Für Guido Kahlen war eine Prognose entscheidend: Wie viele Tonnen CO2 werden er und seine Frau einsparen, wenn sie eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach ihres Einfamilienhauses in Bonn installieren? Fachleute, die sie befragten, schätzten: Bis zu 6,2 Tonnen im Jahr. Der Umwelt und ihren drei Enkelkindern zuliebe. Seit sie im Frühjahr eine Anlage mit 9,9 Kilowatt-Peak (kWp) auf ihrem Hausdach in Betrieb genommen haben, beobachten sie auf einem Tablet oder dem Handy die Anzeige, die ihnen am Ende eines Tages zeigt, wie viel Kohlendioxid sie bereits dem Klima erspart haben. Und die Prognose scheint sich zu bewahrheiten: Nach vier Monaten sind es bereits knapp 3,5 Tonnen.

Beraten wurde der 71-Jährige Hausbesitzer von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Inzwischen produzieren die Eheleute Kahlen mit ihrer rund 55 Quadratmeter großen Solaranlage mehr Strom als sie selbst verbrauchen: Nur etwa 21 Prozent der mit Hilfe der Sonne bis Ende Juni produzierten Strommenge von etwa 4900 Kilowattstunden nutzten sie selbst – den Rest speisen sie in das Netz ein.

Weltweit setzen zunehmend Menschen auf regenerative Solar-Energie. Die Branche wächst. Nicht nur in Deutschland ist der Trend erkennbar, wie neue Daten zeigen: Global hat die Fotovoltaik-Leistung von 2018 auf 2019 um 115 Gigawatt zugenommen. In Summe wurde noch nie so viel Leistung installiert wie im vergangenen Jahr. Insgesamt sind es bereits 627 Gigawatt, hat die Plattform Kryptoszene.de ermittelt.

Großteil der Solaranlagen auf Hausdächern

In Deutschland gibt es große Unterschiede zwischen den Regionen. Allein in Bayern werden momentan rund 28 Prozent der bundesweiten Fotovoltaik-Leistung erzielt. Gefolgt von Baden-Württemberg mit rund 13 und Nordrhein-Westfalen mit rund 11 Prozent der Gesamtleistung. Nach Schätzungen der Verbraucherzentrale NRW sind etwa 80 Prozent aller Solar-Anlagen hierzulande auf den Dächern von privaten Häusern installiert. Deren Leistung mache aber nur geschätzt 20 Prozent der installierten Gesamtleistung aus, da große Freiflächen-Anlagen oder Hallendächer ungleich höhere installierte Leistungen aufbereiten könnten.

Die Solaranlage auf dem Dach der Kahlens fördert die Bundesregierung. Das ist im Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EGG) so vorgesehen: Für Solarstrom, den sie aus ihrer Fotovoltaik-Anlage in das öffentliche Netz einspeisen, erhält das Ehepaar die sogenannte Einspeisevergütung. Konstant in gleicher Höhe über 20 Jahre hinweg.

Guido Kahlen hat seine Anlage am 04. Dezember 2019 installieren lassen. Dieser Stichtag liefert die Grundlage für die Berechnung der Vergütung. Allein bis Ende Juni hat er nach eigener Rechnung mitsamt ersparter Stromkosten etwa 630 Euro Gewinn gemacht.

Wann sich die Vergütung lohnt

Das Problem ist nur: Wenn in einem Zeitraum relativ viele Anlagen neu installiert werden, sinken die Vergütungen für die neuen Betreiber. Das sei einer der Gründe dafür, dass sich die Montage von Solaranlagen mit weniger als vier kWp bei geringem bis moderatem Stromverbrauch kaum mehr rechne, beklagt die Verbraucherzentrale NRW. Denn um auf 4 kWp Leistung zu kommen, sind etwa 20 bis 25 Quadratmeter freie Dachfläche nötig. Aber erst ab 5 kWp beginne sich die Installation zu rechnen. Die Verbraucherzentrale empfiehlt daher, wo immer möglich die komplette Dachfläche zu nutzen und mit Fotovoltaik-Modulen zu belegen.

Thomas Wennmacher von der Verbraucherzentrale NRW fordert: „Wenn viele kleine Beiträge weiterhin Teil der Energiewende sein sollen, muss der Mechanismus der sinkenden EEG-Vergütung auf den Prüfstand.“

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1 Kommentar

  1. Philipp H.

    Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Warum rechnen sich plötzlich große Anlagen wieder mehr, wenn doch bei kleinen Anlagen der Anteil des selbst genutzten Stroms höher ist? Was bekommt Herr Kahlen denn mit diesem Stichtag für die Einspeisung? Kurze Google-Recherche: 9,97 Cent/kWh.
    Meiner Meinung nach rechnen sich eher 5 kWp-Anlagen mit kleiner Batterie (2-3 kWh). Dann ist die Grundlast über Nacht abgedeckt und Kochen geht noch über die Batterie und nicht über das Netz (Strom der Anlage reicht bei einem Stunden-Peak ja nicht ohne Puffer).
    Und was auf jedes Dach sollte: Solare Wärmeerzeugung mit Heizungsunterstützung. Das ist pro kWh deutlich günstiger und bringt tatsächlich auch spürbar niedrigere Nebenkosten.

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