Es knallt derzeit zwischen den Berliner Ampelpartnern, wenn es um die Heizungswende in deutschen Kellern geht. Die Kontroverse entzündet sich vor allem an der Wärmepumpe. Der grüne Klimaminister Robert Habeck räumt ihr absoluten Vorrang ein. Vor allem die FDP möchte aber auch andere Lösungen zulassen, sofern sie einen Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien beim Heizen erfüllen. Das Hickhack verunsichert Mieter und Immobilienbesitzer gleichermaßen.

Ampel streitet über die Heizungswende

Zu den Wärmetechnologien, die in der öffentlichen Diskussion derzeit untergehen, gehört die Solarthermie. Also das Ernten von Sonnenenergie mittels Flach- oder Röhrenkollektoren. Gerade im Zusammenwirken mit einer sparsamen Brennwert-Gastherme galten sie lange als klimaschonende Ökolösung, die vor allem im Sommer den gesamten Wärmebedarf decken kann.

Doch welche Zukunft hat die Solarthermie unter dem 65-Prozent-Diktat?

Standard im Neubau wird die Wärmepumpe

Im Neubau werde die Wärmepumpe zum Standard, legt sich Charlotte Brauns fest, Solarthermie-Expertin beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Zumindest bei individuellen Heizlösungen. Flankiert gegebenfalls durch Photovoltaik (PV).

Montage von Solarmodulen auf einem Hausdach Über die Plattform Selfmade Energy können Hausbesitzer ermitteln, wie viel Sonnenstrom sie mit PV-Modulen gewinnen können - und was die Anlage kostet. Solarenergie

Die solaren Stromkraftwerke haben den Vorteil der Vielseitigkeit. Der Betreiber kann die selbst produzierten Kilowatt für die Wärmepumpe und andere Hausgeräte wie Spülmaschine und Trockner einsetzen, statt sie teuer einzukaufen. Er kann mit dem Solarstrom ein Elektroauto laden oder ihn gegen Entgelt ins Netz einspeisen.

Was tun mit vorhandenen Kollektoren?

Das alles geht mit der Wärme aus dem Kollektor nicht. Dass die Wärmepumpe aus bleiben kann, wenn der Kollektor vor allem im Sommer oft im Überschuss Wärme bereit stellt, gleicht das Manko nicht aus, urteilen Experten.

Was aber tun mit den Kollektoren, die sich bereits auf dem Dach befinden, zumeist als Unterstützung für den Ölkessel oder die Gastherme, fragen sich viele Immobilienbesitzer? Lässt sich mit ihnen die 65-Prozent-Vorgabe Erneuerbarer einhalten?

65-Prozent-Vorgabe Erneuerbare schwierig zu erfüllen

Das sei schwierig, aber nicht unmöglich, meint BSW-Fachfrau Brauns. Voraussetzung sei ein exzellent gedämmtes Haus mit sehr geringem Heizbedarf und ein großer Speicher, um im sonnenarmen Winter über die Runden zu kommen. Wo dies nicht gegeben sei, biete sich als Ausweg der Bezug von 20 Prozent Biogas an. Der Haken daran: Das Angebot ist momentan noch sehr überschaubar.

Grafik: BSW

Dennoch könne die Solarthermie bei der Heizungswende eine tragende Rolle spielen, ist sich Brauns sicher. Allerdings nicht als Individuallösung. Sie denkt dabei an den Aufbau örtlicher Wärmenetze nach dem Vorbild Dänemarks im Zuge einer kommunalen Wärmeplanung, zu der die Bundesregierung Städte und Gemeinden in einem weiteren Gesetz verpflichten will.

Neue Rolle der Solarthermie bei der Heizungswende

Kommt sie in Gang, würden Mieter und Hauseigentümer in wachsender Zahl das warme Wasser für die Dusche und die wohl temperierte Wohnung aus den Fernleitungsrohren entnehmen. Anschlusszwang inklusive, damit sich die hohen Investitionen in die Netze rechnen.

Erste Leuchtturmprojekte für diesen Ansatz der klimaneutralen Wärmeversorgung gibt es bereits. Etwa in Mecklenburg-Vorpommern. Dort nahmen die Greifswalder Stadtwerke vergangenen September Deutschlands größte Solarthermie-Anlage in Betrieb. Die auf vier Hektar verteilten Kollektoren sollen jährlich rund acht Gigawattstunden erzeugen und mindestens 800 Haushalte ganzjährig mit Fernwärme versorgen (siehe Video unten). Neun Millionen Euro investierten die Stadtwerke in die Anlage.

Laut BSW zapfen bundesweit derzeit rund 50 große Solarthermie-Anlagen die Kraft der Sonne an. 50 weitere sind demnach im Bau oder in der Planung. Der Verband schätzt das Potenzial an Rhein und Elbe auf eine Leistung von ungefähr 100 Terawattstunden. Das entspreche in etwa dem jährlichen Warmwasserbedarf sämtlicher deutscher Haushalte.

Milliardenförderung für die Fernwärme

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. Immerhin unterstützt der Bund Energieversorger, Stadtwerke und Kommunen seit vergangenem September mit drei Milliarden Euro beim Aufbau klimaschonender Nah- und Fernwärmenetze. Dank der Förderung könne Solarwärme künftig für weniger als fünf Eurocent je Kilowattstunde produziert werden und in zehn Jahren bereits zehn Prozent des Raumwärmebedarfs decken, rechnet der BSW vor.

Aktuelle Marktdaten unterfüttern die anhaltende Attraktivität der Solarthermie, befeuert von ihrer neuen Rolle. Sowohl die Zahl der Anlagen als auch die mit Kollektoren belegte Fläche wuchs wie schon seit Jahren 2022 erneut (siehe Grafik).

Die Solo-Auftritte der solaren Wärmekraftwerke sind dabei nur ein Anfang. Ihre wahre Kraft entfalten sie im Urteil von Experten erst im Zusammenspiel mit Großwärmepumpen.

Unschlagbare Kombi: Solarthermie und Großwärmepumpen

Unsere dänischen Nachbarn sind uns bei dieser smarten Kombi-Technologie Jahre voraus. Zwischen Skagerrak und Fehrmarnbelt sind bereits Zweidrittel aller Haushalte an ein Fernwärmenetz angeschlossen. Deren Betreiber haben versprochen, von 2030 an keine fossilen Brennstoffe wie Öl und Gas mehr zu verfeuern. Um dennoch zu garantieren, dass es in dänischen Stuben nie kalt wird, legen sie für sonnenarme Zeiten große Wärmespeicher an und integrieren Großwärmepumpen in ihr Netz.

Wie jüngst Solrød Fjernvarme in Havdrup unweit der Hauptstadt Kopenhagen. Der Energieversorger hat direkt neben seinen Kollektoren eine Wärmepumpe des Systemlieferanten Aalborg CSP aufgestellt. Die stellt selbst bei Nullgrad Außentemperatur 1,2 Megawatt bereit und zieht dabei Wärmeenergie aus der Umgebungsluft.

Solarmodule mit doppelter Ausbeute

Immobilieneigentümern, die akut vor der Frage stehen, auf welche neue Heizung sie setzen sollen, helfen solche Perspektiven allerdings nicht aus der Patsche. Für sie könnte BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig zufolge eine andere innovative Technik interessant werden: sogenannte PVT-Anlagen. Sie erzeugen sowohl Strom als auch Wärme und lassen sich gut mit einer Wärmepumpe kombinieren.

Die doppelte Ausbeute mache die Kombi-Solarmodule zu einer besonders klimafreundlichen Alternative, betont Körnig. Und teurer als eine herkömmliche PV-Anlage sind sie auch nicht, zeigten Beispielrechnungen.

Der Beitrag erschien zuerst auf der Website von Greenspotting.

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3 Kommentare

  1. Günter Wippel

    Es ist unfassbar, wie Solarthermie über Jahrzehnte vernachlässigt, manchmal sogar verhindert („Denkmalschutz“ etc.) wurde, und durch schlecht konfigurierte Anlagen ‚von der Stange‘ von großen Hersteller schlecht gemacht wurde.

    Die sogenannten ‚Wärmepumpe‘ führt NUR dazu, den Stromverbrauch extrem in die Höhe zu treiben – um dann eine Jammern wg. zu weing Stromproduktion auszulösen.

    Solarthermie braucht so gut wie NULL Strom (abgesehen von lächerlich wenig für eine Umwälzpumpe), ist von jedem halbwegs fähigem Installateur einzurichten und langristig nutzbar – optimal.

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  2. Klaus Hamma

    völliger Unsinn. Solarthermie ist grade bei EFHs perfekt nutzbar. Gerne kann ich Ihnen dazu ein paar Tipps geben.

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    • Uwe Peters

      Das kann ich bestätigen und das schon über 23 Jahre in Verbindung mit einer Brennwerttherme. Der Ideologiewahnsinn der Grünen bringt mich immer mehr auf die Palme! Ob ich mir die 23 Jahre CO2 Einsparen auch anrechnen lassen kann? Das wäre doch schön!!!

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