Sind wir gleich zu Beginn doch mal ehrlich: Das händische Betätigen eines Lichtschalters, das Auf- und Abdrehen eines Heizkörpers und auch das Öffnen und Schließen der Rollläden ist für die meisten Menschen ohne Weiteres machbar. Auch den Fernseher über Knöpfe am Gerät zu steuern statt über die Fernbedienung, wäre möglich. Wir möchten es nur nicht.

Genauso wenig möchten meine Frau und ich jeden Morgen und Abend zwei Minuten damit zubringen, die elf Rollläden in unserem Haus zu öffnen oder zu schließen. Immerhin kämen dabei übers Jahr rund 24 Stunden zusammen. Solche kleinen Handgriffe lasse ich daher mein „Smart Home“ übernehmen. Ich spare dadurch nicht nur Zeit und Energie, sondern erhöhe auch noch signifikant meinen Wohnkomfort.

Licht und Sonne auf Knopfdruck
Das automatische Öffnen und Schließen der Rolläden bringt über die Jahre schon eine enorme Zeitersparnis. Foto: Hunter Douglas
Licht und Sonne auf Knopfdruck
Das automatische Öffnen und Schließen der Rolläden bringt über die Jahre schon eine enorme Zeitersparnis. Foto: Hunter Douglas

Vor zwölf Jahren hatte ich meinen ersten Berührungspunkt mit dem Thema „Smart Home“. Mittlerweile baue und verfeinere ich mein eigenes smartes Zuhause seit gut neun Jahren.

Ich habe um die 6.000 Euro und unzählige Arbeitsstunden in das Haus gesteckt. Rollos, Heizkörper, Beleuchtung, Tore, Türen, Aquarien, Gartenbewässerung, Ventilatoren, Steckdosen, diverse Küchengeräte und und und … Alles, was nur irgendwie ging, wurde von mir im Laufe der Zeit smartifiziert.

Ende 2014 schrieb ich: Das vernetzte Zuhause wird nie fertig. Inzwischen hat sich bei mir der Trend aber umgekehrt: In den letzten Monaten habe ich einige smarte Funktionen gezielt wieder zurückgebaut. Und wenn ich über Erweiterungen nachdenke, überlege ich mir das inzwischen dreimal. Denn nicht alles, was geht, ist auch wirklich sinnvoll.

Von der schaltbaren Funksteckdose bis heute

Begonnen hat alles wie gesagt vor gut zwölf Jahren: im Elternhaus mit schaltbaren Funksteckdosen im Kinderzimmer. Damit konnte ich eine Stehlampe per Fernbedienung ein- und ausschalten. Dieses einfache und nicht wirklich smarte Set aus dem Baumarkt war der Ausgangspunkt für alles, was danach folgte.

Beim Bezug eines Einfamilienhauses im Winter 2012 ging es dann richtig los: Relativ früh wurden Garagentore, Rollläden, Heizkörper und ein paar vereinzelte Leuchten smartifiziert. Durch mein neues Hobby wurde auch meine Leidenschaft rund um das Thema Smartes Wohnen stetig vertieft.

Die ersten smarten Gehversuche startete ich mit „Homematic„, einem relativ weit verbreiteten System auf Funkbasis. Das funktionierte so weit auch wirklich gut. Wie das aber oft so ist: Mit der Zeit wächst der Anspruch. Und man findet in Foren und auf Webseiten immer neue Ideen, was man noch umsetzen könnte.

So geriet mein eingesetztes System trotz der verhältnismäßig großen Auswahl an Geräten mit der Zeit an seine Grenzen. Es gab Anwendungsfälle, für die es zum damaligen Zeitpunkt entweder keine vernünftige Lösung gab oder bei denen der finanzielle Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen gestanden hätte.

Kein Smart-Home-Anbieter kann alles

So hätte das Ausrüsten aller Fenster mit Sensoren damals über 500 Euro gekostet. Für Bewegungsmelder und smarte Lichtschalter wären über 2.000 Euro dazugekommen, wobei nicht einmal eine Dimmfunktion dabei gewesen wäre. Das wäre noch mal einige hundert Euro teurer geworden. Für die Gartenbewässerung oder die Erfassung von Verbrauchsdaten am Stromzähler gab es zum damaligen Zeitpunkt noch gar keine fertigen Lösungsansätze eines Herstellers.

Ich sah mich also nach Alternativen um und landete fast zwangsläufig bei der Software CCU.IO. Aus dieser ist die heute weit verbreitete Softwarelösung ioBroker entstanden, die ich auch einsetze. Diese Lösung ermöglicht es, mithilfe sogenannter Adapter verschiedene Technologien und Systeme so zu vereinen, dass sie sich untereinander verständlich machen können.

Fast alles im Griff
Die ersten smarten Gehversuche startete ich mit "Homematic", einem relativ weit verbreiteten System auf Funkbasis. Das funktionierte so weit auch wirklich gut. Aber mit der Zeit wuchsen die Wünsche und Ansprüche Foto: Homematic
Fast alles im Griff
Die ersten smarten Gehversuche startete ich mit „Homematic“, einem relativ weit verbreiteten System auf Funkbasis. Das funktionierte so weit auch wirklich gut. Aber mit der Zeit wuchsen die Wünsche und Ansprüche Foto: Homematic

Hier ein einfaches Beispiel: Die smarte Glühbirne weiß, dass gerade mein Garagentor geöffnet wurde und es draußen dunkel ist. Also schaltet sie sich ein, um die Garage zu beleuchten. Und das völlig unabhängig davon, ob der Sensor am Garagentor vom selben Hersteller ist oder es sich um einen billigen 5-Euro-Sensor handelt. Jeder, der auf die Komponenten eines einzelnen Herstellers angewiesen ist, kann verstehen, was dies für einen enormen Mehrwert bedeutet.

Auswahl vervielfachte sich mit einem Schlag.

Über die Jahre habe ich so einiges an Hardware von verschiedenen Herstellern ausprobiert und getestet. So habe ich mir zum Beispiel bei Heizungsaktoren diverse Modelle besorgt und sie getestet. Unterm Strich funktionierten natürlich alle. Neben der Funktion sind aber auch Optik, Haptik, Bedienung und natürlich die Zuverlässigkeit ein Thema. Ähnlich verhielt es sich mit smartem Leuchtmitteln oder Sensoren.

Mein Fazit ist jedoch recht eindeutig: Keiner kann alles, irgendein Anbieter kann immer einen bestimmten Bereich besser abbilden als andere und für einige Lösungen führt kaum ein Weg an Eigenbau vorbei.

Wenn es eine Lösung gibt, die noch am ehesten als Komplettlösung bezeichnet werden kann, dann ist es in meinen Augen KNX. Wer sich damit beschäftigt hat, weiß aber: Die Preise sind hier mitunter sehr hoch. In meinen Augen ist die beste Lösung in Sachen Preis-Leistung meist eine Kombination aus verschiedenen Systemen oder gar Technologien.

Ich machte mich daran, alles irgendwie zu smartifizieren

Hier kommt dann wieder der ioBroker ins Spiel. Die rasant wachsende Anwenderzahl scheint diese Annahme weitestgehend zu bestätigen. Die wachsenden Möglichkeiten mit ioBroker führten bei mir zunächst dazu, dass ich mich daran machte, alles irgendwie zu smartifizieren. Es wurde relativ zügig die Beleuchtung inklusive der Schalter umgerüstet, eine Lösung für die Gartenbewässerung erarbeitet und diverse Sensoren für Bewegung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Fensterstellung und Stromverbrauch angebracht. Ebenso zog eine Wetterstation im Garten ein.

Nach einer gewissen Zeit kamen auf diese Art etliche Geräte und ihre zugehörigen Datenpunkte zusammen. Ein Datenpunkt dient im ioBroker zur Auswertung von Zuständen oder zur Steuerung von Aktoren. Eine einzige smarte Glühbirne kann je nach Modell zum Beispiel schnell über zehn Datenpunkte bereitstellen, etwa Erreichbarkeit, Schaltzustand, Farbtemperatur und Helligkeit.

Sind smarte Aquarien echt nötig?

Da meine Installation sehr schnell wuchs und – aufgrund meiner damals nicht besonders strukturierten Vorgehensweise – die Verwaltung und Administration immer aufwendiger wurde, fing ich an, alles bis dahin Umgesetzte kritisch zu überdenken und meine Vorgehensweise und ioBroker-Verwaltung besser zu strukturieren. War es zum Beispiel wirklich notwendig, das Aquarium ins Smart Home zu integrieren?

Klar ist das möglich und natürlich wird es auch funktionieren. Aber was gewinnt man dadurch? Die Antwort fällt für den Smart-Home-Fan ernüchternd aus: Die Beleuchtung schaltet immer zu festen Zeiten, ebenso wird die Temperatur im Becken automatisch auf dem gewünschten Level gehalten – und zwar auch ganz ohne smart zu sein. Nur die Anzahl der Geräte im Smart Home steigt immer weiter an.

Zwölf Aktoren bringen keinen Mehrwert

Ich entschloss mich dazu, all die integrierten Lösungen, bei denen ich keinen Mehrwert sah, wieder zurückzubauen. Die eben erwähnten Aquarien wurden wieder mit konventioneller Technik ausgestattet. Allein für die drei Aquarien hatte ich jeweils drei Aktoren (CO2, Beleuchtung, Filter) und zusätzlich einen Sensor für die Wassertemperatur im Einsatz. Rückblickend also zwölf Aktoren und Sensoren, die keinen Mehrwert lieferten.

Auch wurde die Kaffeemaschine von der selbst gebastelten Smart-Home-Funktion erlöst. Damals konnte ich über meine Smart-Home-App den Brühvorgang starten. Klingt zwar schön, war in der Praxis aber dann doch recht sinnfrei. Das Haus konnte mir ja leider keine Tasse unter die Maschine stellen und ebenso wenig die gerade gewünschte Kaffeekapsel erreichen und einlegen.

Ferngesteuerte Unterwasserwelt
Für die drei Aquarien hatte ich jeweils drei Aktoren (CO2, Beleuchtung, Filter) und zusätzlich einen Sensor für die Wassertemperatur im Einsatz. Rückblickend also zwölf Aktoren und Sensoren - die keinen Mehrwert lieferten. Foto: Delbert Pagayona/unsplash
Ferngesteuerte Unterwasserwelt
Für die drei Aquarien hatte ich jeweils drei Aktoren (CO2, Beleuchtung, Filter) und zusätzlich einen Sensor für die Wassertemperatur im Einsatz. Rückblickend also zwölf Aktoren und Sensoren – die keinen Mehrwert lieferten. Foto: Delbert Pagayona/unsplash

Zusätzlich startete ich eine Aktion, um die Anzahl der Geräte weiter zu verringern. Ich prüfte, ob ich bestimmte Probleme nicht auch mit weniger Geräten lösen konnte. Im Gartenschuppen arbeiteten zum damaligen Zeitpunkt zum Beispiel ein Bewegungsmelder, eine Leuchte innen, eine Leuchte außen, ein Schalter (wieso eigentlich?) und fünf Aktoren für die Gartenbewässerung.

Heute hängt im Schuppen eine Lösung aus einem Mikrocontroller, einem Achtfach-Relais und ein paar günstigen Sensoren. Dieses eine Gerät kann alles, wofür ich vorher neun Geräte im Einsatz hatte, und hat außerdem deutlich weniger als die Hälfte der einzelnen Geräte gekostet.

Verschlankung reduziert den Wartungsaufwand

Mit solchen Maßnahmen konnte ich meine Installation nach und nach erheblich verschlanken und mir Einrichtungs- und Pflegeaufwand ersparen. Genau kann ich es nicht mehr sagen, aber verglichen mit dem Höhepunkt meiner Smart-Home-Umtriebigkeit werkeln heute bestimmt 20 bis 25 Prozent weniger Geräte bei mir zu Hause.

Und nach den Wochen der Einarbeitung und Konfigurierung am Anfang und den vielen Stunden Arbeit, die ich zu Beginn regelmäßig ins Smart Home stecken musste, weil ich mich erst mal in alles einarbeiten musste, kosten mich die Wartung und gelegentliche Neueinrichtungen jetzt im Schnitt nicht mehr als eine Stunde im Monat.

Auch musste ich einsehen, dass es zwar schön ist, die Möglichkeit zu haben, sämtliche Leuchten in allen Farben des Regenbogens erstrahlen zu lassen. Genauso unnötig ist es in den meisten Fällen allerdings auch. Ich kann mich nicht an ein einziges Mal erinnern, bei dem ich Deckenleuchten anders als warm- oder kaltweiß eingestellt habe. Manchmal ist weniger eben doch mehr.

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2 Kommentare

  1. David

    Hallo Herr Körnig,
    ich stelle die gesamte Aktion von Ihnen in Frage. Sie schreiben, nun nach dem Rückbau haben Sie ca. 1h im Monat gespart. Oben erwähnten Sie, daß Ihnen die 2Min. händische Rollobetätigung zu viel waren und Sie diese nun eingespart haben. Zu welchem Preis? Wie Sie sicherlich leicht ausrechnen können sind täglich 2Min. im Monat 1h. Wieviel Zeit haben Sie verschwendet, in der Sie mit Ihrer Frau und/oder mit Ihren Kindern etwas Schönes hätten unternehmen können. Wieviel Zeit, Ressourcen, Geld, Energie haben Sie verschwendet. Wieviel Kontrolle haben Sie gewonnen? Wofür?
    Nun sitzen Sie sicherlich an einer Lösung, um Ihre neu entstandene Angst vor Kompromittierung der Systeme entgegenzuwirken. Ich nenne es mal derb – ist es nicht idiotisch auf was Sie sich da eingelassen haben. Mein Vorschlag ist – schalten Sie alles ab und verschenken Sie es. Das dabei entstehende gute Gefühl ist ein Höhepunkt in diesem Tag. Genauso werden Sie viele Momente des echten Glücks erfahren, wenn Sie, wie oben erwähnt, wieder Zeit mit den Ihren verbringen. Und diese Zeit ist definitiv ANGSTFREI.
    Gehen Sie mal wieder raus – erfreuen Sie an der lachenden Sonnen und regenerieren Sie Ihre Ansichten und der Freude zum Leben und verplempern Sie nicht wertvolle Zeit mit Nebensächlichkeiten.
    Was antworten Sie auf dem Sterbebett, auf die Frage, was Sie mit Ihrem Leben getan haben?
    Oder kann ich davon ausgehen, das Sie ja nie auf einem solchem liegen werden, da Sie ja smart gesteuert im weltweiten Netz transhuman agieren und über mich lachen werden?

    Antworten
  2. Michael Schaaf

    Lieber Sascha,
    sehr schöner Artikel und in der Tendenz hast Du völlig recht.

    Auch wenn es pingelig erscheint und ich das Bestreben, dies Thema auch für Außenstehende verständlich wiederzugeben, durchaus anerkenne: Aber den Satz bzw. die Beschreibung „Die smarte Glühbirne weiß, dass gerade mein Garagentor geöffnet wurde und es draußen dunkel ist. Also schaltet sie sich ein, um die Garage zu beleuchten.“ kann man schnell missverstehen, denn die smarte Glühbirne ist zwar ansteuerbar, aber eben für sich selber genommen dumm. Und nicht sie weiß, dass das Garagentor geöffnet wurde, sondern höchstens dr ioBroker ist wissend, wenn man seine Datenpunkte als sein „Wissen“ verstehen möchte.

    Und: Du hast irgendwie auch den Schuppen „lean“ gemacht, hast weniger Arbeit für Wartung und ggfls Weiterentwicklung.
    Aber gerade am Beispiel Schuppen kann man das missverstehen und so eigentlich nicht stehenlassen: Du hast anscheinend aus 8 IoT-Geräten etwas Pflegeleichteres gemacht? Das ist ja nur scheinbar richtig, denn Du setzt nach Deinen eigenen Worten einen Mikrocontroller ein mit 8fach-Relais und ein paar günstige Sensoren. Wie schaltest Du die Lampen, die Gartenbewässerung, was messen die Sensoren? Oder mit anderen Worten: Aus einfachen und auf den ersten Blick auch nur dummen IoT-Geräten hast Du etwas Hochkomplexes gemacht – Du hast vermutlich einen Raspberry (oder einen einfacheren Mikrocontroller), musst ja irgendwie eine Steuerung haben, ein Programm oder etwas anderes, mit oder ohne Kommunikation zu übergeordneten Geräten… kurz: Aufwendiger in Erstellung und Pflege als nur eine simple Koppelung von Sensoren und anderen IoT-Geräten.
    Also das „verschlankt“ zu nennen, erscheint mir doch etwas übertrieben. Und für Otto-Normal, der sein SmartHome in ähnlicher Weise gerne smartifizieren möchte, ist das dann allemal zu hoch und zu aufwendig gegriffen.

    Also: Der Artikel an sich… schön geschrieben und im Ansatz ist der Gedanke „braucht’s das alles wirklich?“ nur zu unterschreiben. Aber im Detail kratzt Deine „Verschlankungsmaßnahme“ insbesondere am Schuppen doch nur an der Oberfläche: Du hast da „Schuppen 2.0“ geschaffen, schlanker als vorher, ja, aber IMHO eben doch aufweniger und komplizierter.

    Weiter eine schöne Zeit mit der Smartifizierung
    wünscht Dir
    mit lieben Grüße
    Michael

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