Aurubis produziert Kupfer und damit auch Hitze: 1.200 Grad müssen in den Hochöfen schon sein, damit konzentriertes Kupfererz auch zu reinem Kupfer wird.
Einerseits gut für die Energiewende: Kupfer wird in E-Autos und Windrädern gebraucht. Andererseits: Der Abbau des Kupfers ist alles andere als umweltfreundlich und der Energieverbrauch von Aurubis ist immens.
Deshalb plant das Unternehmen schon länger, seine CO2-Emissionen zu senken. Seit 2002 sanken die Emissionen durch Brennstoffeinsatz bei der Kupfererzeugung von 0,26 auf 0,19 Tonnen CO2 pro Tonne Kupfer. Und nun profitieren von den Maßnahmen auch die Hamburger Anwohner.
Denn mit einem neuen Abwärme-Konzept können 8000 Haushalte in der Hafencity Fernwärme beziehen. Rund 160 Gigawattstunden sind das im ersten Schritt. Dadurch wird immerhin ein Ausstoß von mehr als 20.000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) im Jahr vermieden – so viel wie etwa 10.000 Mittelklasse-Pkw im Jahr ausstoßen.
Mehr CO2-Einsparungen möglich
Rund 10.000 Tonnen CO2 werden dadurch vermieden, dass ein Teil der Wärme für den eigenen Prozess verwendet und damit kein Erdgas mehr zur Dampferzeugung benötigt wird. Die andere Hälfte wird durch den Verkauf der Abwärme an den Energieversorger enercity vermieden, der die Hafencity mit Fernwärme aus der Kupferproduktion beliefert.
Möglich ist aber noch viel mehr. Aurubis könnte die dreifache Menge an Wärme auskoppeln, genug für mehr als ein Zehntel des Hamburger Wärmebedarfs. Gespräche mit Vattenfall und der Stadt Hamburg würden zurzeit laufen, erklärt ein Aurubis-Sprecher. Noch sei es aber nicht zu einer Einigung gekommen, die so ein Projekt technisch, politisch und wirtschaftlich möglich mache.
Und nötig ist es auch: Am Standort Hamburg stößt Aurubis etwa 170.000 Tonnen CO2 aus, hauptsächlich durch die Verbrennung von Erdgas zur Wärmeerzeugung. Dazu kommen indirekte Emissionen von rund 350.000 Tonnen, denn Aurubis bezieht seinen Strom großteils vom Steinkohle-Kraftwerk Moorburg. Und auch der zweite Standort Lünen trägt weitere 190.000 Tonnen CO2 zur Konzern-Klimabilanz bei.
Zwar schützt der Staat die energieintensiven Unternehmen nach Kräften, aber wenn der Handel mit CO2-Zertifikaten an Schwung gewinnt, dürfte sich die CO2-Vermeidung für Aurubis finanziell richtig lohnen. Würde etwa die komplette Abwärme genutzt, könnten etwa 140.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart werden, so das Unternehmen. Das Problem: Anreize für die Auskopplung industrieller Abwärme gibt es nicht. „Im Rahmen des Emissionshandels benötigen wir Zertifikate für jede Tonne CO2, die wir emittieren, erhalten aber keine Kompensation, wenn wir auf diesem Wege CO2-Ausstöße in den Haushalten reduzieren“, erklärt der Aurubis-Vorsitzende Jürgen Schachler. Belohnt werden daher nur Einsparungen auf dem Werksgelände. Vor den Toren spielt der EU-Emissionshandel keine Rolle.
So funktioniert es
Dennoch investiert das Unternehmen nun. „Um die Wärme für die Hafencity nutzbar auskoppeln zu können, lassen wir die Reaktion im Zwischenabsorber zukünftig bei höheren Temperaturen ablaufen als bisher“, erklärt Christian Hein, Leiter des Fernwärmeprojekts bei Aurubis. „Darum mussten wir diesen Anlageteil neu konzipieren und austauschen.“ Nur für die Eigennutzung sei ein Umbau des Zwischenabsorbers nicht wirtschaftlich, betont ein Firmensprecher. Dafür sei ein Abnehmer notwendig gewesen.
Von diesem Zwischenabsorber geht die Wärmeversorgung aus, denn hier passiert ein chemischer Nebenprozess: Der im Kupferkonzentrat enthaltene Schwefel wird als Schwefeldioxid weiterverarbeitet und dann zu Schwefelsäure umgewandelt – einem wichtigen Rohstoff für die Produktion von Düngemitteln und den Einsatz in der chemischen Industrie.
Bei der Umwandlung wird CO2-freie Wärme freigesetzt, die über einen Wärmetauscher Wasser auf eine Temperatur von 90 Grad aufheizt. Das wird vom Werksgelände an der Peute, der Binneninsel im Bogen der Norderelbe, über ein Rohrsystem bis zur Hafencity transportiert und gelangt von dort als kaltes Wasser zurück zu Aurubis. Bisher wurde die Wärme mit Kühlwasser aus der Elbe runtergekühlt, wofür die Kupferhütte bezahlen musste.
Schwieriger Weg für die Wärme
Vom Kupferproduzenten bis zur Hafencity sind es nur 3,7 Kilometer. Kein weiter Weg. Wäre da nicht überall Wasser, das überwunden werden muss: zwei Kanäle und die Norderelbe. Allein um den Peutekanal zu unterqueren, wurde ein rund 90 Meter langer Düker eingesetzt, der aus zwei Fernwärmeleitungen mit einer Umhüllung aus Beton besteht und 125 Tonnen wiegt.
Prozesswärme ist die größte Abwärmequelle in Deutschland. Experten schätzen, dass jährlich 125 Terawattstunden (TWh) im Temperaturbereich ab 60 Grad genutzt werden und somit bis zu 37 Millionen Tonnen CO2 und bis zu fünf Milliarden Euro Energiekosten eingespart werden könnten. Genutzt wird das Potenzial bisher kaum.
Auch Aurubis baut nicht weiter aus. Noch lohnt es sich finanziell nicht, die Investitionen für dieses Projekt waren bereits hoch. Allein für den Transport des heißen Wassers aus der Industrieproduktion in die Wohnungen und Bürogebäude der Hafencity und einer Energiezentrale, die Bedarfsschwankungen ausgleichen soll, investierte enercity etwa 20 Millionen Euro. Etwa dieselbe Summe benötigte Aurubis für die Umrüstung der Anlagen und den Umbau der Wärmetrassen bis zur Werksgrenze.
„Wir haben die Ambition, gemeinsam mit unseren Kundinnen und Kunden den Anteil erneuerbarer, CO2-freier Wärme auf 50 Prozent zu erhöhen“, sagt Susanna Zapreva, Vorstandsvorsitzende der enercity AG. Bundesweit ist das Projekt jedenfalls ein Vorbild: Das Cluster Erneuerbare Energien Hamburg zeichnete es mit dem „German Renewables Award“ aus und von der Dena wurde es für den „Energy Effiency Award“ nominiert, der im November vergeben wird.