Hunderttausende von Solar- und Tausende von Windkraftanlagen produzieren hierzulande bereits umweltfreundlichen Strom. Aber sie sind erst der Anfang der Energiewende in Deutschland. Und nicht nur die Produktion, auch die Verteilung des Stromes steht vor einer Wende: Es braucht Innovationen, um den Strom geschickt zu verteilen. Ein Ingenieur aus Kaiserslautern hat dafür jetzt eine weltweit einmalige Technik entwickelt.

Wie Autobahnen bringen Hochspannungsnetze den Strom der Großkraftwerke, die noch immer den größten Teil der elektrischen Energie liefern, in die Städte und Gemeinden. Dort, quasi an den Ausfahrten, wandeln Umspannwerke und Trafostationen die Spannung von 110.000 bis 380.000 Volt in haushaltsübliche 230 bzw. 400 Volt um. Dieser Strom wird über lokale Niederspannungsnetze zu den Wohnhäusern und Betrieben transportiert. Zwei Drittel des Stromnetzes machen diese Landstraßen aus, rund 1,2 Millionen Kilometer.

Ein Teil des Stromes hat aber inzwischen die Richtung gewechselt. Er fließt von den kleinen, dezentralen Stromproduzenten, etwa Photovoltaikanlagen auf den Dächern, ins Netz zurück. Bundesweit gibt es inzwischen über 1,6 Millionen dieser Stromerzeuger. Die Stromstärke und die Spannung variieren dabei je nach Wetter: Viel Sonne produziert viel Solarstrom und bringt die Niederspannungsnetze dann schnell an ihre Grenzen.

Gleichmäßiger Strombedarf ist Vergangenheit

Das gleiche gilt, wenn in den Häusern abends die Lampen leuchten, Fernseher laufen, Waschmaschinen rotieren oder auf dem Herd das Essen kocht. Das belastet die Netze der sogenannten „letzten Meile“ ebenfalls. Künftig werden außerdem immer mehr Elektroautos an den Steckdosen hängen, um ihre Akkus zu laden. Eine Überlastung der Netze kann dann im Extremfall zur Überhitzung oder gar dem Durchbrennen der Leitung führen. Dann ginge dort gar nichts mehr.

Das will Stefan Lang, Diplom-Ingenieur bei der Pfalzwerke AG, verhindern. Im Rahmen seiner Promotion an der TU Kaiserslautern hat er einen Netzregler entwickelt, der den Stromfluss in den Niederspannungsnetzen misst und regelt. Vorstellen kann man sich das wie das Straßennetz rund um die eigene Wohnung. In den Stoßzeiten nimmt der Verkehr (der Strombedarf) zu. Die Folge: Die Hauptstraße verstopft. Einzelne Autofahrer, und dann immer mehr, suchen sich Umleitungen, um zum Ziel zu kommen. Irgendwann ist die Hauptstraße entlastet, so dass der Verkehr auch hier wieder fließen kann. Sinnvoll wäre es aber, rechtzeitig Umleitungen auszuschildern, damit der Stau erst gar nicht so extrem anschwillt.

Verkehrsleitsystem für Stromautobahn

Stefan Langs Regler für die lokalen Stromnetze macht genau das: Er misst den Strom, und leitet diesen wenn nötig an den Kreuzungspunkten automatisch um, bis die „verstopften“ Leitungen wieder entlastet sind. „An zahlreichen Punkten misst der Regler den Strom in den verschiedenen Leitungen“, erklärt der Ingenieur. „Er ermittelt, wie viel Strom in welchen Leitungen fließt, regelt den Stromfluss und steuert gegen, wenn zum Beispiel in einer Leitung mehr Strom fließt, als diese führen darf.“

Das Besondere dabei: Der Regler braucht keine neue Technik. Er setzt sich zusammen aus konventioneller Transformatortechnik, die sich leicht in vorhandene Verteilerschränke einbauen lässt und eine hohe Lebensdauer verspricht. Das erleichtert die Wartung und kostet kaum mehr als 30.000 Euro. Gemeinsam mit dem Energietechnikunternehmen Walcher und der Power Plus Communications AG hat Lang einen Prototypen gebaut und ihn auf dem Kaiserslauterer Campus getestet. Auch einen ersten Einsatz in der Nähe von Landau hat die Technik erfolgreich absolviert.

Dafür hat der Ingenieur im November 2017 den 2. Preis der Stiftung Energie & Klimaschutz bekommen. „Soweit ich weiß, ist dieser Regler weltweit der erste“, sagt der Ingenieur. Gut möglich also, dass in Zukunft viele Deutsche mit Strom versorgt werden, dem Stefan Langs Regler die Richtung gezeigt hat.

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