Vielen Stadt-Autofahrern ist klar: Wenn man nach einer Autofahrt am Ziel ist, steht der schwerste Teil erst noch bevor. Die Parkplatzsuche ist oft anstrengender als die 50 Kilometer Fahrt davor. Unzählige Runden um den Block, bis man endlich mal eine passende Lücke gefunden hat.
Für den städtischen Verkehr ist das ein riesiges Problem: Rund ein Drittel aller Autofahrer in Innenstädten sind auf der Suche nach einem Parkplatz und verstopfen dadurch die Straßen. Vernetzte Parkkonzepte könnten den Parkfrust bekämpfen. Verschiedene Modelle sollen Abhilfe schaffen.
Autos erzählen sich gegenseitig von freien Parkplätzen
Da ist beispielsweise das Prinzip des Community-Based-Parkings, das Bosch entwickelt. Alle vernetzten Autos scannen die Straßen, auf denen sie gerade entlangfahren, und halten nach freien Plätzen Ausschau. Die nötigen Sensoren haben die meisten Autos heutzutage schon wegen der Einparkhilfe eingebaut. „Es ist keine zusätzliche Hardware im Auto nötig“, sagt Joern Ebberg, Sprecher für den Bereich Automatisiertes Fahren und Parken bei Bosch.
Ob ein Fahrer tatsächlich einen Platz sucht oder nur auf der Durchfahrt ist, ist egal. Daten werden trotzdem gesammelt und erst an die Fahrzeughersteller und anschließend an die Bosch-Cloud geschickt. Wird immer wieder die gleiche Lücke gemeldet, erkennt das System, dass es sich vermutlich um eine Einfahrt oder eine Bushaltestelle handelt.
Alternativ hat Bosch auch ein Auge auf die Crowd geworfen: Mit der verspielten App „Parkineers“ kommen Parkplatzsuche und Aufbausimulation zusammen. Noch hält sich die Nutzerzahl der im vergangenen Jahr gestarteten App aber in Grenzen.
Auch andere Unternehmen arbeiten an Smart-Parking-Konzepten. Continental beispielsweise will Straßenlaternen mit Sensoren ausstatten, die freie Lücken melden. Auch Techniken mit Bodensensoren sind im Gespräch, unter anderem bei Siemens. Allerdings zeigen erste Testergebnisse, dass in diesem Bereich noch eine Menge Arbeit notwendig ist, bevor das System effizient funktioniert.
Welcher Art das System am Ende auch sein mag, gerade beim Parken könnte eine Vernetzung enorme Vorteile mit sich bringen. Das gezielte Ansteuern eines freien Parkplatz hilft bei der Lösung einiger der größten Probleme im städtischen Verkehr:
Verkehrsentlastung:
Laut einer Studie des Parkplatzbetreibers Apcoa legt man im Durchschnitt viereinhalb Kilometer zurück, bis man eine Lücke entdeckt hat. Die Parkplatzsuchenden machen fast ein Drittel des städtischen Verkehrs aus. Sie rollen hoffnungsvoll durch das Viertel und sorgen so für Stau und mehr Unfälle. Ein smartes Parksystem könnte dafür sorgen, dass diese Autos schneller von der Straße kommen, mehr Platz für den Durchfahrtsverkehr freimachen und die gesamte Verkehrssituation gerade in Stadtzentren entspannen.
Zeit:
Apcoa hat in seiner Studie auch herausgefunden, dass jede Parkplatzsuche in Deutschland durchschnittlich fast zehn Minuten dauert. Für Berufspendler geht im Jahr mehr als ein ganzer Tag für die Suche drauf. Wer gezielt eine Lücke ansteuern kann, spart sich also eine Menge Zeit, die er besser investieren kann.
Umweltbelastung:
Während man suchend durch die Stadt fährt, läuft logischerweise die ganze Zeit der Motor. Diese unnötig zurückgelegten Strecken schaden also direkt dem Klima: Je nach Fahrzeugklasse können so für jede Parkplatzsuche bis zu einen Kilogramm CO2-Emissionen entstehen. Zusätzlich verschwendet man fossile Ressourcen: Weltweit verbraucht die Parkplatzsuche rund eine Million Barrel Öl am Tag.
Geld:
Nicht nur für die Umwelt, auch für den Fahrer ist die Suche nach Parkplätzen teuer. Denn während man fahrend Ausschau hält, verbraucht der Wagen Treibstoff – den man beim nächsten Tankstopp wieder auffüllen muss. Dazu kommt die generelle Abnutzung durch die zusätzlich gefahrenen Kilometer. Durchschnittlich 1,35 Euro Fahrzeugkosten entstehen jedes Mal, wenn man eine passende Lücke sucht. Für Berufspendler kann sich das im Jahr also locker auf 400 Euro aufaddieren.
Effiziente Parkhausauslastung:
Während der Kampf um bestimmte Parkplätze jeden Tag aufs neue entbrennt, bleiben viele Parkhäuser weitestgehend leer, weil sie entweder zu teuer sind oder zu weit abseits liegen. Zeigt einem eine App auch Lücken in kleineren und abgelegeneren Parkhäusern an, steuern Autofahrer auch die Plätze an, die vorher ungenutzt geblieben wären.
Städtisches Parkplatzmanagement:
Die Daten der smarten Parksteuerung können auch Verkehrsplanern der Stadtverwaltung bei ihrer Arbeit helfen. Sie können bei einer Analyse der Parkinfrastruktur erkennen: Wo sind Parkplätze knapp, wo braucht es zusätzliche Parkmöglichkeiten? Und andersherum: Wo ist viel ungenutzte Parkfläche, die man auch anderes nutzen könnte?
Die Technologie für vernetztes Parken ist vorhanden, aber noch hakt es an der Umsetzung. Denn für ein wirklich funktionierendes und effizientes Smart-Parking-System braucht es einen einheitlichen Standard – und vor allem viele Teilnehmer. Bosch beispielsweise ist in Gesprächen mit mehreren Autoherstellern, darunter Daimler, und geht davon aus, dass das Smart Parking noch dieses Jahr in Serie geht.
Doch natürlich löst Smart Parking nicht alle Probleme des innerstädtischen Verkehrs. „Das ist ein Baustein der Mobilität der Zukunft“, sagt Joern Ebberg. Aber andere Bausteine braucht es natürlich auch: Multimodale Verkehrskonzepte, Robotaxis, autonomes Fahren. Diese hängen alle zusammen, beispielsweise ist gerade beim autonomen Fahren ein Smart-Parking-System essenziell.
Das intelligente Suchen von Parkplätzen ist übrigens nur der erste Schritt der neuen Parktechniken. Der nächste Schritt wird das automatische Valet-Parken sein. Mit diesem kann man vor der eigenen Tür oder am Parkhauseingang aussteigen. Der Wagen findet dann alleine einen freien Parkplatz und fährt zielsicher in die Lücke.
Update vom 11. April 2018: Nun steht auch der erste Praxiseinsatz bevor: Das Automated Valet Parking kommt noch in diesem Jahr nach Aachen, und zwar in das neue Parkhaus des Clusters Produktionstechnik auf dem RWTH Aachen Campus. Dazu haben Bosch und der Fahrzeughersteller e.GO jetzt eine Zusammenarbeit vereinbart.