Bis auch die sprichwörtlich letzte „Milchkanne“ in Deutschland an das schnelle Internet angeschlossen sein wird, ist noch offen. „Das hängt auch davon ab, ob die Milchkanne Teil des Internets der Dinge werden soll oder einfach nur der Bauernhof einen Glasfaseranschluss erhält“, sagte Claudia Nemat, Telekom-Vorständin für Technologie und Innovation, auf dem virtuellen „Netze-Tag“ in Bonn. Aber das Unternehmen habe im ausgehenden Jahr den Netzausbau beschleunigt und über 70.000 Kilometer Glasfaser verlegt. Inzwischen zähle das deutsche Netz mehr als 650.000 Kilometer.
Und im kommenden Jahr werde man noch einmal „eine Schippe“ drauflegen, ergänzte Vorstandskollege Srini Gopalan. Die Deutsche Telekom als das „digitale Triebwerk Deutschlands“ habe sich vorgenommen, bis 2030 jeden Haushalt und jedes Unternehmen mit einem Glasfaser-Anschluss zu versehen. 30 Milliarden Euro werden dafür aufgewendet. Und schon Ende 2025 soll fast jeder Flecken der Republik Zugang zum ultraschnellen 5G-Funknetz bekommen. Insofern müsse man sich keine großen Sorgen mehr machen, dass irgendwelche „Milchkannen“ auf dem Land vergessen werden.
Aktuell aber, so mussten auch die Telekom-Vorstände einräumen, gebe es in Deutschland noch Funklöcher, auch Lücken im Datennetz. „Und jeder Call Drop ärgert die Menschen zu Recht“, räumte Gopalan ein. Wenn noch nicht längst alle Lücken geschlossen seien, liege das aber nicht immer an den Netzbetreibern, sondern oft auch an der Bürokratie in Deutschland.
Natur- und Denkmalschutz bremsen Netzausbau
„Im Westen Deutschlands wollen wir seit 7 Jahren über eine Anlage am Waldrand ein Funkloch schließen, doch wir warten auf die Genehmigung. Im Osten hat eine Kommune beim Naturschutz bereits zugestimmt, doch der Bauantrag wurde wegen Denkmalschutz abgelehnt. Im Süden Deutschlands wurde unsere Anlage abgelehnt, weil sie die Ästhetik an einem Schloss stören würde.“
Aber auch bei der Deutschen Bahn gebe es noch Handlungsbedarf – weshalb Telefongespräche und Datenverbindungen während Fahrten mit dem ICE immer noch gerne abreißen. Gopalan: „Das Signal muss in den Wagen, es muss durch die Scheiben, es muss zu den Repeatern.“ Die Beschichtung der Fensterscheiben zum Sonnenschutz etwa störe die Funkverbindungempfang – da brauche es andere Scheiben, die Funkwellen besser durchlassen. Auch die ständigen Wechsel zwischen Funkzellen seien ein Problem. Es werde intensiv an den Problemen gearbeitet – aber das dauere wahrscheinlich „noch zwei, drei Jahre“. Und damit länger als in anderen Ländern Europas, wie der Brite kritisch hinzufügte. Dort liege der „digitale Aufbruch“ allerdings oft auch schon länger zurück als hierzulande.
Bei der Deutschen Telekom setzen sie deshalb große Hoffnungen in die neue Bundesregierung, die erkannt habe, dass schnelle Glasfaser-Verbindungen „DIE Technologie der Digitalisierung“ sei. Gopalan: „Wir befürworten den digitalen Aufbruch in unserem Land. Digitale Netze solen Menschen zusammenbringen. Ihr Bau darf aber nicht mehr in Papierordnern hängen bleiben.“
Deutsche Telekom verschärft ihre Klimaziele
Aber auch bei den Anstrengungen zum Klimaschutz will die Telekom noch einmal nachlegen. Auch mit Blick auf das hybride Arbeiten in Zeiten der Corona-Krise habe das Unternehmen seine Klimaziele verschärft. Bis zum Jahresende soll das Netz der Telekom in Deutschland, Europa und in den USA durch die Umstellung auf Ökostrom durchgehend grün sein. Das Ziel sei, bis 2025 bei den eigenen – direkten wie indirekten Emissionen – klimaneutral zu sein. Unter anderem durch eine Verdoppelung der Energieeffizienz. Und das trotz steigender Volumina im Datenverkehr von jährlich über 25 Prozent und trotz der Verdichtung des deutschen Netzes mit 2200 neuen Mobilfunkstandorten.
Erreicht werden soll das laut Nemat unter anderem durch den Einsatz aktiver Netzkomponenten für 1,2 Millionen Glasfaseranschlüsse – die in den Verteilerkästen nur dann arbeiten, wenn das System gefordert werde. Aber beim Energiesparen hilft auch die Umstellung auf die Glasfaser-Technologie. Denn Datentransfers über Kupferkabel verbrauchen etwa fünfmal so viel Strom wie der über Glasfaserkabel.
Wie Nemat versprach, sollen Energie-ineffiziente Komponenten durch die „IP-Transformation und Abschaltung der Altplattformen“ schleunigst ausgeschaltet werden. Zusätzliche Einspareffekte erhoffe sich das Unternehmen durch die Nutzung von künstlicher Intelligenz in der Netzsteuerung sowie den Einsatz von mit Ammoniak betriebenen Brennstoffzellen statt Dieselgenerstoren bei der Notstrom-Versorgung von Funkstationen in ländlichen Regionen. Die Deutsche Telekom hat dazu eine Kooperation mit dem israelischen Unternehmen Gencell geschlossen. Zudem denkt das Unternehmen laut Nemat über eine Beteiligung an Solar- und Windparks nach.