Carlo van de Weijer leitet an der Technischen Universität von Eindhoven das neugegründete „Eindhoven Artificial Intelligence Systems Institute (EAISI), das sich unter anderem mit dem Autonomen Fahren und den Möglichkeiten beschäftigt, den Verkehr und unseren Alltag mithilfe Künstlicher Intelligenz zu optimieren. Der Maschinenbauingenieur war früher unter anderem für Siemens und TomTom tätig. Heute berät der 55-Jährige Ministerien und Industrieunternehmen auf der ganzen Welt in Fragen zur Zukunft der Mobilität – und meldet sich in Kolumnen wie dieser regelmäßig zu solchen Themen zu Wort. Zusammen mit seinem Kollegen, Professor Maarten Steinbuch von der TU Eindhoven hat er zudem ein Buch über die Zukunft der Mobilität verfasst.

Carlo van de Weijer
Carlo van de Weijer Der Ingenieur ist Direktor des Eindhoven Artificial Intelligence Systems Institute (EAISI).

Das Moped war das Fahrzeug des Wiederaufbaus in Europa. In den 1950er Jahren besaß jeder fünfte Europäer ein Moped, und erst in den 1960er Jahren übernahm das Auto die führende Rolle in der Mobilität. Heute gibt es siebenmal so viele Autos wie Mopeds, aber das bedeutet nicht, dass letztere auf dem Rückzug sind.

Alles, was zwischen Motorroller, Mofa und Fahrrad mit Motorunterstützung liegt, wird in den Niederlanden als „bromfiets“ – “ brummendes Fahrrad“ – bezeichnet, und es gibt inzwischen etwa 1,3 Millionen davon im Lande. Und diese Zahl wächst noch immer schnell. Weltweit gibt es über eine Milliarde motorisierte Leichtkrafträder – fast so viele wie Autos. All diese benzingetriebenen Mopeds sind ziemlich umweltschädlich, unsicher und vor allem laut. Aber wie beim Auto wird die Elektrifizierung auch hier einen raschen Wandel herbeiführen.

30 Kilometer mit einer Kilowattstunde

Denn ein elektrisches Moped brummt nicht sehr laut und ist außerdem sauber und sparsam. Mit einer Kilowattstunde Strom kommt man etwa dreißig Kilometer weit und das kostet weniger als einen Cent pro Kilometer an Strom. Außerdem ist die Wartung des Elektroantriebs viel billiger und er hält deutlich länger, was zu einem geringeren Wertverlust führt. Durch weitere Preissenkungen bei den Batterien wird auch das nicht brummende Moped schrittweise billiger in der Anschaffung. Zudem wächst das Angebot rasant, so dass es leichter wird, ein passendes Modell zu finden. Allein die Niederlande brauchen eine Million dieser Elektromopeds, um die bestehende Flotte zu ersetzen – die Welt braucht sicher eine Milliarde davon.

Treffen von E-Scooter-Fahrern in Taiwan
Mopeds sind in vielen Fällen die bessere Lösung. Denn ihr Platzbedarf ist deutlich geringer als der von Autos. Foto: Gogoro

Die Regierungen sind angesichts der Vorteile für die Umwelt und die Lärmbelastung gerne bereit, beim Umbau der Flotte mitzuhelfen. In China 2015 verbot die Regierung schon 2015 die Nutzung von Motorrädern mit Verbrennungsmotor in allen Stadtzentren des Landes. Und in den Niederlanden wird der Verkauf neuer Mopeds mit Verbrennungsmotoren ab dem 1. Januar 2025 verboten sein. Wahrscheinlich wird das Gleiche ab 2030 für den Verkauf von benzinbetriebenen Motorrollern gelten.

e-Mopeds brauchen weniger Platz als ein Auto

Das wird unseren Verkehr leiser und sauberer machen. Aber die große Stärke des Mopeds ist, dass es mehr noch als das Fahrrad und viel mehr als der öffentliche Nahverkehr das Potenzial hat, Autofahrten zu ersetzen. Denn Mopeds sind in vielen Fällen die viel bessere Lösung. Auch weil der Platzbedarf viel geringer ist.

Ich selbst habe mir vor sechs Monaten einen E-Scooter gekauft, einen hübschen Roller des deutsch-niederländischen Start-ups Unu. Die Kombination aus Freiheit, Geschwindigkeit, Parken und vor allem einem großen Einkaufsfach unter dem Sattel macht ihn zum ultimativen Transportmittel für all die kurzen Einkaufsfahrten, die ich früher mit dem Auto gemacht habe. Aber auch für den Weg zur Arbeit, in meinem Fall sind es 24 Kilometer, erweist sich der Roller als angenehme und schnellere Alternative.

ÖPNV kommt unter Druck

Dieser Erfolg hat zugegebenermaßen aber auch einige Schattenseiten. Das E-Moped wird sicherlich weniger nachhaltige öffentliche Verkehrsmittel und Autofahrten ersetzen. Es kann aber auch dazu führen, dass die Menschen das noch viel nachhaltigere Fahrrad seltener nutzen als bisher. Vor allem aber wird das Gedränge auf den ohnehin schon überfüllten Radwegen zunehmen – bei uns dürfen auch E-Scooter diese nutzen.

Wir sollten es als ein weiteres Argument nehmen, um so schnell wie möglich in den Ausbau der Radwege zu investieren. Doch das wird sicher die glänzende Zukunft des Elektromopeds nicht schmälern.

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