Noch nehmen die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien, die jährlich viele Gigawattstunden Speicherkapazität produzieren, die Konkurrenz, die auf Natrium setzt, nicht sonderlich ernst. Denn Natrium-Ionen-Batterien werden bislang lediglich im Megawatt-Maßstab produziert. Doch das könnte sich bald ändern – auch, weil Natrium im Unterschied zu Lithium spottbillig ist. Es kommt etwa in Form von Kochsalz (Natriumchlorid) auf der Erde in gigantischen Mengen vor und ist, ebenfalls anders als Lithium, leicht und ohne Umweltbeeinträchtigung zu gewinnen.

Zudem beginnt jetzt auch eine der letzten Hürden für die Massenproduktion von Natrium-Ionen-Akkus zu fallen. Preußisch Blau, das weit mehr ist als ein anorganisches Farbpigment, mit dem unter anderem Jeans ihre charakteristische blaue Farbe bekommen, wird künftig in großen Mengen produziert. Natron Energy, weltweit größter Hersteller von Natrium-Ionen-Batterien im kalifornischen Santa Clara, nutzt das Material mit der chemischen Bezeichnung Eisen(III)hexacyanidoferrat(II/III)) zur Herstellung der Elektroden seiner Akkus.

Preußisch Blau ist die Hoffnung 
Natrium-ionen-Akku des US-Herstellers Natron Energy für die stationäre Speicherung von Strom. Foto: Natron Energy
Preußisch Blau ist die Hoffnung
Natrium-ionen-Akku des US-Herstellers Natron Energy für die stationäre Speicherung von Strom. Foto: Natron Energy

Das kalifornische Unternehmen hat jetzt mit Arxada, einem Feinchemikalienhersteller im schweizerischen Basel, einen Vertrag über die Abnahme von so viel besonders reinem und damit batterietauglichem Preußisch Blau (das auch unter der Bezeichnung „Berliner Blau“ bekannt ist) abgeschlossen, dass es zur Herstellung von Batterien mit einer Leistung von 600 Megawatt pro Jahr reicht. Natron Energy produziert die Batterien bereits in Holland im US-Bundesstaat Michigan.

Geringere Energiedichte, aber deutlich preiswerter

Natrium-Ionen-Batterien haben eine niedrigere Energiedichte als Lithium-Ionen-Akkus, sind demnach vor allem für den stationären Betrieb geeignet – etwa für Speicher von überschüssigem Wind- und Solarstrom. Doch ansonsten glänzen sie mit einigen Vorteilen. Zur Herstellung sind wie erwähnt ausschließlich preiswerte und umweltverträglich gewinnbare Rohstoffe nötig. Stark ins Gewicht fällt beispielsweise der Verzicht auf Kobalt, das im Kongo mitunter unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut wird, für Lithium-Akkus derzeit aber noch unabdingbar ist, wenngleich der Anteil des umstrittenen Rohstoffs stetig sind. Kobalt sorgt in der Kathode dafür, dass die Spannung hoch bleibt, dass das Lithium besonders gut aufgenommen wird und die Akkus so eine hohe Energiedichte haben.

Zu den größten Vorteilen der Natrium-Batterien zählt zudem die Tatsache, dass sie sich minutenschnell aufladen lassen und sie ebenso schnell wieder vollständig entladen werden können. Außerdem überstehen sie schadlos mehr als 10.000 Lade- und Entladezyklen. Und, fast noch wichtiger: Sie können weder brennen noch explodieren. Deshalb preist sie Hersteller Natron sie als Energiespeicher für Rechenzentren an, in denen Brände besonders fatale Folgen haben können.

Kurze Ladezeiten und keine Brandgefahr

So brach am 20. Oktober 2022 im Rechenzentrum der SK Group in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul ein Feuer aus, das von einer Lithium-Ionen-Batterie verursacht worden sein soll. Daraufhin kollabierte der auch im Ausland nutzbare Messengerdienst von KakaoTalk, der auch geschäftlich genutzt wird.

Natron Energy empfiehlt seine Natrium-Batterien auch für den innerbetrieblichen Transport, der zunehmend mit Elektrofahrzeugen erfolgt. Die kurzen Ladezeiten erhöhten die Einsatzzeiten von teuren Staplern und anderen Geräten.

Natrium-Ionen-Akkus von CATL 
Schon im kommenden Jahr will der chinesische Zellfabrikant mit der Produktion einer neuen Generation von Natrium-Ionen-Batterien für Elektroautos beginnen. An den Elektroden werden Preußisch Weiß-Pigmente eingesetzt. Foto: CATL
Natrium-Ionen-Akkus von CATL
Schon im kommenden Jahr will der chinesische Zellfabrikant mit der Produktion einer neuen Generation von Natrium-Ionen-Batterien für Elektroautos beginnen. An den Elektroden werden Preußisch Weiß-Pigmente eingesetzt. Foto: CATL

Der chinesische Batteriezellenproduzent CATL (Contemporary Amperex Technology), mit dem unter anderem BMW, Mercedes und Ford zusammenarbeiten, lässt sich von der geringeren Energiedichte der Konkurrenzprodukte auf Natriumbasis nicht abschrecken. Schon im kommenden Jahr will der Zellfabrikant mit der Produktion von Natrium-Ionen-Batterien für den mobilen Einsatz beginnen. CATL setzt auf eine Verwandte von Preußisch Blau: auf Preußisch Weiß. Bei diesem Elektrodenmaterial werden einige Eisen- durch Natriumatome ersetzt.

Nach dem, was bisher bekannt ist, haben diese Batterien pro Volumeneinheit eine geringere Kapazität als Lithium-Ionen-Batterien. Das könnte allerdings durch die Schnellladefähigkeit kompensiert werden. Zudem spielt auch der Kostenfaktor eine Rolle. CATL will seine Batterien zu einem Preis von 30 US-Dollar pro Kilowattstunde anbieten. Zum Vergleich: Derzeit liegt er bei Lithium-Ionen-Batterien laut Statista bei 92 Dollar. 2025 könnte er nach Prognosen auf 83 Dollar fallen.

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2 Kommentare

  1. Gernot Herwig

    Die Abkehr von Lithium-Akkus und der Verwendung von Kobalt wird und muss kommen. Verschiedene Lösungen sind auf dem Weg in die Serienreife und eine gute Alternative für die bisherige Akku-Technik, wenn leicht verfügbare Rohstoffe zum Einsatz kommen. Sinnvoll wäre mal eine Übersicht der verschiedenen Lösungen wie Natrium-Ionen, Natrium-Aluminiumoxid, Organic Solid-Flow und auch Festkörperbatterien, mit Leistungs- und Energiedichte (je Liter und kg), Kosten je kWh und weiteren Parametern.

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