Das hatte man sich in der Konzernzentrale des BMW-Vierzylinders am Münchner Petuelring so schön vorgestellt: Seit mehr als zwei Jahren trommelten die Bayern bei ihrer Zukunftsstudie iNext lauter als man es sonst von ihnen kennt. Für einen Hoffnungsträger, der all das bedienen soll, was die Marke ausmacht. Aber nicht mehr mit einem imageträchtigen Reihensechszylinder, sondern einem zukunftsfreudigen Elektromotor, soll der SUV neue Maßstäbe setzen bei Antrieb, Vernetzung, Design und Fahrerassistenz. Und der Submarke i sieben Jahre nach der Markteinführung des i3 neuen Schwung verleihen.

Autonom fahren? Kommt später!

Doch noch bevor das Tuch vom iX, der nun doch nicht den erwarteten Namen BMW iX5 tragen soll, gezogen wurde, gab es schon erste Dämpfer: Das vom früheren Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich lautstark ausgerufene hoch automatisierte Fahren der Stufe drei bleibt ebenso wie bei der Mercedes S-Klasse zunächst einmal außen vor. „Technisch verfügt der BMW iX über alle Möglichkeiten für Stufe drei“, erläutert der neue Entwicklungsvorstand Frank Weber. Doch zum Marktstart gibt es im Herbst 2021 erst einmal nur das, was aktuell die meisten Fahrzeuge können. Also Spurhaltesystem und Abstandsradar. Grund: Es hapert noch an der Übergabe vom Fahrer auf das dann teilautonom fahrende Auto. Zu kurz wären die Reaktionszeiten, zu hoch die Gefahr von Unfällen.

Monster-Maul mit Hasenzähnen und Spange
Die Gestaltung der Fahrzeugfront dürfte polarisieren. Die BMW-Designer haben nach der heftigen Kritik an der Studie iNext die Front des Autos noch einmal überarbeitet. Aber das Ergebnis ist – vorsichtig formuliert – gewöhnungsbedürftig. Bild: BMW

Nach dem letzten großen Hoffnungsträger, dem elektrischen i3, zeigt sich BMW jedoch beim Materialmix weiterhin mutig. Die Karosseriestruktur des iX besteht aus Karbon, der beim Öffnen der Türen auch wieder offen zur Schau gestellt wird. Dazu gibt es im Vorderwagen und zum Schutz des Akkupakets einen Alu-Spaceframe für maximalen Insassenschutz und geringes Gewicht. Trotzdem bringt der BMW iX stattliche 2,5 Tonnen auf die Waage.

„Mit der Technologie des BMW iX setzen wir Maßstäbe in der Industrie: Der BMW iX hat mehr Rechenleistung zur Datenverarbeitung, leistungsfähigere Sensorik als die neuesten Fahrzeuge unseres aktuellen Portfolios, ist 5G-fähig, wird neue und verbesserte automatisierte Fahr- und Parkfunktionen erhalten und nutzt die leistungsstarke fünfte Generation unseres elektrischen Antriebs“, warb Weber für den neuen Stromer.

Mächtiger Kühlergrill ohne Funktion

Das zweite nicht ganz unproblematische Thema ist das Design. Bereits die seriennahe Studie des BMW iNext hatte für die Kreativleistung speziell an der Front mit schmalen Scheinwerferaugen und einem mächtigen Hasenzahn-Kühlergrill – vorsichtig formuliert – nicht nur Applaus bekommen. Das Serienmodell des iX ist zwar etwas gefälliger, doch eine bullige Schönheit mit eleganten Proportionen und einem filigranen Gesicht sieht anders aus. Der übergroße Kühlergrill dient ohnehin mehr der Markenkommunikation als der Fahrzeugtechnik. Zum Wegschauen: die blauen Applikationen an Front, Flanke und Heck.

Etwas stimmiger präsentiert sich das Design des (aufpreispflichtigen) Sportpakets, das sich deutlich vom normalen Modell unterscheidet. Ebenso reduziert wie das Gesicht zeigt sich auch das rundliche Heck mit den schmalen LED-Lidstrichen. Erstmals ist ein BMW ohne echte Türgriffe zu bekommen. Man greift in die Türmulden, drückt einen Taster und schon öffnet sich der Einstieg. Hier haben sich die Designer offenbar von Tesla inspirieren lassen.

Mittelkonsole aus Echtholz

„Der BMW iX ist so lang wie ein X5, so flach wie ein X6 und hat die Raddimensionen eines X7“, legt Entwicklungsvorstand Frank Weber nach, der früher in Diensten von Opel stand. Räder bis zu 22 Zoll Größe sollten sich also problemlos unterbringen können.  

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So lang wie ein X5, so flach wie ein X6 und so viel Platz wie in einem X7

Bei der Gestaltung der Heckpartie nahmen die BMW-Designer Elemente des i3 auf. Ansonsten aber rangiert das Elektroauto in einer anderen Größen- und auch Preisklasse. Foto: BMW

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Gefällige Heckansicht

Die blauen Applikationen sollen den Verkehrsteilnehmern signalisieren: Hier fährt ein Stromer.

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Schöne neue ruhige Welt

Es gibt zwar immer noch Taster und Schalter, aber im Innenraum sind die Dinge auf die wesentlichen Funktionen reduziert. Das große Display ist zum Fahrer hin gewölbt – so wie man es von einem BMW kennt. Bild: BMW

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Edle Materialien

Mit Echtholz belegt ist die Mittelkonsole des iX, einige Schalter wirken, als wären sie aus Glas. Polestar lässt grüßen. Bild: BMW

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Mit Tempo 200

Der BMW iX kann auf der Autobahn nicht nur bis auf Tempo 200 beschleunigt werden. Auch an der Schnellladesäule wird nicht gebummelt: Die maximale Ladeleistung beträgt 200 Kilowatt.

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Leder war gestern

Tierschützer werden sich freuen: Der Innenraum des Elektroautos ist mit veganen Materialien ausgeschlagen. Platznöte sollte es auch auf der Rücksitzbank nicht geben. Foto: BMW

Ähnlich reduziert wie das Außendesign, das eher an einen Kombi denn an einen Crossover erinnert, ist das Interieur ausgefallen. Hier blickt der Fahrer auf ein leicht zu ihm hin gewölbtes Display. Eine echte Schau ist jedoch die beinahe frei schwebende Mittelkonsole aus Echtholz mit Starter, Gangwahlschalter, sowie bekannten Drück- und Drehelementen. Wie bei den aktuellen BMW-Modellen lassen sich die Funktionen jedoch auch per Sprache und Touchdisplay bedienen. Etwas gewöhnungsbedürftig das Zwei-Speichen-Lenkrad mit weiteren Bedienelementen. Domagoj Dukec, Leiter BMW Design: „Wir haben den BMW iX von innen nach außen gestaltet. Besonders wichtig war uns dabei ein modernes, wohnliches und reduziertes Interieurdesign mit einem großzügigen Raumgefühl.“

100 kWh-Akku für 600 Kilometer Reichweite

Mit exakten Leistungsdaten hält sich BMW noch zurück. Fest steht jedoch bereits jetzt, dass der elektrische BMW iX ein Allradler sein wird, der mehr als 370 kW / 500 PS an seine beiden Achsen überträgt. Aus dem Stand soll es in weniger als fünf Sekunden auf Tempo 100 gehen. Und die Höchstgeschwindigkeit soll anders als bei manchem Konkurrenten deutlich über 200 km/h liegen – wo immer das noch möglich ist. Keine nennenswerten Einschränkungen sollen solche Spurts auf die Reichweite haben, verspricht BMW.

Das flüssigkeitsgekühlte Akkupaket mit einer Speicherkapazität von knapp über 100 kWh soll Reichweiten von über 600 Kilometer garantieren, da sich der Energieverbrauch nach der WLTP-Norm bei 21 kWh / 100 km einpendeln soll. Per Schnellladung mit bis zu 200 Kilowatt Leistung schöpft der Crossover aus Dingolfing Energie für 120 Kilometer in zehn Minuten. An einer 11-kW-Wallbox wird es hingegen bis zu elf Stunden dauern, bis der Akku wieder komplett aufgeladen ist.

Und was kostet der Spaß? Der Zielpreis soll knapp 100.000 Euro betragen, erfahren wir. Auch da wird der Neuer in der gleichen Liga wie der X7 spielen.

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2 Kommentare

  1. Hans Wurscht

    Mit etwas über 100 kWh bei einem (in der Praxis eher unrealistischen) WLTP-Verbrauch von 21 kWh ergibt sich eine „garantierte“ Reichweite von „über“ 600 km; selbst wenn man sportlicher fährt und die Beschleunigung des Autos ausnützt… Ich kann mir gut vorstellen, dass die meisten Kunden die >100k EUR für ein Auto ausgeben würden auch rechnen können und dann bemerken, dass sie hier massiv veräppelt werden.

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  2. Gerd

    Man kann auch sagen, das Design polarisiert.
    Für mich die hässlichste Front seit des Fiat Multipla.

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