Davon träumt auch so mancher E-Autofahrer: Ein weitläufiger Ladepark, auf dem immer ein Plätzchen frei ist und wo er sein Gefährt mit 150 Kilowatt (kW) in kurzer Zeit laden kann. Die Hamburger Hochbahn hat sich nun genau so eine Mega-Energie-Zapfanlage gebaut – in ihrem neuen Busdepot im Stadtteil Alsterdorf, nicht weit vom Flughafen der Hansestadt. In der jetzt in Betrieb genommenen Anlage können die Techniker in der Endausbaustufe bis zu 240 Linienbusse warten und über Nacht laden. Sie „setzt damit europaweit Maßstäbe“, sagte Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, bei der Eröffnung. Rund 73 Millionen Euro investiert die Hochbahn in das Depot, 6,4 Millionen Euro schießt der Bund zu.
Der Betriebshof ist ein wichtiger Baustein für die Elektrifizierung der gesamten Hamburger Busflotte. Der rot-grüne Senat will bis 2030 die – heute – insgesamt 1500 Linienbusse auf Elektroantrieb umstellen. 1000 betreibt derzeit die Hochbahn, weitere 500 die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein. In den kommenden Jahren erfolgt die Umstellung Schritt für Schritt. Ende 2020 sollen 60 E-Busse unterwegs sein, danach sollen die Verkehrsbetriebe pro Jahr 70 bis 80 Dieselbusse ausmustern, informierte vor kurzem Verkehrssenator Michael Westhagemann die Bürgerschaft. Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der Hochbahn, spricht angesichts der Umstellung der Flotte von „einer echten Zeitenwende“.
Trend im ganzen Bundesgebiet
Die Hamburger liegen damit auf einer Linie mit den anderen großen deutschen Städten. Auch Berlin, Frankfurt, München oder Köln wollen bis 2030 ihre Busse elektrifizieren, nicht zuletzt um die Feinstaub- und Stickoxidbelastungen in den Griff zu bekommen.
Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Derzeit rollen laut Deutscher Presseagentur (DPA) erst vier serienreife Elektrobusse der Hochbahn durch Hamburg. Sie verfügen über eine Reichweite von 150 Kilometern und sind mit einer Dieselzusatzheizung ausgestattet, um nicht zu viel Akku-Kapazität für die Klimatisierung zu verbrauchen. 26 weitere Omnibusse folgen noch dieses Jahr, 30 weitere dann im nächsten Jahr. Da auf einigen Linien die Fahrzeuge 300 Kilometer weit pro Schicht kommen müssen, testet die Hochbahn auch Brennstoffzellen als Reichweitenverlängerer.
Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein wiederum kämpfen laut DPA bei ihren beiden größeren Bussen mit technischen Problemen. Deshalb sind sie derzeit wieder beim Hersteller zur Überholung. Zwei kleinere würden dagegen schon seit längerem in Blankenese ihren Dienst verrichten.
Ladesäule auf dem Dach
Das neue Depot in Alsterdorf wird also noch ein wenig Zeit benötigen, bis alle 240 Plätze ausgelastet sind. Die Anlage setzt sich aus sechs Ports zusammen, in denen jeweils 40 Fahrzeuge Platz finden. Den ersten hat der schweizerisch-schwedische Energietechnik-Konzern ABB mit der Ladeinfrastruktur ausgerüstet.
Und die hat es in sich: Alle Fahrzeuge können gleichzeitig mit voller Leistung von 150 kW Energie zapfen. Die Anschlussleistung für den gesamten Busbetriebshof beträgt 25 Megawatt – genug um eine Kleinstadt mit 40.000 Einwohnern zu versorgen. Die Energie stammt übrigens vom ebenfalls städtischen Unternehmen Stromnetz Hamburg, das ausschließlich Ökostrom aus Windkraftanlagen nach Alsterdorf schickt.
Die Lädesäulen vom Typ 150C sind auf dem Dach montiert, das spart in der Halle Platz. Der erforderliche Transformator ist doppelt ausgelegt ebenso die Schaltanlage, so dass bei Problemen der jeweils andere Anlagenteil einspringen kann – und die Busse auf jeden Fall am Morgen wieder einsatzbereit sind. ABB kann die Anlage zudem aus der Ferne überwachen und managen. Frank Mühlon, Leiter des Geschäftsbereichs Ladeinfrastruktur Elektrofahrzeuge weltweit bei ABB, ist entsprechend stolz auf das Prestige-Projekt.
Er hofft natürlich auf Folgeaufträge in Deutschland und dem Rest der Welt. Allein in Hamburg betreibt die Hochbahn über die Stadt verteilt sechs weitere Betriebshöfe, die das Nahverkehrsunternehmen nach und nach umrüsten will.