Im April 2017 radelte Carl Heinze durch den Englischen Garten in München – und musste sich dabei ganz schön konzentrieren. Denn steuern konnte er nur mit einer Hand am Lenker, in der anderen hielt er Zeitschrift und Tischtennisschläger. Einen Gepäckträger hatte er nicht am Fahrrad, den Rucksack hatte er zu Hause gelassen. Als Heinze so durch den Park fuhr, kam ihm der Gedanke, dass man eigentlich auch kleinere Gegenstände mit dem Fahrrad transportieren können muss, ohne einen klassischen Gepäckträger zu haben und ohne beide Hände vom Lenker nehmen zu müssen.
Zu Hause probierte er mit Gummibändern und Kabelbindern herum und entwickelte so einen ersten Entwurf von Carryyygum. Der nach eigener Aussage „kleinste Gepäckträger der Welt“ ist ein simples Gummiband, das man sich in einem Dreieck an den Lenker spannt. Carryyygum passt an fast alle Arten von Lenkern oder an den Rahmen des Fahrrads, egal ob schmales Stadtrad oder Mountainbike. Besonders jene Menschen, die das Gefühl haben, ein klassischer Gepäckträger würde ihr hübsches Fahrrad verschandeln, könnten sich für Carryyygum interessieren.
Pullover, Brötchen, Regenschirm
Ihnen kann das Band die kleinen Alltagsdinge wie Pullover, die Brötchentüte oder den Regenschirm beim Fahren aus der Hand nehmen. Für schwerere Lasten ist es aber nicht gemacht und Garantien für die Tragfähigkeit gibt es auch keine. Letztendlich sei es immer die Verantwortung der Fahrer dafür zu sorgen, dass sie sicher unterwegs sind.
Kabelbinder kommen beim fertig entwickelten Produkt nicht mehr zum Einsatz. „Mit meinem ersten Entwurf bin ich direkt zu mehreren Fahrradhändlern gegangen“, erzählt Carl Heinze. „Die waren zwar interessiert, sahen aber noch Platz für Verbesserungen.“ Der Entwurf habe tatsächlich noch einige Schwächen gehabt, beispielsweise seien die Halterungen am Lenker leicht verrutscht.
Die Kabelbinder mussten deshalb gummierten Halterungen weichen, um das Rutschen zu verhindern. Das Band selbst ist wasserfest und UV-resistent – wie lange es mindestens halten soll, weiß aber auch Carryyygum nicht: Da es noch so neu ist, habe man bisher kaum langfristige Erfahrungen machen können. Der Prototyp am Fahrradlenker von Carl Heinze sei aber trotz einjähriger Nutzung noch in gutem Zustand.
Unterstützung von der Stadt München
„Das Design von Carryyygum sieht zwar sehr einfach aus, ist aber komplexer als man denkt und hat dementsprechend auch eine Weile gedauert“, sagt Heinze. Zunächst hatte er noch selbst versucht, am Design zu tüfteln, musste dann aber eingestehen: „Ich bin kein Entwickler.“ Mit der Firma ID Design holte er sich deshalb einen professionellen Gestalter an Bord. Das Unternehmen hat auch Kontakte zu Partnern in China, wo der Mini-Gepäckträger ab August oder September in Serie hergestellt werden soll.
Die Finanzierung dafür hat Heinze gerade gesichert: Per Kickstarter-Kampagne sammelte er bisher knapp 16.500 Euro ein, deutlich mehr als die benötigten 9500 Euro. Darunter ist auch ein Zuschuss der Stadt München. Die Kampagne läuft noch, hat ihr Ziel aber schon erreicht.
Netzwerken bei der Eurobike-Messe
In der Zwischenzeit wartet Carl Heinze darauf, dass sein Patentantrag für Carryyygum durchgeht. Den Antrag habe er bereits früh in der Entwicklung gestellt, denn um mit dem Produkt Geld verdienen zu können brauche man diesen Schutz. „Wir haben bereits Feedback bekommen und die Chancen, dass wir das Patent erhalten, stehen gut“, sagt Heinze.
Dann soll der Gummiband-Gepäckträger vor allem bei Fahrradhändler verkauft werden, vermutlich für 26 Euro pro Stück. Um erste Kontakte mit Vertriebspartner zu knüpfen ist Carl Heinze spontan zur Eurobike-Messe in Friedrichshafen gefahren. Dort hatte er zwar keinen Stand, hat es aber geschafft, durch ähnlich DIY-ige Methoden, wie er sie auch bei der Entwicklung von Carryyygum an den Tag gelegt hat, auf sich aufmerksam zu machen. „Ich habe einfach schnell ein paar Flyer gedruckt und auf den Tischen verteilt.“ Einige Mini-Deals seien dadurch schon zustande gekommen.