Die Corona-Seuche ebbt ab, die Temperaturen steigen, die Lebensfreude kehrt zurück. Nun rollen sie auch wieder – die Elektroroller von Lime, Tier, VOI, Circ und wie sie alle heißen. Und nach dem monatelangen Lockdown kommen jetzt sogar noch einige neue Sharing-Anbieter hinzu. Dott aus den Niederlanden etwa oder Hive aus Irland. Oder Spin aus den USA: Das Tochterunternehmen der Ford Motor Company verleiht seit wenigen Tagen in Köln und Bonn, Essen, Dortmund und Herne E-Scooter vom Typ Segway Ninebot. Der Fahrpreis beträgt 30 Cent pro Minute und liegt damit deutlich höher als bei den meisten Wettbewerbern, die zwischen 19 und 25 Cent pro Minute Fahrzeit aufrufen. Dafür entfällt bei Spin die Unlock- oder Aktivierungsgebühr.
„Dieses Preismodell gibt Scooter-Fahrern die Möglichkeit, einfach und kostengünstig mehrere Ziele innerhalb eines bestimmten Zeitraums anzusteuern“, wirbt Hendrik Büchner, der Regionalmanager für das Rheinland, für das Tarifmodell des Newcomers. Im ersten Jahr nach der Zulassung der E-Scooter im deutschen Straßenverkehr arbeitete er noch für Circ – nun will er mit der Unterstützung von Ford versuchen, Lücken im öffentlichen Nahverkehr zu schließen und mit Micromobilitäts-Angeboten auch in den Vorstädten zu einer Reduzierung des Autoverkehrs in den Ballungszentren beizutragen.
Die Hype hat sich erst einmal gelegt
Der Hype um die E-Roller hat sich inzwischen zwar gelegt. Entgegen der Erwartungen, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bei der Verabschiedung der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) im Juni vergangenen Jahres schürte, haben die stylishen Tretroller bislang wenig zur Verkehrswende beigetragen. „E-Scooter sind im Vergleich zum Pkw zwar eine nachhaltigere Mobilitätsoption, aber bei weitem nicht so umweltfreundlich wie das Fahrrad“, befand der ADAC nach einer eingehenden Verkehrsanalyse. In einigen Großstädten, in denen im vergangenen Jahr oft gleich mehrere Sharinganbieter an den Start gingen, sank die Akzeptanz, weil die Tretroller zeitweise wahllos über das Stadtgebiet verteilt wurden, Parkplätze und teilweise auch Gehwege blockierten. Es kam zu zahlreichen Verkehrsunfällen mit Beteiligung von E-Scootern und zahlreichen Fällen von Vandalismus.
Spin hat aus den Fehlern der Wettbewerber im ersten Jahr nach Inkrafttreten der eKFV am 15. Juni vergangenen Jahres gelernt: „Für Spin hat es oberste Priorität, die Richtlinien der Stadtverwaltungen genau einzuhalten“, sagt Büchner. Bloß keinen Ärger bereiten, lautet die Devise. So startet man in Köln, wo heute bereits rund 4000 Roller verkehren, zunächst nur mit einer „niedrigen vierstelligen Zahl“ von Scootern, um erst einmal Erfahrungen zu sammeln. Mit Hilfe einer speziellen Software werden die Scooter permanent getrackt. Es ist dadurch weder möglich, schneller als mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h zu fahren noch den Roller nach Ende der Fahrt in einer Parkverbotszone abzustellen.
E-Roller zum Leihen auch in Vororten
Und während sich die Wettbewerber meist nur auf die Innenstadt konzentrieren, will Spin beispielsweise auch in den rechtsrheinischen Außenbezirken Fahrzeuge platzieren. Dort sollen sie unter anderem Zubringerdienste für die Straßenbahnlinien übernehmen.
Und noch in anderer Hinsicht geht der Newcomer aus den USA eigene Wege: Freiberufliche „Juicer“ werden nicht beschäftigt. Das Wiederaufladen, Neuverteilen der Fahrzeuge über das Geschäftsgebiet („Balancen“) sowie – ganz wichtig in Postcorona-Zeiten – das Desinfizieren der Roller – übernehmen eigene Mitarbeiter. Auf diese Weise sollen die Scooter länger im Einsatz bleiben als bei der Konkurrenz. Kalkuliert wird mit einer Lebensdauer von zwölf Monaten und einer Laufleistung von rund 10000 Kilometern. Und das Ganze bei bis zu vier „Turns“ (Einsätzen) pro Tag.
Und danach? „Werden die Roller erst ausgeschlachtet, dann recycelt“, verspricht Büchner. Mittelfristig will Spin aber auch nicht nur E-Tretroller anbieten. Angedacht ist auch der Verleih von Fahrrädern und Autos über die Sharing-Plattform.
Mit einem Autohersteller im Rücken sollte das kein Problem sein.