Die Corona-Krise hat in Deutschland die Anbieter von öffentlichen Mobilitätsangeboten schwer getroffen. Wochenlang fuhren Busse und Bahnen beinahe leer durch die Städte und über Land und blieben viele Taxen stehen, weil die Menschen aus Angst vor Ansteckung Fahrten lieber mit dem eigenen Auto oder dem Fahrrad zurücklegten. Doch allmählich normalisieren sich in vielen Ländern weltweit die Verhältnisse wieder, werden auch Shared-Mobility-Angebote wieder intensiver genutzt. Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Berylls ist der chinesische Anbieter DiDi Chuxing Anfang Juni wieder zum Auftragsvolumen von vor Ausbruch des COVID-19-Virus‘ zurückgekehrt. Und auch die Fahrdienstvermittler Lyft und Uber befinden sich laut Berylls fast wieder auf dem Stand der Marktbewertung zu Jahresbeginn.

„Wir haben uns viel schneller erholt als wir es gedacht hatten“, bestätigt Christoph Weigler, der Chef von Uber Deutschland im Gespräch mit EDISON mit Blick auf die aktuelle Situation hierzulande. Zahlen mag er mit Blick auf die Wettbewerber zwar nicht verraten. Aber die Entwicklung der letzten Wochen stimme ihn hoffnungsfroh. Zumal das Unternehmen die Krisenzeit dazu genutzt habe, die Beziehungen zu Behörden und Taxiunternehmern zu verbessern, aber auch das Geschäftsmodell nachzujustieren. Weigler: „Wir haben in den Außenbeziehungen viel Vertrauen geschaffen – und intern viel kreative Energie freigesetzt.“

Raus aufs Land
Christoph Weigler (rechts) zusammen mit dem Bürgermeister von Falkensee, Heiko Müller, beim Start des Pilotprojekts im Havelland. Mit Elektroautos und gegen eine Pauschale werden hier Dorfbewohner an den Berliner Stadtrand und zurück gefahren. Foto: Uber

Von Resignation also keine Spur, obwohl nicht nur die zurückliegenden Wochen, sondern auch die vergangenen zwei Jahre, seit dem Start von Uber in Deutschland im März 2018, alles andere als einfach waren: Taxi- und Mietwagenverbände gingen auf die Barrikaden und riefen die Gerichte an, von der Politik gab es kaum Unterstützung. Doch Weigler ist nicht nachtragend: „Dass unser Markteintritt nicht so lief wie geplant, lag nicht allein an der Politik, sondern auch an hausgemachten Problemen.“

Trotzdem sei es gelungen, das Geschäftsmodell „trotz eines engen regulatorischen Korsetts“ in mittlerweile acht Städten zu etablieren: In Berlin, München, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Duisburg. Und mit Feldversuchen in Falkensee im Havelland und in Kirchheim nahe München habe man erste Fühler in den ländlichen Raum ausgestreckt: in den beiden Regionen bringen Uber-Fahrer gegen eine günstige Pauschale noch Menschen heim, wenn der Busverkehr bereits den Betrieb eingestellt hat. Diese Angebote kämen sehr gut an und hätten zumindest die Kommunalpolitik für Uber eingenommen, freut sich Weigler.

Uber Commute als Alternative zum Bus

Gut gestartet sei auch ein neuer Dienst, den das Unternehmen seit Juni hierzulande anbietet: Uber for Business. Unternehmen können darüber Geschäftsreisen im In- und Ausland organisieren und zentral abrechnen, Taxi- und Mietwagen, aber auch Fahrten mit Bahnen und Bussen. Stark nachgefragt worden sei in den zurückliegenden Wochen insbesondere die Funktion „Uber Commute“, über die Firmen ihren Mitarbeitern Fahrten mit Mietwagen zur Arbeit und zurück nach Hause zu Sonderkonditionen oder sogar kostenlos anbieten können – ohne die Gefahr von Ansteckungen im öffentlichen Massenverkehr. Weigler will diese Angebote weiter ausbauen: „Ich sehe noch viel Potenzial bei Geschäftsfahrten.“ Nicht vom Flughafen rein in die Stadt, sondern innerhalb einer Stadt und im Auftrag von Unternehmen. Weigler: „Unser Ziel ist es, dass jede zehnte Fahrt eine Uber for Business-Fahrt wird.“

Mit Chauffeur ins Büro
Uber Commute heißt das Angebot, das es Unternehmen erlaubt, in Corona-Zeiten Mitarbeiter ohne eigenes Auto und ohne Ansteckungsgefahr ins Büro zu holen. Foto: Uber

Auch Uber Green, der Transport von Menschen in Großstädten mit Elektroautos, werde gut angenommen. Weigler ist darüber ein wenig selbst überrascht: „Viele Kunden warten gerne fünf Minuten länger, wenn das Auto nur elektrisch fährt.“

Das alles klingt nach Expansion. Tatsächlich sieht der Deutschland-Chef noch weiße Flecken beim Blick auf die Landkarte. In Ostdeutschland und im Süden, auch im Ruhrgebiet. „Unser Ziel ist es schon, irgendwann überall in Deutschland verfügbar zu sein, wo es Sinn macht.“ Aber die Zentrale sei an einem nachhaltigen Wachstum interessiert. Und in den zurückliegenden zwei Jahren habe man gelernt, dass eine Erweiterung des Geschäftsgebiets sorgfältig geplant sein will. Man habe „durchaus ambitionierte Pläne“, werde aber diese nicht überhastet umsetzen. Weigler: „Wir sind noch in der Erholungsphase. Expansion steht bei uns zumindest 2020 nicht ganz oben auf der Tagesordnung.“

Quote für das Pooling von Fahrten?

Viel wird wohl auch davon abhängen, wie die geplante Novelle des Personenbeförderungs-Gesetzes aus den 1930er Jahren ausfällt. Die Bundesregierung will damit innovative Mobilitätslösungen unterstützen, von Uber, Moia und anderen. Der aktuelle Gesetzesentwurf geht Weigler aber noch nicht weit genug; „Ich sehe da keine großen Veränderungen zum Status Quo.“

Vor allem zwei Punkte stoßen ihm sauer auf: Zwar soll das Pooling, also die Bündelung von Fahraufträgen etwa vom Flughafen in die Innenstadt, künftig grundsätzlich erlaubt sein. Aber statt dieses Pooling komplett freizugeben, sollen die Städte mit Rücksicht auf das Taxigewerbe jetzt Pooling-Quoten festlegen dürfen. Weigler: „Das zeugt von ungeheurer Praxisferne.“ Unter den Bedingungen werde sich nach seiner Einschätzung dieses umweltfreundliche Konzept niemals durchsetzen können.

Ähnlich kontraproduktiv sei das Festhalten an der Rückkehrpflicht für Mietwagen. „Das ist als Schutzklausel für das Taxigewerbe reingekommen, damit Mietwagen nicht einfach Menschen am Wegesrand einsammeln können.“ Aber damit produziere man nicht nur jede Menge Leerfahrten, sondern mache auch den Einsatz von Elektroautos unmöglich: „Die effektiv nutzbare Reichweite der Autos würde durch diese Klausel praktisch halbiert.“

Weigler hat die Hoffnung allerdings noch nicht aufgegeben, dass die Politik Einsicht zeigt und beide Punkte noch überarbeitet.

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2 Kommentare

  1. Chris Teuber, Köln

    Nun, ein sehr freundlicher Pro-UBER-Artikel. Und da, wo tatsächlich auf elektrische Antriebe gesetzt wird, sicher auch im Sinne dieser Webseite. So weit also gut.

    Nur ist das die (alleinig renditeorientierte) Sicht eines UBER-Chefs.
    Dieser lässt folgerichtig Vieles weg, was leider im Windschatten dieser vermeintlich innovativen Firmen einherweht:

    UBER nimmt von JEDER Fahrt mindestens 25% Provision. Ein Algorithmus sorgt dafür, dass es stellenweise bis zu 42,3 % werden, hat jüngst eine technikaffine Webseite ausgerechnet.
    ALLE Kosten der Fahrgastbeförderung verbleiben aber bei dem Ausführenden: Steuern, Kosten für PKW und Treibstoffe. Viel Lohn bleibt da nicht mehr übrig. Und so kommt es, dass in Hochzeiten 20 Euro Lohn drin sind, aber meist eher Bruttolöhne von unter 8 Euro/Stunde möglich sind. Als (Schein-)Selbstständige (von UBER gwünscht und gefördert, siehe deren Webseite) sind solche „Löhne“ auch zulässig.

    Das Ziel ist es das bestehende Taxigewerbe, welches auch dem Mindestlohn wie auch strengsten behördlichen Kontrollen unterliegt (weit mehr als bei den Funkmietwagen von UBER) zu zerstören um den Markt zu übernehmen.

    Dann dürfte es auch mit den „günstigen“ Preisen vorbei sein. Fakt ist, dass UBER dadurch Milliardenverluste macht! So lange, bis es geschafft ist und dann heißt es für den Diskothekengänger „Den geforderten Preis [bis zu 250% über dem bisherigen Taxipreis] zahlen oder zu Fuß gehen!“. Taxis mit ihren festen Tarifen gibt es dann kaum noch. Abgeschafft, durch clevere PR und irrwitziges Investormoney der amerikanischen Börse. Für einen späteren ordentlichen Rückfluss an Gewinnen.
    Gewinne, die der dumme Kunde zahlen wird. Oder die prekär lebende Fahrer und seine Familie.

    Rückkehrpflicht: Es gibt genug Anbieter in der Stadt, die Menschen nach Hause bringen – Busse, Bahnen und Taxis. Und wer mag ruft sich einen der bisherigen freien Funkmietwagen. Eine Armada zusätzlicher Fahrzeuge, auch wenn sie elektrisch fahren mögen, braucht eine enge Stadt nicht. Und schon gar nicht, wenn das ausschließliche Ziel ist, amerikanische Börsianer reich zu machen.

    Der status quo ist, dass bereits jetzt schon UBER-Fahrzeuge auf der Suche nach Fahrgästen in der Stadt nicht nur in Garageneinfahrten, Tankstellenflächen oder knappen Parkplätzen abhängen, sondern auch so viel leer umherfahren. Hin und her, bis ein Auftrag eingeht oder jemand winkt. Es gibt viele Fotos und Videos, die das belegen.
    Fahrten die in abgelegene Stadtteile oder Airport führen, werden mit einer Rückfahrt an die Hot-Spots beendet. Also Umweltschutz ist das gerade nicht.

    Und noch ein status quo – UBER, also die eingesetzt App für Funkmietwagen ist zur Zeit gerichtlich verboten! Die dürfen gar nicht fahren. Dass sie es dennoch ungeniert tun, zeigt die Gesetzestreue und Seriosität dieser US-Firma. Ob sich das ein einzelner Taxiunternehmer erlauben dürfe, wenn ihm die Stadt die Konzession entzogen hätte? Wer würde bei ihm noch einsteigen wollen?

    Ob UBER, wenn sie einmal in der Gewinne sind, ihre hier erwirtschafteten Gelder in Deutschland versteuern (so wie es Taxifunternhehmen tun) – wir erinnern uns: 25-40% des Fahrpreises – darf man angesichts der Erfahrungen mit anderen US-TEC-Unternehmen hierzulande ebenfalls stark bezweifeln.
    Braucht Deutschland diese „Innovation“ wirklich?

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    • Fabian

      Preisdumping unter massiven Verlusten beim Dienstleister, bei Waren wie chinesischen Solarzellen mit Zoll belegt, hier kein Problem.

      MyTaxi, CleverShuttle bieten die selben Dienste zu meist nachhaltigen Konditionen (Ride evtl ausgenommen).

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