Lithium-Ionen-Akkus sind überall: von Smartphones und Laptops über Autos bis hin zu Satelliten, die um die Erde kreisen. Es ist unsere derzeit ausgereifteste Batterietechnologie. Dennoch ist sie nicht für alle Anwendungen ideal. Lithium-Ionen-Batterien büssen mit jedem Lade- und Entladezyklus an Kapazität ein, laden sich verhältnismässig langsam auf und funktionieren nur in einem engen Temperaturbereich richtig gut.

Aus der Sicht von Abdessalem Aribia und Moritz Futscher aus dem Labor „Thin Films and Photovoltaics“ an der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf bei Zürich ist es an der Zeit, Batterietechnologie neu zu denken. Im Vergleich zu anderen bestehenden oder sich entwickelnden Technologien bringt ihre Feststoffbatterie auf Lithiummetallbasis einige wesentliche Vorteile mit sich. Beispielsweise kann sie innerhalb von einer Minute auf- und wieder entladen werden, hält rund zehnmal so lang wie ein Lithium-Ionen-Akku und ist obendrein auch noch unempfindlich gegenüber Temperaturschwankungen.

Mustergültig 
Abdessalem Aribia mit einem Prototypen der neuartigen Dünnschichtzelle, die in Satelliten zum Einsatz kommen könnte.
Mustergültig
Abdessalem Aribia mit einem Prototypen der neuartigen Dünnschichtzelle, die in Satelliten zum Einsatz kommen könnte.

Ausserdem ist die Batterie im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Akkus nicht brennbar – ein grosser Vorteil, denn heutige Akkus gelten als Gefahrgut. Falsche Handhabung oder Beschädigung einer herkömmlichen Lithium-Ionen-Zelle kann zu einem Brand führen, der giftige Gase freisetzt und äusserst schwer zu löschen ist. „Wenn man dagegen unsere Batterie mit einer Schere durchschneidet“, sagt Aribia, „hat man einfach zwei halb so gute Batterien.“

Dünnschicht-Akku ist nur Mikrometer dick

Diese vielversprechende Technologie wollen Aribia und Futscher nun auf den Markt bringen. Gemeinsam mit Laborleiter Yaroslav Romanyuk haben sie ein Spin-off namens «BTRY» (ausgesprochen «battery») gegründet. Aribia, der die Rolle des CTO bei BTRY übernimmt, hatte zuvor nie daran gedacht, eine eigene Firma zu gründen. CEO Moritz Futscher interessiert sich hingegen bereits seit seiner Studienzeit für Start-ups. Die beiden Forscher arbeiten schon seit Jahren gemeinsam am Batterieprojekt und sind ein eingespieltes Team. „Wir sind überzeugt, dass unser Produkt einen echten Mehrwert bieten kann“, sagt Futscher.

Die neuartige Batterie ist eine sogenannte Dünnschicht-Festkörperbatterie. Die Technologie an sich ist nicht neu: Solche Batterien sind bereits seit den 1980er-Jahren bekannt. Aufgrund der sehr geringen Masse ihrer Dünnschichtkomponenten – die ganze Zelle ist nur wenige Mikrometer dick – konnten sie bisher aber nur sehr wenig Energie speichern. Futscher und Aribia ist es gelungen, die Dünnschichtzellen aufeinander zu stapeln und somit ihre Kapazität zu erhöhen.

Stromspeicher aus der Vakuumkammer 
Das aufwändige Produktionsverfahren aus der Halbleiterindustrie macht die Dünnschichtfeststoffbatterie von BTRY teuer.
Stromspeicher aus der Vakuumkammer
Das aufwändige Produktionsverfahren aus der Halbleiterindustrie macht die Dünnschichtfeststoffbatterie von BTRY teuer. Fotos: Empa

Damit wird die Batterie interessant für kommerzielle Anwendungen. Die Herstellung der Dünnschichtzellen erfolgt mittels Vakuumbeschichtung: Die gewünschten Materialien werden in einer Vakuumkammer zu einzelnen Atomen zerstäubt, die sich dann in einer präzise kontrollierten Schicht auf dem Zielsubstrat absetzen. „Solche Herstellungsmethoden werden heute im grossen Stil bei der Herstellung von Halbleiterchips und Glasbeschichtungen angewendet“, sagt Futscher. „Das ist ein Vorteil für uns, denn die Maschinen und das Know-how für die Herstellung unserer Batterie sind weitgehend vorhanden.“

Produktion ohne toxische Lösungsmittel

Die hochpräzise Herstellungsmethode hat einen weiteren Vorteil: „Im Gegensatz zur traditionellen Kochtopf-Methode der Batterieherstellung fallen bei unserer Produktion keine toxischen Lösungsmittel an“, erläutert Aribia. Allerdings fällt die Dünnschichtbatterie dadurch auch teurer aus. Ihre Anwendung sehen die Forscher deshalb vor allem in Produkten, bei denen der Preis der Batterie nur einen geringen Anteil an den Gesamtkosten des Geräts hat – etwa bei Smartphones und Smartwatches oder bei Satelliten. „Dort machen die Vorteile unserer Technologie den höheren Preis mehr als wett“, ist Aribia überzeugt.

Die Forscher sind nicht die einzigen, die das Potenzial ihres Produkts als hoch einstufen. BTRY wurde von der Innosuisse gefördert und schaffte es in den „Business Incubator“ der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Ausserdem erhielt Aribia ein „Empa Entrepreneur Fellowship“, das junge Forschende für ein Jahr bei der Firmengründung unterstützt.

Investoren gesucht

Doch bevor die ersten Dünnschichtbatterien ins Weltall fliegen oder Handys mit Strom versorgen, steht sowohl administrativ als auch technisch noch einiges an. In der Zwischenzeit nutzen die beiden Gründer die Maschinen am „Coating Competence Center“ der Empa, um ihre Batterieprototypen grösser und leistungsfähiger zu machen und potenziellen Geldgebern zu zeigen, dass sich die Investition lohnt.

In den nächsten zwei Jahren wollen die Forschenden sowohl die Fläche als auch die Anzahl Schichten steigern. „Zurzeit bestehen unsere Batterien erst aus zwei Schichten von nur etwa 1 mal 3 Millimetern“, sagt Aribia. „Als nächstes wollen wir eine Batterie von rund einem Quadratzentimeter mit zwei bis drei Schichten herstellen. Damit können wir noch keinen Satelliten betreiben – aber wir können sehr wohl zeigen, dass unsere Technologie skalierbar ist.“

Text: Anna Ettlin

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