Martin Daum, der Vorstandschef der Daimler Truck AG, hat das neue Fahrgefühl bereits vor einigen Wochen in den USA erleben dürfen. Am Steuer eines vollbeladenen 40-Tonners mit Brennstoffzellen-Antriebs. Wo und wie genau, verrät er nicht. Aber die Erinnerung daran lässt ihn lächeln und schwärmen: „Die Leistungsentfaltung war wahnsinnig.“

In drei Jahren sollen Kunden von Mercedes-Benz, sollen Fernfahrer großer Speditionen, das Erlebnis nachvollziehen können: Am Steuer eines Wasserstoff-getriebenen GenH2-Trucks mit bis zu 330 kW (448 PS) Leistung und etwa 1000 Kilometer Reichweite. Auf einer (virtuellen) Pressekonferenz in Berlin erlebte am Mittwoch (16. September) die futuristisch gestylte Zugmaschine als Konzeptfahrzeug ihre Weltpremiere. „In der zweiten Dekade“, also ab etwa 2025, werde das Fahrzeug in Serienproduktion gehen, versprach Daum.

Erprobung braucht zwei Winter

„Wir haben alle Elemente, was wir brauchen, um ein solches Fahrzeug in eine Serienproduktion zu bringen“, erklärte der Truck-Chef. Aber die Kunden erwarteten, dass die Fahrzeuge eine Million Kilometer problemlos bewältigen können. Um das sicherstellen zu können, brauche ein Laster in der Erprobung wenigstens zwei Winter: „Im ersten Winter geht erfahrungsgemäß viel kaputt. Und erst im zweiten Winter sieht man, ob die Verbesserungsmaßnahmen wirken.“

Schöner Rücken
In der Rückwand der Fahrerkabine sind im GenH2-Konzeptfahrzeug Leistungselektronik und Hochleistungs-Akkus mit 70 Kilowattstunden Kapazität verbaut. Foto: Daimler

Zudem, so ließ er durchblicken, seien noch ein paar Arbeiten an der Brennstoffzelle erforderlich. Technisch sei sie zwar „fertig“, also funktionsfähig, aber noch nicht „serientauglich“, da noch zu teuer in der Herstellung. Erst wie die Produktion so günstig sei „wie Brezelbacken“, könne man grünes Licht für eine Fertigung in großen Stückzahlen. Die Kooperation mit Volvo Trucks und die Gründung der gemeinsamen Brennstoffzellen GmbH soll hier die notwendigen Synergien bringen und auch die Stückzahlen, die erforderlich sind, um aus dem Brennstoffzellen-Laster über große Stückzahlen ein ordentliches Geschäft zu machen.

Der GenH2-Truck ist deshalb auch nur eine Säule in der Strategie von Daimler, um den Straßengüterverkehr in den so genannten Triade-Märkten (Europa, Nordamerika, Ostasien) klimaneutral zu machen. Die beiden anderen Säulen bilden batterieelektrische Antriebe. Schon im kommenden Jahr soll der e-Actros für den urbanen Verteilerverkehr in den Handel kommen, mit einer Reichweite von deutlich über 200 Kilometer. 2024 soll dann eine Langstreckenversion des e-Actros mit einer Reichweite von etwa 500 Kilometern folgen.

Laut Daum haben beide Antriebskonzepte ihre Berechtigung: Je leichter die Beladung, je kürzer die Distanz und umso planbarer die Strecke, desto mehr mache die Speicherung der Energie in einer Batterie Sinn. Wobei: Auch der GenH2-Truck hat einen Hochleistungs-Akku mit einer Speicherkapazität von 70 Kilowattstunden (kWh) an Bord. Dieser sei nötig, um einen dynamischen wie konstanten Fahrbetrieb auch in bergigen Regionen darstellen zu können, erläuterte Entwicklungschef Sven Ennerst.

Wie er auf Anfrage erklärte, könne dieses Antriebskonzept durchaus auch in einem schweren Pkw Sinn machen. Mercedes hatte die Produktion einer Kleinserie des GLC F-Cell zwar im Frühjahr eingestellt. Aber, so Ennerst, „das Wissen über die Technik ist ja nicht verloren.“ Wenn sich der Markt für Autos mit dieser Antriebstechnologie öffne, „können wir sofort reagieren“.

„Funktioniert nur mit grünem Wasserstoff“

Bis 2025 ist allerdings nicht nur an den Fahrzeugen noch einiges an Entwicklungsarbeit zu leisten. Auch die Rahmenbedingungen müssten sich noch verbessern, mahnte Daum während der Veranstaltung, an der auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sowie VDA-Präsidentin Hildegard Müller teilnahmen. Das Netz an Wasserstoff-Tankstellen müsse europaweit vergrößert und verdichtet werden. Auch seien große Anstrengungen erforderlich, damit den Speditionen in ausreichenden Mengen grüner Wasserstoff zur Verfügung steht: „Mit grauem Wasserstoff würden wir mehr statt weniger Kohlendioxid in die Luft blasen – da bleiben wir dann besser beim Diesel.“

Die Zukunft des Straßengüterverkehrs
Mit dem batteriegetriebenen e-Actros (links) und seiner Langstreckenausgabe (Mitte) sowie dem Brennstoffzellen-Truck GenH2 (rechts) sieht sich Daimler Trucks gut gerüstet für einen klimaneutralen Straßengüterverkehr. Dieselvarianten soll es künftig nur noch auf speziellen Märkten und für spezielle Anwendungen geben. Foto: Daimler

Und damit sich die alternativen Antriebe für die Nutzer rechnen, müssten die Rahmenbedingungen für den Betrieb geändert werden. Wasserstoff sei deutlich teurer als Dieselkraftstoff. Der Daimler-vorstand forderte deshalb Verkehrsminister Scheuer auf, sich für eine Reform der Lkw-Maut in Europa einzusetzen: Statt am Stickoxid-Ausstoß des Fahrzeugs müsse sich diese in Zukunft allein an den CO2-Emissionen orientieren.

Und noch eine klare Botschaft sandte Daum aus: „Oberleitungs-Lkw sind Blödsinn.“ Die Versuche in Hessen und Schleswig-Holstein könne man sich sparen. Da hatte der Verkehrsminister allerdings den Saal schon verlassen.

Artikel teilen

1 Kommentar

  1. ManLeo

    Ziemlich aerodynmaisch ^^

    Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert