlich 1700 Kilogramm gebremste Anhängelast (gebremst sind es die gängigen 750 kg) zu Buche, und das sollte für diverse Besuche im Baumarkt, beim Möbel-Discounter oder auch für einen Trailer mit Bötchen wirklich locker reichen. Die anklappbare Anhängerkupplung kostet allerdings 950 Euro.

Und der Verbrauch so? Wir waren zu einem großen Teil auf längeren Autobahnstrecken unterwegs. Und da nennt VW offiziell bei entladener Batterie freundliche Werte zwischen 5,7 und 5,8 Litern Superbenzin. Das ist bemerkenswert dicht an der Realität, denn wir waren im Schnitt je nach Speedlimit (lange Baustellen, österreichische Autobahnen) mit niedrigen Werten zwischen 4,8 und 6,2 Litern unterwegs. In der Stadt waren es mit geladener Batterie und der maximalen Rekuperationsstufe, die ständig Energie zurückholt, manchmal nur 0,7 Liter Superbenzin im Hybrid-Mode.

Wolfsburger Lichtspiele
Die beleuchteten Türgriffe des VW Golf GTE zaubern nachts beim Ein- und Aussteigen ein großes bekränztes VW-Logo auf den Boden.
Wolfsburger Lichtspiele
Die beleuchteten Türgriffe des VW Golf GTE zaubern nachts beim Ein- und Aussteigen ein großes bekränztes VW-Logo auf den Boden.

Wie es hier mit Assistenzsystemen steht? Alles da, alles drin. Vom „Travel Assist“ (Spurhalter, Abstände, Überholmanöver und so) bis zum „Park Assist Pro“ für 1375 Euro, der das vollautomatisches Einparken übernimmt. Wenn es sehr eng wird auch per App, nachdem wir ausgestiegen sind. Und per „Area View“ gibt es die gestochen scharfe 360-Grad-Kamera-Rundumsicht, inklusive sämtlicher Bordsteinkanten, versteckter Poller oder anderer fieser Hindernisse. Dito Ausstiegswarner und Notbremser. Die Car-to-X-Kommunikation, die über bis zu 800 Meter Entfernung per WLAN-Rundumvernetzung vor akuten Gefahrenstellen und andere Verkehrsprobleme warnen kann, ist hier bereits serienmäßig an Bord.

GTE ist kein Sonderangebot

Was unterwegs ein bisschen nervt, ist diese übertriebene Wachsamkeit der Elektronik. „Lenkung übernehmen“, herrscht uns der Wolfsburger bei eingeschaltetem Travel Assist ständig an. Hä? Ein Witz? Wir haben die Hände definitiv am Lenkrad. Naja, vielleicht ein bisschen unvorschriftsmäßig tief. Und mit einem Klingeln meckert dieser GTE dazu auch ständig: „Bitte in der Mitte ihrer Fahrspur fahren“. Verdammter Oberlehrer. Okay, der ganze Spaß lässt sich natürlich auch ausschalten.

Überhaupt nicht kleinkariert 
Die Sportsitze vorne sitzen auch großen Menschen ganz hervorragend. Eine ausziehbare Schenkelauflage wäre noch fein.
Überhaupt nicht kleinkariert
Die Sportsitze vorne passen auch großen Menschen wie angegossen. Eine ausziehbare Schenkelauflage wäre vielleicht noch fein.

So, und jetzt geht es ans Eingemachte, nämlich an das grundsätzliche Finanzielle. Mindestens 47.950 Euro will VW für diesen Golf GTE haben. Und auch unsere schicke Außenfarbe namens „Oyster Silver Metallic“ kostet extra, da reden wir über 810 Euro. Das Head-up-Display verlangt nach 750 Euro. Und so weiter. Privates Leasing beginnt zum Beispiel bei 525 Euro (ohne Sonderzahlung), wenn es um 48 Monate und eine jährliche Fahrleistung von 10.000 Kilometern geht.

Mit anderen Worten: Dieser flotte VW Golf GTE ist kein Sonderangebot. Aber trotzdem eine Empfehlung. Weil er sich erstens so toll fährt und zweitens überhaupt ein geradezu perfekter Typ ist. Und dazu als halber Stromer eine bemerkenswerte Reichweite hat. Wir jedenfalls haben ihn am Ende nur schweren Herzens wieder abgegeben.

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