Lithium-Batterien haben längst den Siegeszug angetreten. Sie treiben Notebooks, Handys, Kameras und Elektroautos an– allerdings nicht immer zur vollen Zufriedenheit der Nutzer. Zwar haben die Akkus viele Vorteile, beispielsweise eine hohe Zellspannung, keinen Memory-Effekt und eine geringe Selbstentladung. Aber ihre Leistung lässt immer noch schneller nach, als man es möchte. Besser ist da ein anderer Akku-Typ, der bisher noch ein Schattendasein fristet: Eisen-Luft-Batterien. Sie haben eine dreimal höhere Energiedichte als Lithium-Ionen-Batterien und können so auch dreimal mehr Leistung bringen.
Eisen-Luft-Batterien haben einen noch ganz offensichtlichen Vorteil: Eisen ist wesentlich günstiger als Lithium und die Luft kann man einfach aus der Umgebung nehmen. Der Sauerstoff kostet nichts und muss nicht wie andere Materialien in der Batterie mitgeschleppt werden, was ihr Volumen reduziert und für enorme Energiedichten sorgt.
Klingt gut. Bis zur Marktreife wird es allerdings nach Einschätzung von Rüdiger Eichel, Institutsleiter am Forschungszentrum Jülich (FZJ), noch mindestens 10 Jahre dauern. Bis die Batterie einen Elektromotor antreibt, dauert es vermutlich sogar noch etwas länger. Dabei würde sie die Reichweitenproblematik mit einem Schlag lösen – oder zumindest um ein Drittel reduzieren, schließlich kämen die Autos dreimal so weit – und damit eines der größten Hemmnisse bei E-Fahrzeugen aus dem Weg räumen.
Deutlich höhere Energiedichte als bei Lithium-Ionen-Batterien
Das Konzept der Eisen-Luft-Batterie ist bereits seit den 1970er Jahren bekannt. Lange Zeit hat die Lithium-Luft-Batterie allerdings alle Aufmerksamkeit der Wissenschaftler für sich vereinnahmt. Die hohe Energiedichte war verlockend. Für die Eisen-Luft-Variante interessierte sich kaum jemand. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Lithium-Luft-Batterien sind zu komplex, die Forschung wurde wieder eingestellt. Jetzt versuchen weltweit eine Handvoll Institute, der Eisen-Luft-Batterie zum Durchbruch zu verhelfen. Die Jülicher zählen dabei zu den treibenden Kräften.
Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Oak Ridge National Laboratory gelang ihnen jetzt ein tiefer Einblick in die Batterie. Mit Nanometer-Präzision beobachteten sie, wie sich im laufenden Betrieb Ablagerungen an der Eisen-Elektrode bilden. Diese bleiben – und erhöhen die Leistungsfähigkeit. Das hört sich erst mal nicht besonders spannend an, ein vertieftes Verständnis der Lade- und Entladereaktionen gilt unter Wissenschaftlern aber als Schlüssel für die Weiterentwicklung bis zur Marktreife.
Eisen-Luft-Batterien beziehen Energie aus der Reaktion von Eisen mit Sauerstoff durch Oxidation und Reduktion. Das Eisen oxidiert dabei ganz ähnlich wie beim Rosten. Eichel prognostiziert die Energiedichte auf über 1.200 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg), die damit weit vor Lithium-Ionen-Akkus mit 350 Wh/kg liegen, wenn das Gewicht des Gehäuses mit eingerechnet wird. In Bezug auf das Volumen ist der Vorsprung sogar noch größer: Da liegt die Energiedichte bei 9.700 Wattstunden pro Liter (Wh/l) und ist damit fast fünfmal höher als die heutiger Lithium-Ionen-Akkus mit 2.000 Wh/l.
Die Eisen-Wasser-Batterie schont Ressourcen
Bisher konnten die Eisen-Luft-Batterien nur geringe Ströme aushalten und damit nur im Schneckentempo geladen werden. Das Problem haben die Forscher genauso gelöst, wie die wenigen Ladezyklen. Mittlerweile hält es die Batterie aus, 1000 mal be- und entladen zu werden. Allerdings nur im Labor. „Das war der große Flaschenhals in der Entwicklung“, erklärt Eichel. Denn bislang hatte sich die Anode selbst verbraucht, statt eines Akkus gab es also nur Batterien, die ausgetauscht werden mussten. (Was den Einsatz im Auto aber immer noch nicht unmöglich macht, es gibt bereits entsprechende Fahrzeuge.)
Nach der Anode wollen die Forscher jetzt die Kathode verbessern. „Das ist der nächste Forschungsansatz“, so der Institutsleiter. „Es gibt bereits vielversprechende Ansätze.“ Das kostet allerdings Zeit und muss aus dem Labor noch für die Praxis hochskaliert werden.
„Da Lithium nicht in unendlicher Menge zur Verfügung steht, könnte es bei einem Massenmarkt von Elektroautos zu einem Ressourcenproblem kommen“, sagt Eichel. Heute stammen etwa zwei Drittel der weltweiten Gewinnung aus Chile, das zusammen mit Bolivien auch über rund zwei Drittel der weltweiten Ressourcen verfügt. In Chile stößt die Förderung allerdings an ihre ökologischen Grenzen. Beim Abbau werden große Mengen Wasser, in denen der Stoff gelöst ist, in riesige Verdunstungsbecken gepumpt, wo es dann verdampft und Lithiumkarbonat hinterlässt. Das verwendete Grundwasser verschwindet in der Atmosphäre – in einem Land, in dem jeder Tropfen des kostbaren Nass wertvoll ist, ist das ein umstrittenes Verfahren. Auch außerhalb Südamerikas gibt es Lithium-Vorkommen: In Nordamerika, China und Australien wird bereits gefördert. Wie lange die Vorkommen den Bedarf decken, ist ungewiss.
Bei Eisen gibt es das Problem nicht. „Wir konzentrieren uns mit unserer Forschung ganz bewusst auf Batterietypen aus Materialien, die sehr häufig in der Erdkruste vorkommen und in großer Menge gefördert werden“, erklärt der Institutsleiter. „Versorgungsengpässe sind so nicht zu erwarten.“ Hinzu kommt der Kostenvorteil, der sich direkt auf die Batterie übertragen lässt. Eisen ist nicht nur günstiger als Lithium, auch die Verarbeitung ist einfacher, da für Lithium-Ionen-Batterien ein Trockenraum benötigt wird, was die Kosten nach oben treibt.
Allerdings: Solange die Chancen sieht Eichel für die Batterie neben der Elektromobilität auch für stationäre Anwendungen zur Stabilisierung des Stromnetzes. Aber nur, falls die Entwicklung nicht zu spät kommt.