Das Coaching und Coworking-Programm „Bauer sucht Startup“ wurde weitergeführt. Die Silicon Vilstal Ideenwerkstatt wurde gestartet, ein MINT- und Makerangebot für Kinder, das auf einem virtuellen Makerspace mit Betrieben der Region basiert. Der Silicon Vilstal Kreativraum wurde etabliert, ein wechselnder temporärer Ort für Aktionen mit Künstlern und Kreativen. Silicon Vilstal wurde 2018 ausgezeichnet als einer der zehn besten Unternehmergeistinitiativen Deutschlands und ist zwischenzeitlich sogar zum Lernbeispiel für ländliche Akteure aus Asien und Afrika geworden. Die Aktivitäten werden ermöglicht durch ein Helferteam und ein breites gesellschaftliches Netzwerk aus Kommunen, Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen.
Zentrales Ereignis im Silicon Vilstal Jahr ist das internationale Silicon Vilstal Mitmachfestival. Auf dem historischen Bauernhof des Bayerischen Trachtenkulturzentrums in Holzhausen, etwa eine Stunde nordöstlich von München, findet es dieses Jahr vom 26. bis zum 29. September statt. Auf dem Festivalgelände gibt es ein Tiny House Dorf, Workshops, Mitmachangebote, Innovationen, Kulturangebote und regionale Spezialitäten.

Muh, Moo oder Meuh

Das Silicon Vilstal Mitmachfestival 2019 wurde von der EU ausgezeichnet als „European Social Economy Region“. Themen wie Social Entrepreneurship, „Regional erzeugen“ oder „Regional kreativ“ werden insbesondere auf der Silicon Vilstal Regio-Macher-Konferenz am Freitag, 28. September behandelt. Die Konferenz ist ein praktischer Erfahrungsaustausch zwischen gesellschaftlichen Innovatoren und ländlichen Machern aus Niederbayern, Deutschland und Europa.
Daneben gibt es das Sonderthema „Muh“ (oder „Moo“, „Meuh“). Hinter der vermeintlich profanen Fassade dieses Themas wird es vielfältige und unvermutete Programmbeiträge geben. Eine „Muh“-Designerin, Musik von Radio Meuh aus Frankreich, Infos über Upcycling-Visitenkarten des Londoner Startups Moo ein Muhsical und vieles mehr.

Einer der zentralen inhaltlichen Schwerpunkte ist „Regional mobil“. Die Silicon Vilstal Macher organisieren ein regionales Mobilitätsnetz, so dass Besucher aus der Region kostenlos zum Festivalcampus gelangen können. Partner sind u.a. Südostbayernbahn, Landshuter Verkehrsverbund LAVV, das Allgemeine Deutsche Fahrrad Club ADFC, regionale Autohäuser, Startups sowie Spezialrad-Anbieter. Diesjähriger Hauptsponsor des Silicon Vilstal Mitmachfestivals ist xStarters, ein Innovationsprogramm der Volkswagen Group.

Freie Bahnfahrten

Die Zugfahrt zwischen niederbayerischen Hautstadt Landshut und der Festivalkommune Geisenhausen wird während der vier Festivaltage komplett frei sein. Gratiszugtickets gibt es zum Download auf www.siliconvilstal.de. Silicon Vilstal startet dazu einen Kindermalwettbewerb: Kinder jeden Alters können ab sofort bis zum 15.September eine Zeichnung zum Thema Zugfahren an info@siliconvilstal.de senden, mit Namen, Altersangabe und Kontaktdaten der Eltern. Das Siegerbild wird Teil der echten Silicon Vilstal Zugfahrkarte, die an den vier Festivaltagen von den Fahrgästen benutzt wird. Von den Bahnhöfen Geisenhausen und Vilsbiburg gibt es kostenlose Elektroauto-Shuttles zum Festivalcampus. Am Samstag 28.September, gibt es eine ADFC-Fahrradtour vom Ländtor Landshut zum Mitmachfestival. Dort können alle Besucher Ausprobier-Touren mit eBikes, Spezial- und Lastenrädern und eScootern durch die „niederbayerische Toskana“ machen.

Gemeinsam mit xStarters, einem Innovationsprogramm der Volkswagen Group, werden praktische Innovationsworkshops zum Thema ländliche Mobilität angeboten. Im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs von xStarters werden Ideen Jugendlicher von 16 bis 20 Jahren für einen fahrbaren Raum gesammelt, um ländliche Mobilität sozialer zu machen. Die Siegeridee wird später zusammen mit Experten auch tatsächlich gebaut.
Der Eintritt zum Festivalcampus mit Tiny House Dorf ist übrigens frei. Zu den thematischen Programmpunkten gibt es ab sofort Tages- und Abendtickets online unter www.siliconvilstal.de sowie direkt auf dem Festival in Holzhausen.
Parallel zu den letzten Festivalvorbereitungen laufen bereits weitere Projekte für 2020. Silicon Vilstal ist gemeinsam mit Bezirk Niederbayern, Stadt und Landkreis Landshut und dem Niederbayern-Forum Regionalpartner der Munich Creative Business Week, dem größten Design-Event Deutschlands. In der zweiten Märzwoche wird die niederbayerische Region Landshut zur Designregion.

Ein kleiner Blick zurück

Pfiffige Niederbayern haben 2016 die Initiative Silicon Vilstal gegründet. Mit Mitmach-‧Festivals und Workshops locken sie junge Start-ups aus der Großstadt aufs Dorf – in der Hoffnung, dass diese bleiben.
Die Familie von Helmut Ramsauer lebt schon seit etwa 300 Jahren im Vilstal, der niederbayerischen Toskana. Kennen Sie nicht? Das ist eine hügelreiche Landschaft in der Nähe von Landshut, durch die die Große Vils mäandert. Ramsauer wohnt mit Frau und Kind am Rande der Marktgemeinde Geisenhausen, kurz vor dem Wald in einem umgebauten Haus aus den 1950er-Jahren mit der Nummer 62 ½. Sie alle lieben die Einsamkeit: „Hier ruhen wir uns gerne aus.“
Für die international tätige Strategieberatung Capgemini, für Ernst & Young und den Flughafen München ist er früher durch die Welt getourt, als Opernsängerin hat sie in Großstädten viele Jahre auf der Bühne gestanden. Jetzt soll Sohn Anton in der Grund- und Mittelschule St. Martin erst einmal das Rüstzeug fürs Leben bekommen – raus in die Welt kann er dann immer noch. „Uns fehlt hier nichts“, sagt der Familienvater. Na ja, ein wenig schon. Das Internet könnte etwas schneller sein, findet der Spezialist für Business Transformation. Sonst droht einer Region wie dieser, die im 21. Jahrhundert immer noch überwiegend von der Landwirtschaft lebt, die Auszehrung. Geisenhausen ist im Dreißigjährigen Krieg mehrmals abgebrannt, Niederbayern zählte nach dem letzten Krieg lange zum Armenhaus des Freistaats. Landflucht hat hier also eine gewisse Tradition – aber sollte sich nicht fortsetzen. Bei 7000 Einwohnern, von denen ein Viertel bereits in Rente ist, wäre schnell Zapfenstreich.

Und so entstand 2016, an Ramsauers 50. Geburtstag, die Idee zu einem Digital-Festival im Silicon Vilstal. „Wir zeigen uns und anderen, was die Gegend zu bieten hat. Und wir lernen gemeinsam, was in digitalen Zeiten aus einer ländlichen Region noch werden kann“, umreißt der Initiator die Idee. Und so lockte man schon wenige Wochen später unter dem launigen Motto „Bauer sucht Start-up“ Unternehmensgründer und Coffeeshop-Hipster aus München, Berlin und Köln ins Vilstal, zu Workshops im Bildungshaus des Bayerischen Trachtenverbandes, in eine Kreativwerkstatt im Kuhstall, zu einem Pitch auf dem Bauernhof mit anschließendem Gründer-Gottesdienst.
Der Bürgermeister von Geisenhausen hielt es anfangs für eine Schnapsidee: „Ich konnte erst nichts damit anfangen“, gibt der Reffsepp (bürgerlicher Name Josef Reff) offen zu. Doch die Idee kam an, nicht nur bei den Vertretern des Gemeinderats. Auch die regionale Wirtschaft erkannte die Chance, mit einer solchen Veranstaltung gefragte Fachkräfte in die Region zu locken. Wie Ramsauer bei einer Fahrt über die Dörfer und zu den Veranstaltungsorten erzählt, bahnten sich damals tatsächlich Beziehungen an, die mancher anfangs nicht für möglich gehalten hatte. Kreisbäuerin Angelika Graf, die an jenem Festival-Wochenende ein Gründerpaar kostenlos beherbergte, hatte zunächst grummelnd gefragt, ob sie den jungen Leuten etwa noch ein Frühstück spendieren müsse – und gönnte ihnen schließlich Vollpension. Ein Softwarespezialist aus München wollte gleich dableiben, als er erfuhr, wie niedrig in Geisenhausen die Wohnungsmiete liegt: Für 6,50 Euro pro Quadratmeter bekomme er in der Landeshauptstadt nicht einmal einen Garagenplatz. Kurzum: Das Aufeinandertreffen von Innovation und Tradition wurde ein voller Erfolg.
Beim zweiten Silicon Vilstal Festival, zählten die Veranstalter bereits über 1000 Teilnehmer und 30 Referenten – der frühere Apple-Designer Hartmut Esslinger, ein Freund Ramsauers, wurde per Video zugeschaltet. Drei Tage lang wetteiferten Start-ups bei einer Smart Mobility Challenge darum, neue Mobilität-Formen fürs Land zu entwickeln, um ein simples Problem zu lösen: „Wie komme ich nach dem Dorffest betrunken nach Hause zurück?“ – etwa per App-gesteuertem Pendelbusse oder digital angereicherter Mitfahrerbank. „Die Digitalisierung“, so Ramsauer, „eröffnet im ländlichen Raum viel mehr Möglichkeiten als in der Großstadt.“

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