Kein Abgas, kein Lärm, keine anstrengende Kurbelei. „Man fühlt sich, als säße man in einem Neuwagen“ sagt Viktoria Kräling. Die 29-Jährige ist Schiffsführerin der „MS Innogy“ – dem laut Innogy ersten Fahrgastschiff in Deutschland, das mit einer Methanol-Brennstoffzelle betrieben wird und CO2-neutral ist.
„Hier ist einfach alles etwas luxuriöser“, erklärt Kräling, die zuvor schon viele andere Schiffe der Schiffsgesellschaft Weiße Flotte Baldeney navigiert hat. „Den Joystick zur Steuerung kann man ganz einfach mit der Hand bedienen, die teilweise doch recht anstrengende Kurbelei beim An- und Ablegen bleibt mir so erspart.“
Viktoria Kräling gehört zu den ersten Schiffsführern der Gesellschaft, die speziell für das neue Schiff ausgebildet wurden. Es sei ungewohnt, dass das Schiff so leise ist, da habe sie manchmal das Gefühl, da wäre gar nichts am Laufen, sagt die Schiffsführerin. Doch auch daran gewöhne man sich.
Ein Neubau ist die „MS Innogy“ eigentlich gar nicht – es handelt sich um ein elf Jahre altes, umgebautes Fahrgastschiff. Neu sind Methanoltank, Brennstoffzelle und Elektromotor. Das Methanol ist in diesem Fall zum größten Teil mit Strom erzeugt, der aus dem Wasserkraftwerk am Baldeneysee kommt, das ebenfalls zur Innogy SE gehört. Dort wird zudem Kohlendioxid aus der Umgebungsluft gefiltert und zusammen mit Strom und Wasser in Methanol umgewandelt.
Ganz CO2-frei ist die Fahrt also nicht. Aber die Emissionen entsprechen nur dem, was der Luft zuvor an CO2 entzogen wurde – deshalb „neutral“. Und die Anlage nahe Essen kann den Bedarf von Innogy noch nicht decken, der restliche Treibstoff wird derzeit aus Island zugekauft. Aber der wird dort, das verspricht das Unternehmen, ebenfalls grün erzeugt.
Greenfuels statt Diesel
Ein Problem mit Methanol ist die geringere Energiedichte im Vergleich zum Diesel. Deshalb wandelt eine Brennstoffzelle das Methanol in elektrische Energie um – mit deutlich höherer Effizienz. Zudem lädt die Zelle zwei Batterien, so dass es sich genau genommen um einen Methanol-Hybrid-Antrieb handelt. Kräling war gespannt auf den neuen Antrieb: „Ich bin da eher locker rangegangen und dachte mir, dass die schon wissen werden, was sie tun.“ Die Spezial-Ausbildung für das Schiff dauerte etwa vier Wochen, dazu gehörten sowohl eine theoretische Methanol-Einweisung als auch jede Menge Schulungen und Übungsfahrten auf der „MS Innogy“.
„Das mit der Technik hatte ich mir schwieriger vorgestellt“, sagt Kräling heute. „Es gibt zwar jede Menge Spökes, den man bedienen muss, doch dank der zwei Displays im Steuerraum kann man die Abläufe auch viel besser erkennen und kontrollieren. Früher musste man dafür in den Maschinenraum gehen. Mich beruhigt es außerdem, dass es viele Sicherheitseinrichtungen gibt, und ich weiß, dass sich die wichtigsten Teile im Notfall selbst ausschalten würden.“
Zufriedene Passagiere
Und wie kommt der Flotten-Zuwachs bei den Fahrgästen an? „Hervorragend“, sagt Kräling, und nicht nur das: Viele Kollegen, die anfangs skeptisch waren, seien jetzt richtig heiß darauf, das Schiff endlich auch mal zu fahren.
Allerdings nur über kurze Strecken. Etwa nach vier Stunden sind die Batterien nämlich leer. Dann müssen sie entweder – wie bei Hybrid-Antrieben üblich – über ein Kabel von Land oder durch die Brennstoffzellen aufgeladen werden. Für den Notfall gibt es aber auch noch einen neuen Dieselmotor an Bord.
Das umweltfreundliche Ausflugsschiff erlebte Ende August seine Jungfernfahrt auf dem Baldeneysee in Essen. Ort und Zeitpunkt waren bewusst gewählt, schließlich wurde die Stadt Essen in diesem Jahr von der Europäischen Kommission mit dem Titel Grüne Hauptstadt Europas 2017 versehen. Zu den Hauptsponsoren des Projektes zählt dabei die RWE-Tochter Innogy. Für die Stadt Essen ist das umweltfreundliche Fahrgastschiff eines von vielen Leuchtturmprojekten, mit denen sie Impulsgeber für eine urbane Mobilität der Zukunft sein wollen.
„Die ‚MS Innogy‘ ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass eine Energiewende auch in der Schifffahrt möglich ist“, findet Peter Terium, Vorstandsvorsitzender der Innogy SE. Künftig könnten saubere Treibstoffe wie CO2-neutrales Methanol auf den Flüssen und Meeren Schiffe antreiben, ohne die Umwelt zu belasten.
Bleibt nur zu hoffen, dass die MS Innogy nicht das Schicksal anderer Öko-Schiffe teilt. Die FCS Alsterwasser fuhr lange nicht mehr durch Hamburg, weil die Wasserstoff-Tankstelle dicht machte. Das Projekt „e4Ships“, das zwischenzeitlich nach der Pleite der Beluga-Reederei ins Schlingern geraten war, zeigt allerdings wieder vielversprechende Ergebnisse.
Hinweis: Innogy ist Partner von Edison. Dieser Text ist nicht im Rahmen dieser Kooperation, sondern redaktionell unabhängig entstanden.