Marketing können sie bei Apple. Eine Weiterentwicklung eines Gerätes oder einer Software ist nicht einfach nur eine Evolution oder die nächste Generation. Das wäre für die Truppe aus Cupertino zu gewöhnlich. „Ultra“ klingt da schon deutlich cooler und vielversprechender. Ein Beispiel ist die leistungsstärkste Apple Watch, die „Ultra“ heißt. Bei Apple CarPlay ist es identisch: Der nächste Entwicklungsschritt ist ebenfalls mit dem Zusatz „Ultra“ versehen. Das weckt natürlich Erwartungen. Schließlich peppt Apples Smartphone-Lösung CarPlay schon seit einiger Zeit in die Jahre gekommene Automobil-Infotainmentsysteme auf. Einfach das iPhone anschließen – und schon befinden sich die wichtigsten Apps auf dem Touchscreen. Das langwierige Herumirren in den Tiefen der Infotainment-Menüs gehört damit der Vergangenheit an.

Auch die Klimaanlage im Aston Martin DBX wird künftig durch Apple Car Play Ultra gesteuert. Fotos: Aston Martin/Apple
An diesem erfolgreichen Prinzip des Apple CarPlay ändert auch die Ultra-Version nichts, die nun im Aston Martin DBX ihre Premiere feiert. Allerdings bietet die jetzt deutlich mehr. Zum Beispiel kann der Fahrer jetzt nicht nur den zentralen Touchscreen anpassen, sondern auch das digitale 10,25-Zoll-Kombiinstrument definieren. Von der klassischen Drehzahl- und Tacho-Kombination bis hin zur Volldarstellung der Navigationskarte sind verschiedene Grafiken möglich. Auch die Klimaanlage wird per Touchscreen gesteuert. Wer möchte, kann noch einige andere Widgets vom iPhone auf dem Homescreen hinzufügen. Visuelle Themen- und Farbkombinationen nach eigenem Gusto sind ebenfalls möglich. Allerdings keine Fotos als Hintergrund (Wallpaper). „Da könnten wir Probleme mit dem Kontrast bekommen“, erklärt Michael Wanzeck, Head of Cockpit & Digital Experience bei Aston Martin.
Apple hilft Aston Martin auf die Sprünge
Für den britischen Autobauer ist die Möglichkeit, sich mit Apple zusammenzutun, ein Segen. So ansehnlich die Autos auch sind, so altbacken ist auch das Infotainment-System. Offenbar ist Apple auch an andere Automobilhersteller herangetreten. Einige haben abgewunken, andere dürften freudig zugreifen. Während BMW und Mercedes viel Zeit und Geld in das eigene Infotainmentsystem investiert haben und zu tiefe Eingriffe in die Fahrzeugarchitektur fürchten, werden sich Ford und einige Marken aus dem Stellantis-Konzern das Konzept aus Kalifornien ziemlich genau anschauen.

Mit einem Druck auf eine Taste auf der Mittelkonsole wird das Fahrassistenz-Menü aktiviert.
Zumal es kostenlos ist, da Apple nur den eigenen Geräte-Kosmos ins Auto bringen will, um die Kunden zu binden. Wie das aussieht, merkt man, wenn man die einiges aus der Apple-Produktpalette mit sich führt. Zu den beiden Bildschirmen im Auto kommen dann noch zwei weitere dazu: das iPhone und die Apple Watch. Am besten die Version Ultra 2, versteht sich.
Vor zweieinhalb Jahren begannen Apple und Aston Martin mit der Entwicklung. „Die kamen in Heerscharen“, erinnert sich Michael Wanzeck an den Einsatz der Apple-Entwickler. Die Spezialisten aus Cupertino nahmen die CarPlay-Erweiterung definitiv nicht auf die leichte Schulter. Allerdings gaben sie auch die Richtung vor. Das merkt man, wenn man das CarPlay Ultra im Alltagsverkehr testet.
Menü in iPhone-Grafik
Für Apple-Kenner ist die Bedienung des Infotainments kein Problem. Auf dem Touchscreen wischt und tippt man, am Lenkrad nutzt man das rechte Bedienfeld, um das digitale Cockpit zu einzustellen. Nicht nur das: Mit einem Druck auf einen Knopf in der Mittelkonsole erscheint das Fahrassistenten-Menü in der typischen iPhone-Grafik. Die Bedienlogik entspricht der der Apple-Geräte und die einzelnen Punkte können mit einer Fingerbewegung deaktiviert werden.
Die Symbiose aus iPhone und Auto ist charmant, aber auch die Apple-Welt ist nicht ganz ohne Schwächen. Sofern man nicht auf die Sprachsteuerung per Siri setzt, bleibt das Smartphone das zentrale Eingabegerät. Anders als das bei klassischen Infotainmentsystemen, bei denen die Bedienung über den Touchscreen erfolgt, was bei der Aston-Martin-Klientel die bevorzugte Vorgehensweise sein dürfte.

Im Kombiinstrument können verschiedene Grafiken angezeigt werden und die Anzeigen nach Gusto des Fahrers eingerichtet werden.
Das Festlegen der Navigations-Parametern, wie etwa „Autobahnen vermeiden“ erfolgt nicht per Touchscreen, sondern nur am Handy. Immerhin kann der Fahrer das automatische Hineinzoomen der Navigationsroute aktivieren. Allerdings lediglich auf einem Bildschirm. Entweder auf dem großen Display oder dem digitalen Cockpit. Auf dem anderen Monitor ist dann nur die Übersicht der gesamten Route zu sehen. Das bedeutet aber auch, dass man vom Handy abhängig ist. Wenn Apple die neueste Version des Betriebssystems verlangt oder eine iPhone-Generation bei CarPlay Ultra nicht mehr unterstützt, ist man zum Handeln gezwungen.
Google Maps bleibt erst einmal außen vor
Google Maps wird bei CarPlay Ultra aktuell nicht angezeigt. Das liegt aber nicht an Apple oder Aston Martin, sondern an Google selbst. Interessanterweise funktioniert es bei der Navigations-App Waze, die ebenfalls zu Google gehört. Apropos: Was machen eigentlich die Aston-Martin-Fahrer, die ein Android-Handy nutzen? „Die können auf das native Infotainment zurückgreifen“, beruhigt Michael Wanzeck. Allerdings sind die Fans des britischen Autobauers auch zum großen Teil Apple-Aficionados. Wanzeck beziffert den Anteil der Aston-Martin-Fahrer, die Android-Telefone benutzen, nur auf fünf bis acht Prozent.

Im Luxus-SUV erlebt das Betriebssystem Apple CarPlay Ultra seine USA-Premiere, in Europa geht es im August mit dem Volante los.
Manche Automobilhersteller haben ein flaues Gefühl im Magen, wenn Apple die Steuerung des Infotainments übernimmt. CarPlay Ultra nutzt die vorhandene Infotainment-Architektur sowie bestehende Schnittstellen beziehungsweise Verbindungen zum Fahrzeug. Für die Grafiken im Kombiinstrument werden die vorhandenen Prozessorkerne genutzt.
Start in Europa im August
Das wirft die Frage nach der Cybersicherheit auf. Schließlich ist jeder angeschlossene Computer ein mögliches Einfallstor für Hacker. Grundsätzlich gilt der geschlossene Apple-Kosmos als ziemlich sicher. Doch selbst die IT-Trutzburg aus Cupertino ist nicht per se uneinnehmbar. Aston Martin ergreift deshalb selbst Schutzmaßnahmen, nutzt zum Beispiel Verschlüsselungstechnologien und prüft kontinuierlich ob Cyberattacken auf das Fahrzeug stattfinden.
Wann kommt CarPlay Ultra in die Autos? In den USA wird das System in diesen Monat eingeführt (wir haben CarPlay Ultra in einem DBX getestet) genutzt und dann sukzessive ausgerollt. In Europa geht es im August zusammen mit dem Vanquish Volante los, ehe die übrigen Modelle folgen. Wichtig ist, dass Aston Martin eine Nachrüstlösung anbietet, die den vollen Funktionsumfang bietet.