An den Transrapid erinnert man sich in Deutschland mit gemischten Gefühlen. Zwar wurde die Magnetbahntechnik einst hier entwickelt. Alle Versuche, einen solchen Zug kommerziell zu betreiben sind letztendlich aber gescheitert. Lediglich in Shanghai fährt der Transrapid heute, als Zubringer zum Flughafen.
Überraschend gibt es jetzt einen neuen Anlauf für die eigentlich alte Technologie. Er kommt wieder aus Deutschland, geht aber einen völlig anderen Weg als das berühmte Vorbild: Das aktuelle Projekt soll nicht Städte miteinander verbinden. Es könnte vielmehr eine weitere Variante des Personennahverkehrs werden.
Entwickelt hat den Zug der Baukonzern Max Bögl. Derzeit läuft das deutsche Genehmigungsverfahren, das Unternehmen rechnet spätestens bis zum nächsten Frühjahr mit dem Abschluss. Kommunen könnten dann viel befahrene Straßen um eine Magnetbahn ergänzen oder Neubausiedlungen an die Innenstadt anbinden.
Chinas Metropolen als Zielmarkt
Versteckt in der ostbayerischen Provinz hatten Techniker um Firmenchef Stefan Bögl lange an dem System gearbeitet, das sie TSB nennen – Transport System Bögl. Mit dem ehrgeizigen Projekt wagt der Traditionskonzern aus Sengenthal einen Alleingang, in den er 35 Millionen Euro investiert hat. Bögl ist überzeugt, dass seine Technologie Metropolen vor dem Verkehrsinfarkt bewahren könnte. Kein Wunder, dass der erste Interessent aus China stammt.
Schneller, keine Abgase und leiser als bekannte Schienensysteme: Das sind die Vorteile einer Magnetschwebebahn, von denen Bögl überzeugt ist. Sollte sich die Technik des 43-jährigen Chefs von 6500 Mitarbeitern durchsetzen, könnte sich für ihn ein Milliardenmarkt öffnen.
Der TSB soll einmal Strecken zwischen einem und 30 Kilometern Länge bedienen. Bislang werden dafür Straßen- und Schnellbahnen eingesetzt. Stattdessen oder zusätzlich könne man TSB-Trassen errichten, heißt es in der Oberpfalz. Auf diesen Strecken könnte alle 80 Sekunden ein Zug verkehren, vollautomatisch und ohne Fahrer und bis zu 150 Kilometer pro Stunde schnell.
Nicht teurer als der Straßenbahnbetrieb
Anders als heutige Schienenfahrzeuge würden diese Bahnen fast geräuschlos dahingleiten. Sie schweben schließlich auf einem sieben Millimeter dicken Luftpolster. „Wartungsarm und ohne Verschleiß“ sei der Betrieb, versichert ein Firmensprecher. Wegen dieser Eigenschaften macht Bögl eine interessante Rechnung auf: Über die realistische Nutzungsdauer von mehreren Jahrzehnten gerechnet komme Städten der Betrieb einer Magnetschwebebahn inklusive der Anfangsinvestition in den Fahrweg nicht teurer als der einer herkömmlichen Straßenbahn.
Die „Gleise“ des TSB sind eine Art Betonrinne. Diese wird 1,20 Meter hoch auf die Straße aufgesetzt, der Zug bewegt sich innerhalb dieser Rinne. Anders als beim Transrapid ist die Technik in den Fahrweg eingebaut und damit vor Wind und Wetter geschützt. Auf dem Firmengelände in der Oberpfalz fährt bereits ein Prototyp dieser Bahn. Im chinesischen Chengdu wird die zweite Teststrecke errichtet. Ihr Ziel: Die Betriebsgenehmigung durch die dortigen Behörden. Dann könnte Bögl loslegen, die Mega-Metropolen des riesigen Landes mit Magnetschwebetechnik auszurüsten.