Wer Biolebensmittel kauft, will sich gesund ernähren und vermutlich auch die Umwelt schonen. Damit erschöpft sich aber offenbar der Öko-Gedanke für die meisten Konsumenten schon wieder. Anders lässt sich die Menge an Plastikverpackungen nicht erklären, die selbst im Bio-Regal auftaucht.
Christoph und Edna Kleber hat dieser Widerspruch keine Ruhe gelassen. Das Ehepaar aus Bayern experimentierte mehr als drei Jahre, dann hatte es eine Lösung. „Nachhälter“ nennen die Klebers die transparenten Tüten. Die Innovation besteht vor allem aus Zellulose, gewonnen aus hölzernen Hackschnitzeln. Nach der Benutzung kann die Verpackung deshalb im Kompost oder in die Altpapiersammlung recycelt werden.
Die Klebers verkaufen ihre neuartigen Tüten im eigenen Bio-Laden in Wasserburg am Inn. Doch so besonders wirken die Nachhälter auf den ersten Blick dort gar nicht – im Gegenteil. „Immer wieder kommen Kunden, die meinen, das fühle sich doch wie Plastik an“, erzählt Christoph Kleber schmunzelnd. Stattdessen bestehen die Tüten aus: Zellulose, einem Papierstreifen aus zertifiziertem Holzanbau, Biobaumwolle für den Verschlussfaden und einem Etikett aus Altpapier. „Und auch das wird noch mit einem speziellen Kautschuk-Kleber aufgebracht“, erklärt der Erfinder. Bei ihm soll wirklich das komplette Produkt biologisch abbaubar sein.
Die Rezeptur für die Folien, aus denen diese Tüten gemacht sind, haben die Klebers im heimischen Keller, in der Küche und in der Garage ausgetüftelt und getestet – neben ihren Brotberufen, die sie damals noch ausgeübt haben. „Das war nicht einfach, aber wir wussten genau, was wir wollten“, erklärt Christoph Kleber seine Motivation.
Die Formel für das Material hält er streng geheim, die Tüten werden bei einem Auftragsfertiger produziert. Auch dessen Namen verrät Kleber nicht. „Den würden viele gerne wissen, die Interessenten rennen uns hier die Türen ein“, sagt der 35-Jährige. Seine Idee hat er schützen lassen, verkaufen will er sie bislang nicht.
Stattdessen bieten die Klebers seit Februar ihre Erfindung hauptsächlich im Bio-Laden „GrünKunft“ an. Reis, Müsli, Hanfsamen: Solche und viele andere Trockenprodukte bringt das Geschäft unter seinem eigenen Label in den innovativen Verpackungen heraus. Außerdem haben die Klebers ein eigenes Pfandsystem für Flüssigkeiten, Cremes und andere Waren entwickelt. Hauptsache: Nichts wird in Einweg-Plastik transportiert.
Die beschauliche oberbayerische Stadt ist offenbar ein gutes Pflaster für solche grünen Experimente. „Es läuft gut an“, meldet Kleber aus Wasserburg. Er ist gelernter Betriebswirt und Architekt, das Hantieren mit Zahlen liegt ihm also.
Christoph Kleber hat einen radikalen Wechsel hinter sich: Bevor er in die Bio-Branche einstieg, war er in der Autoindustrie beschäftigt. Heute ist er fast rund um die Uhr mit seiner Firmengründung zu Gange. Nächstes Ziel ist es, Franchise-Ableger des Bioladens zu gründen, zum Beispiel in München. „Dieser Markt ist zwar gesättigt, aber wir bieten schließlich etwas Einzigartiges“, ist Kleber optimistisch. Er baut darauf, dass Bio-Kunden die Idee der nachhaltigen Verpackung verstehen und lieben.
Rund um Wasserburg hat Kleber schon die konventionelle Konkurrenz überzeugt. Edeka bietet mittlerweile in einigen Filialen GründKunft-Produkte in Nachhälter-Verpackung an.