Es ist spät am Abend, der Tag war stressig, doch der Schlaf will sich nicht einstellen. Durch die Jalousien scheint das Licht der Straßenlaternen, man wälzt sich hin und her, beginnt damit, die noch verbleibenden Stunden bis zum Aufstehen zu zählen – und kann dann umso schlechter einschlafen.
Geht es nach dem Münchener Start-up Radice, dann gehört diese Qual bald der Vergangenheit an. Die sogenannte „Sora“-Maske der Firma spielt eine beruhigende Melodie, im Rhythmus des eigenen Atems pulsiert blaues Licht vor den Augen. Der aktuelle Prototyp ähnelt einer grauen Ski-Maske, nur die Gläser fehlen. Mit ihrem 2017 gegründeten Unternehmen haben sich Jonas Diezun und Nele Köstler ganz der Aufgabe verschrieben, Menschen zu gutem Schlaf zu verhelfen. Noch verkaufen sie Schlafanzüge und Schlafmasken aus Seide, im nächsten Jahr wollen sie ihre erste technische Innovation auf den Markt bringen.
„Schlaf ist unglaublich wichtig“, sagt Diezun. Schlafmasken seien beliebt, doch das Abdunkeln reiche vielen eben nicht: „Die Sora-Maske beeinflusst den Schlaf durch Licht- und Soundeffekte: abends, nachts und morgens beim Aufwachen.“ Gleichzeitig wirkt die Maske wie ein Messgerät. „Sie zeichnet Herzrhythmus, Atem und Hirnaktivität des Schlafenden auf“, erklärt der Gründer. So stellt sie fest, in welcher Schlafphase sich der Träger befindet und erkennt Muster über die Gehirndaten.“
„Die Entspannungsübungen und Lichteffekte passt sie daran an“, erklärt Diezun weiter. „Damit soll sie den Schlaf des Nutzers nachhaltig verbessern. Die Daten könnten auch in der Medizin neue Erkenntnisse bringen: So plant Diezun „eine Art Schlaflabor Light“, in dem die Daten über einen längeren Zeitraum erhoben werden. Hierauf könnten dann Ärzte zugreifen und ihre Behandlung anpassen.
Kooperation mit Schlafforschern
Ersten Anklang fand die innovative Schlafmaske diesen Sommer beim Projekt Fashion Fusion der Telekom. Im Wettbewerb mit anderen Start-ups und Designern belegten Diezun und Köstler mit Sora den dritten Platz.
Seitdem tüfteln sie zusammen mit einem Münchner Schlaflabor und mehreren Elektrotechnikern daran, die Technik der Maske zu verfeinern. „Wir gehören zu den ersten, die mit einer Schlafmaske Gehirnaktivitäten aufzeichnen“, sagt Diezun, der an der TU München Technologie und Management studiert hat. „Aber damit stehen wir auch vor einer großen Herausforderung.“ Die Elektronik unauffällig in der Maske unterzubringen, sei nicht einfach.
Wenn die Schlafmaske erst einmal fertig ist, soll sie unter einem eigenen Firmennamen erscheinen. Eine zugehörige App speichert die Daten des Trägers. Rund 250 Euro solle sie dann kosten, planen die Gründer. Bis dahin wollen sie Geld über Fundraising sammeln, um ihre Innovation zu finanzieren.