Neben Elbphilharmonie und Fischmarkt will Hamburg in Zukunft auch noch für eine weitere Sache bekannt werden: Ein schlaues innerstädtisches Mobilitätskonzept. In drei Jahren ist die Hansestadt Gastgeber für den Weltkongress für intelligente Verkehrssysteme (ITS) und hat dafür eine Strategie ausgearbeitet, wie es in der eigenen Stadt funktionieren kann. „Bis dahin soll die Verknüpfung von Digitalisierung und Mobilität Schritt für Schritt im Hamburger Stadtbild sichtbar und erlebbar sein“, sagt der Hamburger Verkehrssenator Frank Horch. Zu der neuen Mobilität soll auch das autonome Fahren gehören und die Stadt und einige Unternehmen arbeiten daran, es umzusetzen.
Ein wichtiger Baustein der städtischen Mobilität: Parksysteme. Die Suche nach einem Parkplatz kostet Zeit und Nerven. 41 Stunden verschwenden die Deutschen im Durchschnitt pro Jahr damit. Eine aktuelle Auswertung von Inrix, einem Anbieter von Verkehrsanalysen, zeigt, dass sich die verlorene Zeit, der Benzinverbrauch und die zusätzliche Abgasbelastung auf volkswirtschaftliche Kosten von rund 900 Euro pro Autofahrer oder hochgerechnet auf das Land fast 45 Milliarden Euro summieren. Die Alternative: Autonomes Parken.
Das Auto vor dem Parkhaus abstellen und den Rest erledigt das Fahrzeug von ganz alleine – das will Volkswagen in einem Pilotprojekt in einem Parkhaus am Hamburg Airport realisieren. Bereits Anfang 2019 sollen erste Kunden den neuen Service testen. „Unsere Vision ist eine überall, jederzeit und für jedermann auf Knopfdruck verfügbare Mobilität – autonome Fahrzeuge spielen dabei eine entscheidende Rolle“, so Johann Jungwirth, Chief Digital Officer des Volkswagen-Konzerns.
Zwei Minuten von Parkhaus bis Check-in
Die Autofahrer sollen ganz bequem von zu Hause per App den Parkplatz buchen und ihr Auto einfach am Eingang des Parkhauses abgeben. Alles Weitere regelt die Technologie. Auf Basis einer Parkhaus-Karte navigiert das Auto selbstständig zu dem ihm zugewiesenen Parkplatz. Fahrzeugsensoren orientieren sich dabei an den im Parkhaus angebrachten Bildmarker. Die Verarbeitung der Daten erfolgt in einem zentralen Steuergerät des Autos.
Das ist nicht nur gut für genervte Autofahrer, sondern auch für den Flughafenbetreiber. „Im autonomen Parken sehen wir eine große Chance, unseren Passagieren einen deutlichen Mehrwert zu bieten. Die Anreise zum Flughafen wird entspannter, denn die Parkplatzsuche entfällt und unsere Fluggäste sind in nur zwei Minuten vom Parkhaus beim Check-in“, erklärt Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport. Ein weiterer Vorteil: Autonom parkende Autos brauchen weniger Platz. Da keine Menschen aus- oder einsteigen, können die Fahrzeuge dichter parken. Das schafft Platz für mehr Autos.
Paketlieferung in den Kofferraum
Nicht nur das Parken will VW bequemer machen. Ist der Fahrzeugbesitzer im Urlaub oder auf Dienstreise, werden bestellte Pakete in den Kofferraum des Fahrzeugs geliefert, die Reinigung hängt frisch gewaschene Kleidung direkt ins Fahrzeug. Jungwirth ist überzeugt: „Diese Integration nutzerzentrierter Services kombiniert mit innovativer Technik ist richtungsweisend für die Zukunft der Mobilität.“
Der Wolfsburger Autokonzern geht aber erstmal vorsichtig an das Thema heran. Zuerst wird die Technik in einem separaten Parkhaus-Bereich, der nicht für Menschen zugänglich ist, getestet. Tausende Parkvorgänge werden nicht nur in Hamburg, sondern an unterschiedlichen Orten weltweit durchgeführt und analysiert. Nächster Schritt ist der Betrieb im Mischverkehr, das heißt autonom parkende Fahrzeuge sollen sich in denselben Parkhausbereichen wie Autos mit Fahrer fortbewegen.
Autos reden mit Ampeln
Das Pilotprojekt zum autonomen Parken zeige auf, in welche Richtung sich in den kommenden Jahren die innovativen Parklösungen für Bürger in Hamburg entwickeln würden und wie sie auf den Verkehr in der Stadt übertragen werden könnten, so Frank Horch, Hamburger Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Das Parken ist aber nur ein erster Schritt zu einer veränderten Mobilität. Noch in diesem Jahr erprobt VW in Hamburg ein V2X-Verfahren. Dabei kommunizieren Fahrzeuge direkt mit Ampeln, um den Verkehrsfluss zu optimieren.
Zudem nimmt MOIA, das neue Mobilitätsunternehmen im Volkswagen Konzern, Ende 2018 seinen Betrieb in Hamburg auf. Der Shuttle-on-Demand-Service startet mit umweltfreundlichen Elektrofahrzeugen, die den öffentlichen Nahverkehr ergänzen und eine Alternative zum privaten Pkw bieten. In Hannover startete die 2016 gegründete VW-Tochter Moia mit ihrem Ridepooling-Angebot kürzlich bereits den Regelbetrieb.
Hamburg setzt auf autonomen Nahverkehr
MAN, an der Volkswagen die Mehrheit hält, wird ab 2019 autonome Lkw im Hamburger Hafen und auf ausgewählten Autobahnabschnitten testen. Der ÖPNV wird ebenfalls fahrerlos. Unweit der berühmten Elbphilharmonie in der HafenCity sollen autonome Busse Fahrgäste auf einer 3,6 Kilometer langen Strecke transportieren. Eine Vision der Hamburger Hochbahn, die bereits 2021 Realität werden soll.
„Autonom fahrende Fahrzeuge werden die Mobilität von morgen prägen“, ist Henrik Falk, Vorstandsvorsitzender der Hochbahn, überzeugt. 5,2 Millionen Euro kostet das innovative Projekt, wovon 2,7 Millionen Euro vom Bundesumweltministerium getragen werden. Falk sieht in den autonom fahrenden Bussen eine Chance, um attraktive Angebote zu entwickeln, die die private Pkw-Nutzung in den Innenstädten in Zukunft komplett überflüssig macht. „Gemeinsam mit unseren Partnern stoßen wir hier eine Tür zu innovativen Lösungen auf.“
Anfang 2019 starten die Probefahrten. Allerdings noch ohne Fahrgäste, dafür mit einem Fahrzeugbegleiter, der notfalls eingreift. Erst in einem nächsten Schritt dürfen auch Personen in den E-Bus einsteigen.