23.10. Wow.

Was war das für eine extreme, anstrengende und geile Zeit. Eigentlich wollten wir in diesem Tagebuch täglich von den Höhen und Tiefen des Solarrennens durch Australien berichten. Aber dann kam sehr viel Arbeit, wenig Schlaf und noch weniger Netzabdeckung dazwischen. Deshalb jetzt alles auf einmal.

Nachdem wir die ersten beiden Renntage und den bewölkten Himmel überstanden hatten, zeigte der Wetterbericht auf für die kommenden Tage keine Besserung an. Unsere Situation war alles andere als sonnig. Als wir in Darwin losfuhren, war die Fünf-Kilowattstunden-Batterie unseres Solarflitzers komplett aufgeladen gewesen. Nun war davon nicht mehr viel übrig. Bei vollem Sonnenschein können wir bis zu 1100 Watt über die Solarpanels des Huawei Sonnenwagens gewinnen. Sobald sich eine Wolke zwischen Sonne und Sonnenwagen schiebt reduziert sich dieser Wert enorm.

Wie also sollten wir das geforderte Renntempo von 60km/h Durchschnittsgeschwindigkeit einhalten können? Wo sollte die benötigte Energie herkommen, wenn sich die Sonne hinter Wolken versteckt?

Bremsen und Strom sparen

Nun wenn man wenig Energie zur Verfügung hat, sollte man auch nur wenig Energie verbrauchen. Bereits am dritten Renntag mussten wir unsere Reisegeschwindigkeit auf 50km/h reduzieren. Das war eine riskante Strategie. Entlang des Stuart Highways liegen mehrere Control Stops, die die Solarfahrzeuge zu vorgegebenen Zeiten erreichen müssen. Gelingt dies nicht, muss das Team von der „Challenger Class“ in die nicht kompetitive „Adventure Class“ wechseln.

Dieses Schicksal drohte nun auch uns. Am dritten Tag hatten wir allerdings Glück. Auch mit der reduzierten Geschwindigkeit erreichten wir alle Control Stops rechtzeitig. Doch die Situation hatte sich weiter verschärft. Am Ende des Tages standen wir so mit 10% Batterieladung vor Alice Springs, dessen Control Stop wir am nächsten Tag vor 12:00 Uhr erreichen mussten. Uns standen also noch 4 Stunden zur Verfügung, um ca. 100 km zurückzulegen. Der vierte Renntag sollte der Tag der Entscheidung werden.

Frühstart

Entschieden zu früh fing Renntag Nummer vier auf jeden Fall an. Bereits um halb fünf mussten alle Teammitglieder aufstehen. Grund dafür war jedoch nicht das Rennen, sondern ein Gewitter, welches über dem Camp aufzog. Wir mussten alle unsere Zelte verlassen und die restlichen Stunden in den Autos verbringen. Schlechte Vorzeichen.

Der Regen hörte leider auch nicht auf, als wir mit unserem Huawei Sonnenwagen Richtung Alice Springs losfuhren. Und als wäre das nicht genug, gesellten sich zum Regen auch noch eine ordentliche Steigung und ein beachtlicher Gegenwind. Beste Voraussetzung um aus den Rennen zu fliegen. Doch wir wollten nicht aufgeben und so kämpften wir uns mit 32 km/h die Berge vor Alice Springs hinauf. Wohl wissend, dass sich das Auto bei jeder Steigung aufgrund mangelnder Batteriekapazität abschalten könnte.

Das war mehr Spannung als das WM-Finale 2014. Erreicht haben wir Alice Springs dann um 12:04. Vier Minuten zu spät – eigentlich. Doch etwas Glück hatten wir dann doch. Da die Wetterbedingungen die schlechtesten seit der Gründung der World Solar Challenge waren, wurde die Öffnungszeit des Control Stops um zwei Stunden verlängert. Wir waren also weiterhin im Rennen!

Eine neue Chance

Nach Alice Springs sahen unsere Chancen schon wieder viel besser aus. Wir hatten über die Hälfte geschafft. Der höchste Punkt der gesamten Strecke lag hinter uns und außerdem fing die Sonne wieder an zu scheinen. Wir setzen unser Rennen mit flotten 70 km/h fort und unser Auto konnte problemlos den nächsten Control Stop erreichen. Leider wurden die Öffnungszeiten der Control Stops nun wieder auf die normalen Uhrzeiten zurückgesetzt. Wir mussten nun ca. 1 Stunde Verspätung zusätzlich herausfahren.

Für den Control Stop in Cooper Pedy gelang uns dies nicht mehr. Nach 2187 km verpassten wir den Checkpoint um 10 Minuten.

Die Stimmung im Team war trotzdem gut. Wir wussten, dass wir auch in der „Adventure Class“ unseren Weg nach Adelaide zurücklegen wollen. Und genau das taten wir. Am Samstag den 14. Oktober durchfuhren wir mit unseren Huawei Sonnenwagen den Zielbogen der Bridgestone World Solar Challenge. Wir hatten es geschafft. Von den insgesamt 35 Teams, die in der „Challenger Class“ angetreten waren, konnten nur 12 bestehen. Wir waren leider das letzte Team, das ausgeschieden ist.

Beinahe hätten wir die gesamte Distanz in der „Challenger Class“ zurückgelegt. Trotzdem haben wir unsere Ziele erreicht. Wir waren bereits nach dem ersten Renntag der beste Newcomer und unser Auto ist nicht ausgefallen. Auf diesen Leistungen können und wollen wir aufbauen, um in zwei Jahren zurückzukommen und vorne mitzufahren.

Es geht weiter

Wir alle im Team sind uns sicher, dass die Teilnahme an der World Solar Challenge ein riesiger Erfolg war. Vor zwei Jahren waren wir ein paar Studenten und Studentinnen mit einer verrückten Idee. Nun sind wir ein Verein, der an der Weltmeisterschaft für Solarfahrzeuge teilgenommen hat. Wir alle haben unglaublich viele Erfahrungen und Wissen gesammelt. Unter den Herausforderungen vor und während des Rennens haben sich einige von uns zu fantastischen Führungspersönlichkeiten entwickelt. Und wir alle haben so viele wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt, die wir nun zu unseren Freunden zählen dürfen.

Klingt schwärmerisch? Das soll es auch! All das ist unabhängig von dem eigentlichen Rennergebnis und macht das Projekt Sonnenwagen zu einem unvergesslichen Bestandteil unseres Lebens.

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