Vor gut 100 Jahren tauschten Ärzte die bislang übliche schwarze Arbeitskleidung plötzlich gegen weiße Kittel aus. Warum dieses modische Umdenken? In jener Zeit schufteten im medizinischen Metier sehr viele Heiler, Scharlatane und Betrüger. Wer aber die Farbe Weiß trug, so wie ein Wissenschaftler, der sah nach einem seriösen Arzt aus. Ein zweiter Vorteil: Auf der weißen Kleidung sah man den Schmutz sofort. Heute ist der Trend schon wieder dabei, vorbeizuziehen. Denn zwar sind viele Ärzte immer noch im klassischen weißen Kittel unterwegs, es ist aber auch möglich, dass sie einen in Alltagskleidung begrüßen und behandeln.

Die weißen Kittel sollten helfen, Unreinheiten sichtbar zu machen. Aber was wäre nun, wenn die Klamotten, die die Mediziner tragen, tatsächlich Krankheiten verhindern – und Keime abtöten? Geeignete Metalle wären Gold und Silber. Die Substanzen besitzen einen antibakteriellen Effekt und werden benutzt, um medizinische Instrumente zu schützen. Doch einen goldenen Anzug könnten sich wohl nur die wenigsten Ärzte leisten – und modisch fragwürdig wäre er noch dazu. Was also tun?

Kupfernanopartikel statt Gold und Silber

Der Wissenschaftler Xuqing Liu von der Universität Manchester kam auf die Idee, antibakterielle Schutzhüllen für Kleidungsstoffe zu entwickeln, die nicht kaputtgehen. Dabei arbeitet er mit chinesischen Universitäten zusammen. Für seine Kleidungs-Schutzschicht verwendet Liu Kupfer statt Gold und Silber. Denn auch dieses Element tötet Bakterien schnell ab und ist mit 5,50 Euro pro Kilogramm deutlicher günstiger als die Edelmetalle.

Das langlebige und waschbare Supermaterial kommt mit Kupfernanopartikeln daher. Jener Verbund – mit Polyester oder Baumwolle – ist neu. Bislang scheiterte die Wissenschaft stets an der Verbindung beider Komponenten: Die Metalle auf faltbaren Materialien anzubringen ist problematisch, denn der Schutz ließe sich schnell abwaschen oder er zerknittert und fällt ab.

Bei Lius Erfindung halten die Partikel so stark aneinander fest, dass dafür auch andere Anwendungen denkbar sind. Ein weiterer Vorteil: Der Nanoprozess findet auf so kleiner Ebene statt, dass der Träger des veränderten Stoffs nichts davon mitbekommt. Auch die Qualität leidet nicht.

Kommerzialisierung in einigen Jahren

Der Ansatz von Liu: Er behandelt die Kleidungsstücke mit Polymer Surface Grafting. Dabei werden Kupfernanopartikel per Polymerbürste an Baumwolle und Polyester geheftet – und schaffen so eine starke chemische Bindung. Hilfreich wäre der Wunderstoff definitiv, denn bakterielle Infektionen sind in unseren Kliniken immer noch ein Problem. An Klinikinfektionen (inklusive Viren und anderen Erregern) sterben nach Schätzungen allein in Deutschland jährlich bis zu 15.000 Bürger. Und in Großbritannien töteten E. coli-Infektionen 2015 mehr als 5500 Patienten. Ob Kupferpartikel in die Umwelt gelangen und dort unter Umständen Schäden anrichten können, hat Liu noch nicht untersucht.

„Die Ergebnisse sind insgesamt sehr positiv“, sagt Xuqing Liu in einem Interview mit seiner Universität. „Einige Unternehmen zeigen Interesse an der Technologie. Wir hoffen, dass wir diesen fortschrittlichen Ansatz in einigen Jahren kommerzialisieren – und haben damit begonnen, die Kosten zu senken und den Prozess zu vereinfachen.“

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