Der Nahrungsmittelhersteller Nestlé hat an seinem Standort im bayerischen Biessenhofen die Wärmeerzeugung neu aufgesetzt. Eine innovative Ammoniak-Wärmepumpe soll hier künftig die überschüssige Abwärme einer Kälteanlage nutzen, um heißes Wasser zum Heizen und für verschiedene Produktionsprozesse zu erzeugen. Seit Kurzem ist die Anlage des Herstellers Johnson Controls nun in Betrieb.

Mit einer Leistung von 2,2 Megawatt (MW) schaffe sie eine Heizwassererwärmung von 45 auf 60 Grad, erläuterte eine Pressesprecherin. Die Wärmepumpe der US-Tochtermarke Sabroe ersetzt einen alten Heißwasser-Dampfwärmetauscher, was die Dampfproduktion im Werk deutlich reduziert. Infolgedessen sinke der jährliche CO2-Ausstoß um rund zehn Prozent. Nestlé hat laut eigenen Angaben einen einstelligen Millionenbetrag in die neue Wärmeversorgung investiert.

Hohe Hygieneanforderungen, hoher Energieverbrauch

Das Unternehmen stellt im Oberallgäu vor allem Säuglingsnahrung her. Auf dem Gelände gibt es ein werksweites Nahwärmenetz, das sowohl Gebäude als auch einzelne Produktionsbereiche, wie etwa Lüftungsanlagen, mit Wärme versorgt. Bei der Produktion der Babynahrung spielen die Lüftungsanlagen eine wichtige Rolle für die Einhaltung der hohen Hygieneanforderungen. Denn die Luft wird zunächst heruntergekühlt, um sie zu trocknen, bevor sie wieder auf Raumtemperatur erwärmt wird. Dieser Prozessschritt ist besonders energieintensiv, weswegen Nestlé nach einer effizienteren Methode gesucht hat.

Industrielle Abwärme als Schlüssel

Die Lösung war eine elektrische Ammoniak-Wärmepumpe, welche die Abwärme aus dem Ammoniakkreis der Kälteanlage nutzt. Aufgrund der hohen Effizienz der Anlage spart der Lebensmittelkonzern künftig die Hälfte der Energiekosten für die Erzeugung von Heißwasser ein. Für Clemens Teyen, Leiter Umwelt- und Energiemanagement am Nestlé-Standort in Biessenhofen, ist die Nutzung der industriellen Abwärme grundsätzlich ein großer Hebel zur Dekarbonisierung. „Überall dort, wo Dampf über dem Werk aufsteigt, besteht die Möglichkeit, Abwärme zu nutzen. Über einem Werk der Zukunft sollten im Idealfall keine Dampfschwaden mehr zu sehen sein“, kommentierte Teyen.

Nestlé will CO2-Emissionen halbieren

Die neue Wärmepumpe ist aber auch ein Teil der Gesamtstrategie von Nestlé zur Elektrifizierung seiner Standorte und der Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Bis 2030 will das Unternehmen seine Treibhausgas-Emissionen weltweit halbieren und bis 2050 Netto-Null erreichen. Vor diesem Hintergrund hat der Lebensmittelkonzern erst im Juli einen umfassenden Strombezugsvertrag mit der Schweizer BKW für die Standorte Biessenhofen, Neuss und Hamburg abgeschlossen. Ziel sei es, bis Ende 2026 jährlich 80 Millionen kWh Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen über Power Purchase Agreements (PPAs) zu beziehen.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Der jährliche Energiebedarf der deutschen Nestlé-Standorte liegt den Angaben zufolge bei rund 113 Mio. kWh. Bis 2025 will der Konzern mit Sitz im schweizerischen Vevey an seinen Standorten weltweit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen. Das Unternehmen ist in 188 Ländern aktiv und beschäftigt insgesamt 270.000 Mitarbeitende.

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