Die Schifffahrt wird sauberer – zumindest ein wenig. Für diesen Fortschritt ist allerdings nicht das grüne Gewissen der Reeder verantwortlich. Das Umdenken fand vielmehr bei der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO statt. Die Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London verschärft die Umweltvorschriften für Schiffe auf See. Ab 2020 dürfen weltweit nur noch Treibstoffe eingesetzt werden, die höchstens 0,5 Prozent Schwefel enthalten. Bislang lag dieser Grenzwert bei 3,5 Prozent – das 3500-fache des im europäischen Straßenverkehr zulässigen Schwefelgehalts.

Schwefeloxide (SOx), Ruß-Partikel und Stickoxide belasten einerseits die Ökosysteme, aber auch das Klima. Nach Angaben des Umweltbundesamts ist der Schiffsverkehr auf den Weltmeeren für über zwei Prozent der klimaschädlichen globalen CO2-Emissionen verantwortlich.

Die strengeren Vorschriften bringen die Schifffahrtsbranche ins Schwitzen, denn die Margen im Geschäft sind gering und Umrüstungen sind teuer. Bisher sind die Reedereien laut einer Studie der US-amerikanischen Analyse- und Beratungsfirma IHS Markit auf die neuen Vorschriften nicht ausreichend vorbereitet. Das zeigen auch Zahlen der Klassifizierungsgesellschaft DNV GL. Erst knapp 400 Schiffe haben eine Abgasentschwefelungsanlage eingebaut – 119 Schiffe sind mit Flüssiggas unterwegs, weitere 125 sind bestellt. Meistens sind das kleinere Offshore-Schiffe, Fähren und Schlepper.

Noch ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein: Mehr als 93.000 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 1,86 Milliarden Schwerguttonnen fahren auf den Weltmeeren. Sie alle sind jetzt aber gezwungen, Alternativen zum Schweröl zu finden. Doch für die Reedereien ist das gar nicht so einfach: Marine Diesel (MDO) und Marine Gasöl (MGO) sind sauberer, aber mindestens doppelt so teuer wie Schweröl. Abgasentschwefelungsanlagen, sogenannte „Scrubber“, erfordern hohe Investitionen. Für Flüssiggas wie Liquefied Natural Gas (LNG) oder Liquefied Petroleum Gas (LPG) gibt es bisher keine verlässliche Infrastruktur – keine Tankstellen und kein Transportnetz. Dennoch tasten sich einige Reedereien vor. Teilweise gezwungenermaßen, denn für Nord- und Ostsee gilt schon seit 2015 ein Grenzwert von höchstens 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff. Ab 2021 müssen die Schiffe zudem ihren Ausstoß an Stickoxiden (NOx) um rund 75 Prozent reduzieren. Das gilt jedoch nur für ab diesem Zeitpunkt neu gebaute Schiffe. Doch es ist der Anfang vom Ende des Schweröls.

Flüssiggas für Container- und Kreuzfahrtschiffe

Als erste Containerlinienreederei der Welt will CMA CGM, ein französisches Schifffahrts- und Logistikunternehmen mit Sitz in Marseille, seine zukünftigen Großcontainerschiffe mit LNG-Antriebstechnologie ausrüsten. Die Vorteile: Im Vergleich mit Schweröl hat der Einsatz von LNG weitaus weniger Auswirkungen auf die Umwelt. Bis zu 25 Prozent weniger CO2-Emissionen, 99 Prozent weniger Schwefel-Emissionen, 99 Prozent geringerer Feinstaubausstoß und 85 Prozent weniger Stickstoffoxid-Emissionen.

Die Kreuzfahrtbranche setzt ebenfalls auf alternative Brennstoffe. AIDA will Ende des Jahres mit dem ersten Kreuzfahrtschiff der Welt, das zu 100 Prozent mit LNG betrieben wird, in See stechen. Bei der AIDAnova wird das Erdgas in drei Tanks bei minus 162 °C gelagert. Vor der Verflüssigung wird es in mehreren Stufen gesäubert. Dadurch werden die Emissionen von CO2 um 20 Prozent, Stickoxide um 80 Prozent und der Ausstoß von Rußpartikeln und Schwefeloxiden um 100 Prozent verringert.

Elektrisch ist am umweltfreundlichsten

Die sauberste Lösung wären Elektroantriebe. Sie würden die Emissionen auf null senken und damit alle Schadstoffprobleme lösen – sofern der Strom aus grünen Quellen kommt. Die geringe Leistung und Speicherkapazität macht sie bisher aber nur für kleinere und leichtere Schiffe wie Passagierfähren interessant. Rund 100 Schiffe fahren bereits weltweit mit Batterien – ganz oder teilweise. So etwa die „Ampere“ der Reederei Norled, die bereits auf der sechs Kilometer langen Route im norwegischen Sognefjord zwischen Lavik und Oppedal rein elektrisch unterwegs ist. Bei den zehnminütigen Stopps zwischen den Überfahrten und in der Nacht werden die Akkus mit Strom aus Wasserkraft aufgeladen. Jetzt hat die norwegische Reederei auch noch die erste Autofähre in Betrieb genommen, die in den von ihr angefahrenen Häfen elektrischen Strom drahtlos aufnimmt.

„Die Technik schreitet schnell voran und mittelfristig werden Elektroantriebe auch für den Langstreckenverkehr eine Alternative“, ist Nikos Späth, Sprecher der DNV GL, überzeugt. Ein Mutmacher dafür ist das weltweit erste Expeditionsschiff mit Hybrid-Technologie, das im Sommer auf Reisen geht. Die „MS Roald Amundsen“ der Reederei Hurtigruten wird mit Diesel- und Elektromotoren angetrieben und eignet sich für sensible Fahrtgebiete in der Arktis und Antarktis, weil sie bis zu eine halbe Stunde lang ausschließlich elektrisch und damit fast lautlos fahren kann. Die „Ponant Icebreaker„, ein Mix aus Kreuzfahrtschiff und Eisbrecher, wird mit Flüssigerdgas- und Hybrid-Elektroantrieb ausgestattet und geht ab 2021 auf Fahrt. „Technisch ist vieles machbar, entscheidend ist aus Sicht der Reederei die Betriebswirtschaftlichkeit des Gesamtsystems und die Verfügbarkeit der Energie“, so Späth.

In Zukunft mit Brennstoffzelle?

Eine Antriebstechnologie für die Zukunft ist die Brennstoffzelle. Verschiedene Forschungsprojekte hätten bereits vielversprechende Ergebnisse hervorgebracht, zeigt sich Späth optimistisch. Die Royal Caribbean Cruises (RCCL) etwa plant bereits, Brennstoffzellen als zusätzliche Energiequelle neben der Dual-Fuel-Technik (LNG und Marine Diesel) zu verwenden. RCCL hofft, dass die Brennstoffzelle bei der Energieversorgung des Hotelbetriebs eine wichtige Rolle spielen wird.

Aus Sicht von DNV GL gibt es nicht den einen Königsweg. „Die Wahl des Antriebs hängt stark vom Schiffstyp und der Route ab und ist letztlich auch eine wirtschaftliche Erwägung“, sagt Späth. „Grundsätzlich sehen wir aufgrund der strengeren Umweltauflagen und des raschen technologischen Fortschritts bei allen Antriebsarten ein zukünftiges Wachstum, sowohl bei LNG und anderen alternativen Kraftstoffen, elektrischen Antrieben als auch der Brennstoffzelle. Abgasreinigungsanlagen werden dagegen eher eine Brückentechnologie sein.“

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1 Kommentar

  1. Markus Richter

    Interessant zu wissen, dass Reedereien auf umweltfreundlichere Alternative setzen. Flüssiggas und Elektroantrieb sind nämlich nicht nur in der Autobranche verwendbar. Hoffentlich werden diese zwei Varianten mit passenden Transportnetz, Tankstellen und Ladestationen immer mehr verbreitet. http://www.heizgas.de/leistungen.html

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