Kraftstoff alleine aus CO2 und Öko-Strom herzustellen, das wäre eine geschmeidige Lösung für die Verkehrswende. Synthetische Kraftstoffe können in klassischen Verbrennungsmotoren verbrannt werden, die Abfallprodukte der Herstellung können in der chemischen Industrie genutzt werden.

Mit einem Verfahren namens Co-Elektrolyse, wollen Jülicher Wissenschaftler genau das möglich machen. Noch steckt es zwar in den Kinderschuhen. Aber es liefert einen Hoffnungsschimmer, dass es eines Tages ein paar Klimaprobleme lösen kann.

Um aus einer Prise Kohlenstoff und reichlich Wasserstoff solche Kraftstoffe herzustellen, setzen die Forscher eine Hochtemperaturelektrolyse (SOEC) ein. Bei dieser Co-Elektrolyse wird 800 Grad heißem Dampf CO2 zugefügt. Das auf diese Weise erzeugte Gasgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid enthält die zur Produktion von wichtigen organischen Chemikalien erforderlichen Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff.

Synthesegas ist nach Ansicht der Wissenschaftler ein wichtiges Zwischenprodukt zahlreicher petrochemischer Prozesse, etwa der Herstellung von synthetischem Erdgas und chemischen Grundbausteinen wie Methanol oder Formaldehyd. Das Kohlendioxid wird dabei recycelt und mutiert so vom Klimasünder zum attraktiven Rohstoff.

Ein Königsweg zur Herstellung von grünem Synthesegas?

Der Vorteil der SOEC ist, dass als Katalysator keine Edelmetalle benötigt werden. Im Gegensatz zur bisher gängigen Niedertemperaturelektrolyse, bei der meist Platin zum Einsatz kommt, was die Kosten in die Höhe treibt. Die Jülicher Forscher verwenden dagegen kostengünstiges Nickel. Durch den Einsatz eines 3D-Druckers zur Herstellung der keramischen Membran sollen die Kosten zusätzlich sinken.

Damit zeigen die Wissenschaftler einen interessanten Weg auf. Denn die Preise für synthetische Kraftstoffe, die aus regenerativen Energien hergestellt werden, sind im Vergleich zu fossilen Rohstoffen zu hoch und damit nicht wettbewerbsfähig. Synthesegas wird daher noch aus fossilen Brennstoffen durch die Vergasung von Kohle und insbesondere durch die sogenannte Dampfreformierung fossiler Flüssigkeiten oder Erdgas hergestellt.

Und die Hochtemperaturelektrolyse hat noch einen Vorteil: Die Mengen an Wasserdampf und CO2 können exakt bestimmt werden. So kann in der einen Stunde Methan (CH4), in der nächsten Methanol (CH3OH) und etwas später dann noch Synthesegas (CO+H2) hergestellt werden. Für die Jülicher Wissenschaftler gilt vor allem die Co-Elektrolyse als Königsweg zur Herstellung von grünem Synthesegas. Es ist ein relativ neues und effizientes Verfahren, das dafür sorgt, dass Dieselautos und Benziner, aber auch Lkw, Flugzeuge und Schiffe praktisch klimaneutral fahren können. Synthetische Kraftstoffe verbrennen nahezu schadstofffrei. Die Abhängigkeit vom Öl sinkt und der Ausstoß von Stickoxid oder Feinstaub wird verringert.

Noch besteht Forschungsbedarf

Da sich synthetisches Gas gut transportieren und lagern lässt, kann es auch ins Gasnetz eingespeist und je nach Menge an zur Verfügung stehender Wind- und Sonnenenergie in Gaskraftwerken wieder rückverstromt werden. „Die Leistung aktueller Systeme baut im Testbetrieb bereits relativ schnell ab, was ein grundlegendes Verständnis der relevanten Mechanismen und die Entwicklung stabiler Hochleistungsmaterialien erforderlich macht“, erklärt Lambertus de Haart vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-9).

Frisch aus dem Drucker
Bei der Co-Elektrolyse kommt diese Membran aus dem 3D-Drucker zum Einsatz. Je dünner sie ist, desto mehr Wasserstoff kann produziert werden.
© Copyright Forschungszentrum Jülich

Im Projekt PROMETHEUS wollen die Jülicher Forscher gemeinsam mit der WZR ceramic solutions GmbH sowie der griechischen Aristoteles-Universität Thessaloniki und dem Mineralölunternehmen Hellenic Petroleum die technischen Probleme lösen und einen Low-Cost-Membranreaktor mit einer hauchdünnen keramischen Membran entwickeln, die mit 10-50 Mikrometern so dünn wie ein menschliches Haar ist. Denn je dünner die Membran, desto mehr Wasserstoff kann hergestellt werden.

Einen Interessenten für die Co-Elektrolyse gibt es bereits: Hellenic Petroleum will sie für seine Erneuerbare-Energien-Sparte HELPE RES nutzen. Doch noch besteht reichlich Forschungsbedarf. Erst in drei Jahren rechnen die Forscher mit einem Ergebnis. Dass das Verfahren grundsätzlich funktioniert, haben die Wissenschaftler aber bereits gezeigt. Eine erste Anlage lief über 18.000 Stunden – ein Weltrekord. Allerdings sind Alterungseffekte aufgetreten, die noch ausgemerzt werden müssen.

Raketentreibstoff aus künstlichem Öl

Als weltweiter Vorreiter der Hochtemperatur-Elektrolyse gilt das Dresdner Unternehmen Sunfire, das gerade der europäischen Wasserstoff-Initiative beigetreten ist. Neben Wasserstoff stellen sie den synthetischen Rohölersatz e-Crude her. Zusammen mit dem norwegischen Unternehmen Nordic Blue Crude AS bauen die Dresdner die erste kommerzielle Anlage zur Herstellung von e-Crude in Norwegen auf.

Ab 2020 soll sie mit einer elektrischen Leistung von 20 Megawatt 8.000 Tonnen synthetisches Öl pro Jahr produzieren und von Nordic Blue Crude AS an Auto-, Lkw-, Zug- und Flugzeugbauer und auch an Flug- und Schifffahrtslinien und Raffinerien für Spezial-Chemikalien verkauft werden.

Nach Angabe von Sunfire kann aus dem synthetischen Erdölersatz in bestehenden Raffinerien Wachs, aber auch Benzin, Diesel, Kerosin und sogar Raketentreibstoff gewonnen werden. Mit dieser Entwicklung hat sich Sunfire einen Platz unter den Global Cleantech 100 erobert – so etwas wie ein Ritterschlag für Cleantech-Unternehmen. „Es macht uns stolz, Teil der globalen Energiewende zu sein“, sagt dazu CEO Carl Berninghausen.

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