Das Gemeinschaftsunternehmen der Autokonzerne zum Aufbau von Schnellladestationen für Elektroautos kann loslegen. Die von BMW, Daimler, Ford, Volkswagen, Audi und Porsche gegründete Firma Ionity habe den Geschäftsbetrieb aufgenommen, teilten die Unternehmen am Freitag mit.

In diesem Jahr soll das in München angesiedelte Joint Venture die ersten 20 Stationen an Autobahnen in Deutschland, Österreich und Norwegen mit jeweils mehreren Ladepunkten errichten. Bis 2020 sollen es in ganz Europa 400 werden, damit Elektroautos immer rechtzeitig und rasch Strom tanken können. Tesla-Kunden dürfte die Idee bekannt vorkommen. Man gehe aber einen Schritt weiter, heißt es aus dem Unternehmen.

Mit dem ersten paneuropäischen Ladenetz werde die Elektromobilität langstreckentauglich, erklärte Ionity-Chef Michael Hajesch. „Die Gründung von Ionity ist ein wichtiger Meilenstein, der zeigt, dass die Automobilhersteller ihre Kräfte dazu bündeln.“

„Henne-Ei-Problemlösung“

Die Autobauer schaffen so eine wichtige Voraussetzung, damit die vielen von ihnen im kommenden Jahrzehnt angekündigten Modelle Abnehmer finden. Das „Henne-Ei-Problem“, dass Elektroautos kein Massenprodukt werden können ohne Ladeinfrastruktur, und andererseits die Autobauer wegen fehlender Ladestellen mit der Entwicklung der Stromer zögerten, wäre damit gelöst. Beim Handelsblatt-Auto-Gipfel hatte VW-Chef Müller die Politik in die Pflicht genommen – ohne Hilfe bei der Ladeinfrastruktur wisse er nicht, „wie wir die Luft sonst sauber bekommen.“

Und so werden noch viel mehr Ladestationen gebraucht, damit Autos mit Strom so einfach aufgeladen werden können wie mit Sprit. Die von der Bundesregierung ins Leben gerufene „Nationale Plattform Elektromobilität“ (NPE) hält 2020 etwa 70.000 öffentliche Ladepunkte sowie 7.100 Schnellladestationen in Deutschland für nötig. Derzeit gibt es nach Daten des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft knapp 11.000.

Kooperation mit Raststätten

Der US-Elektroautopionier Tesla stellt bereits lieber selbst Stromtankstellen zur Verfügung, statt auf staatliche Investitionen in die Infrastruktur zu warten. Die deutschen Autokonzerne und Ford packen das Projekt jetzt gemeinsam mit den Raststättenbetreibern Tank & Rast, OMV und Circle K an. Denn die deutschen Hersteller wollen bis 2020 ihr Angebot an E-Auto-Modellen auf rund 100 mehr als verdreifachen. Die nächste Generation soll mit einer Akkuladung 500 bis 600 Kilometer weit fahren können.

An den Ladesäulen von Ionity könnten die Batterien mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowattstunden aufgeladen werden – markenunabhängig dank eines Einheitssteckers, wie die Unternehmen weiter mitteilten. Damit ließe sich ein Auto wie der Ampera-E in 12 Minuten laden – wenn er denn solche hohe Leistungen überhaupt nutzen könnte. Die aktuelle E-Autogeneration dürfte mit 350 kW noch überfordert sein.

Aber der Ausbau ist ja auch ein Zukunftsprojekt. Für das kommende Jahr hat sich das Gemeinschaftsunternehmen vorgenommen, auf mehr als 100 Stationen zu kommen, die jeweils mit rund 120 Kilometern Abstand an Strecken stehen sollen. Experten schätzen die Gesamtkosten dafür auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Die Autobauer setzen darauf, dass sich noch weitere Hersteller dem Joint Venture anschließen und die Kosten teilen.

Dabei sind sie nicht die Einzigen, die das noch lückenhafte Ladestellennetz dichter knüpfen wollen. So sind auch die Energiekonzerne E.ON, EnBW und die RWE-Tochter Innogy in den Markt eingestiegen. Tank & Rast betreibt noch ein weiteres Projekt. Hinzu kommen Start-up-Firmen und Ölkonzerne. So plant neben dem französischen Energiekonzern Engie auch der US-Betreiber ChargePoint ein europaweites Netz an Schnell-Ladestationen. An diesem sind Daimler und BMW ebenfalls beteiligt.

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