Die deutsche Industrie warnt die Politik warnt vor nationalen Alleingängen in der Klimapolitik. Langfristige Klimaziele seien dann allerdings (bei riesigen Investitionen und deutlich stärkeren Anstrengungen) technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar. Das sind Kernpunkte einer Studie im Auftrag des BDI. Sie kommt mitten in der Phase der schwierigen Bildung einer neuen Bundesregierung.

„Die deutsche Klimaschutz- und Energiepolitik befindet sich auf gefährlichem Schlingerkurs“, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf der dpa. Deutsche Unternehmen bräuchten einen wirksamen Schutz vor Wettbewerbs- und Standortnachteilen, damit Klimaschutz nicht auf Kosten von Jobs und Produktionsverlagerungen ins Ausland gehe.

Auch von einer ineffizienten Umsetzung der Energie- und Klimawende gehe Gefahr für das Wirtschaftswachstums aus. „Eine konsequente Verfolgung der deutschen Klimaziele birgt neben Chancen für neue Technologien das Risiko enormer Strukturbrüche“, heißt es in dem Papier – wohl mit Blick auf den Kohleausstieg.

In der Studie der Managementberatung Boston Consulting Group sowie des Beratungsunternehmens Prognos im Auftrag des BDI wird in verschiedenen Szenarien untersucht, wie und ob Klimaschutzziele für das Jahr 2050 machbar sind. Bis 2050 will Deutschland 80 bis 95 Prozent weniger Treibhausgase gegenüber 1990 ausstoßen.

Falls die Anstrengungen zum Klimaschutz in der jetzigen Form unverändert weitergingen, wird laut Studie bis 2050 eine Verringerung der Treibhausgas-Emissionen von 61 Prozent erreicht. Damit wäre auch dieses Klimaziel verfehlt – Deutschland wollte eigentlich bis 2020 bereits 40 Prozent weniger CO2 ausstoßen als 1990, von diesem Ziel haben sich SPD und Union allerdings schon verabschiedet.

Klimaziele „volkswirtschaftlich vertretbar“

Immerhin: Eine Minderung der Emissionen von 80 Prozent bis 2050 hält der BDI für „technisch möglich und volkswirtschaftlich vertretbar“. Natürlich fordert der Verband auch einen Schutz für energie- und emissionsintensive Branchen, diese müssten von direkten und indirekten CO2-bedingten Mehrkosten befreit werden. Und auch von mehr als dem Mindestziel rät der Verband ab: Das sei „an der Grenze absehbarer technischer Machbarkeit und heutiger gesellschaftlicher Akzeptanz“. Eine solche Verringerung erfordere praktisch Nullemissionen für weite Teile der deutschen Volkswirtschaft, etwa im Verkehrs- und Energiebereich, heißt es.

Die Bundesregierung hat sich – auch im Rahmen des völkerrechtlich bindenden Klimaabkommens von Paris – dem Leitbild der „weitgehenden Treibhausgasneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts“ verpflichtet. Allerdings sinkt der Treibhausgas-Ausstoß Deutschlands seit Jahren kaum noch, obwohl der Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix Jahr für Jahr steigt. Dafür gibt es verschieden Gründe: Etwa der Hang der Deutschen zu verbrauchsstärken Fahrzeugen oder den insgesamt steigenden Strombedarf.

Klimaschützer fordern deswegen einen Ausstieg aus der Stromgewinnung aus Kohle und die Einführung eines sogenannten CO2-Preises, der den Ausstoß von Treibhausgasen teurer macht und damit klimafreundliche Technologien fördert.
Um die Klimaziele zu erreichen, sind laut Studie aber auch riesige Investitionen notwendig. Beim 80-Prozent-Ziel wären es 1,5 Billionen Euro, beim Ziel 95 Prozent 2,3 Billionen. Diesen Mehrinvestitionen stünden aber große Einsparungen bei den Energiekosten gegenüber. Bei einer optimalen Umsetzung wären die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen neutral, das bedeutet, die Erreichung der Klimaziele ginge nicht zu Lasten von Einbrüchen beim Wirtschaftswachstum.

Ein erster Schritt wäre, den Klimaschutz über ein Gesetz abzusichern. Dies wolle eine große Koalition angehen, erklärte heute SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch heute. Zudem sei ein deutlicher Ausbau der erneuerbaren Energien vorgesehen und erstmals die Rede von einem Datum für den Kohleausstieg. Den Segen der Industrie hat die künftige Regierung ja.

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