Graslandschaften und große Seen in der Sahara? Das klingt aus heutiger Sicht unvorstellbar. Eine Klimastudie in der Fachzeitschrift „Sciene“ stellt nun das Gegenteil vor: Wüstenregionen in Nordafrika könnten teilweise wieder grün werden. Helfen sollen dabei erneuerbare Energien.

Die Forscher Yan Li, Safa Motesharrei und Eugenia Kalnay von der University of Maryland modellierten dazu einen gleichmäßigen Ausbau von Wind- und Photovoltaikanlagen in der Sahara und Sahelzone. Die Solarmodule dunkeln die sonst helle Oberfläche der Wüste ab. Dadurch reflektiert die Erdoberfläche an diesen Stellen weniger Sonnenstrahlen als bisher. Das heizt die unteren Luftschichten auf: Die Luft wird wärmer und steigt nach oben. Dort kühlt sie wieder ab und Wolken entstehen.

Ähnliches Spiel bei den Windkraftanlagen: Sie bremsen den Wind ab und durchmischen die Luftschichten, wodurch die Temperaturen am Boden etwas höher bleiben. Wenn diese warme Luft dann aufsteigt und wieder abkühlt, entstehen ebenfalls Wolken.

Technische Bepflanzung für die Wüste

Die Folge: Die Temperaturen am Boden würden um rund zwei Grad leicht ansteigen – aber auch der Niederschlag könnte zunehmen. Zu diesem Ergebnis kamen bereits frühere Studien. Neu ist der Blick auf die Vegetation: Wenn es regelmäßig mehr regnet, können Pflanzen wachsen. Sie verdunkeln die Erdoberfläche noch weiter, machen sie noch rauer und bremsen auch den Wind ab.

Wie durch die Solaranlagen wird die Luft am Boden so wärmer. Außerdem verdunstet Wasser aus den Pflanzen, wodurch sich Feuchtigkeit bildet. Durch beides bilden sich Wolken und es regnet noch mehr.

Auf zehn bis 15 Prozent der heutigen Wüstenfläche könnte so wieder Graslandschaft entstehen. In der häufig von Dürreperioden heimgesuchten Sahelzone könnten sich die Niederschläge laut den Forschern sogar auf 200 bis 500 Liter pro Quadratmeter im Jahr verdoppeln.

Experten halten das durchaus für plausibel. „Einige Modelle aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass durch die Erderwärmung Monsunregen in der Sahara entstehen kann“, sagt Anders Levermann, Professor für Dynamik des Klimasystems am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Die Vision: Grüne Landschaft und Ökostrom

Für die Sahara wäre das nicht neu: Alle paar tausend Jahre wechselte sie ihr Klima. Mal war die Region eine grüne Graslandschaft, dann wieder Wüste. Für die Grünphasen sorgte der Monsunregen. Doch im Laufe der Jahrhunderte änderte sich das Klima durch verschiedene Einflüsse immer wieder und der Monsunregen fiel zeitweise aus. Heute ist die Sahara mit 4.300 Sonnenstunden im Jahr eine der trockensten Regionen der Welt.

Das macht die Wüste mehr als interessant für die Energiegewinnung. Schon lange wollen Forscher und Unternehmen dort Solaranlagen aufstellen und günstig Ökostrom erzeugen. Eine Wüstenfläche von 300 x 300 Kilometern soll ausreichen, um die ganze Welt mit Strom aus Photovoltaikanlagen zu versorgen, berechnete das Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt vor einigen Jahren. Eines der größten Projekte in der Vergangenheit war Desertec: Durch Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung sollte der Ökostrom aus den Solarkraftwerken in der Wüste unter anderem bis nach Europa weitergeleitet werden.

Mittlerweile liegen die Pläne von Desertec aus mehreren Gründen auf Eis. Ein Ableger der Initiative berät seitdem in Dubai ähnliche Projekte in Nordafrika und dem Nahen Osten. Dabei wäre es technisch und wirtschaftlich sogar möglich und eine Win-win-Situation gewesen: Die erneuerbaren Energiequellen produzieren Ökostrom und bekämpfen gleichzeitig den Wassermangel in der Region. Soweit zumindest die Theorie.

Der Traum bleibt ein Traum

Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. „Vegetationsveränderungen brauchen mehrere Jahre und passieren nur, wenn sie nicht durch menschliche Aktivitäten wie Überweidung beeinflusst werden“, erklärt Axel Kleidon vom Max-Planck-Institut der Biogeochemie in Jena. Die rund 30 Millionen Bewohner der extrem trockenen Zone leben aber gerade von der Viehhaltung. Alternativen gibt es für sie nicht. Sie dürften einen flächendeckenden Ausbau von Wind- und Solaranlagen auf ihrem Landbesitz daher ablehnen. Gleichzeitig gilt die Region als eine der ärmsten Regionen der Welt mit einem enormen Bevölkerungswachstum und hohem Konfliktpotenzial.

Außerdem bemängeln einige Experten die vereinfachten Bedingungen des Modells. „Der Aufsatz ist eine rein akademische Studie, die leider soziologische, ökonomische und rechtliche Aspekte ausblendet“, sagt Martin Claußen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg.

Die Träume vom Ökostrom aus der Wüste versanden aber nicht komplett: Unter anderem in Ägypten, Abu Dhabi, Marokko, Tunesien und Saudi-Arabien entstehen gerade großflächige Solarkraftwerke. Einige davon sollen auch Europa in Zukunft mit Wüstenstrom versorgen.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert