Mit Christoph Weigler wollte Uber vergangenen Herbst neuen Schwung ins Deutschland-Geschäft bringen. Denn der hiesige Markt gilt nicht zuletzt wegen der starken Taxi-Lobby als problematisch für das US-Unternehmen. In München und Berlin behielt das Unternehmen aber einen Fuß in der Tür, mit professionellen Fahrern. Ob es dabei bleibt und warum der Umweltschutz für Uber nur schöne Nebensache ist, erklärt er Edison im Interview.
Edison: Herr Weigler, was ist Ihre Meinung zur deutschen Autobranche?
Christoph Weigler: Ich habe neun Jahre als Berater für alle namhaften deutschen Hersteller gearbeitet. Meiner Meinung nach tut man der Branche unrecht, wenn man ihren Erfolg nun allein an Dieselgate misst und an der Frage, warum sie so lange für die Entwicklung eines leistungsstarken E-Autos gebraucht hat. Es ist so, dass die Verbraucher weiterhin SUVs und andere Verbrenner nachfragen. Das können die Hersteller nicht ignorieren.
Von der Hand zu weisen ist aber nicht, dass die Branche so stark in der Kritik steht wie noch nie. Die Deutschen haben das Vertrauen ins deutsche Auto verloren. Ebnet das den Weg für neue Player am deutschen Mobilitätsmarkt, wie eben Uber?
Es gibt ein großes Bedürfnis nach verlässlicher und bezahlbarer Mobilität jenseits vom privaten Autobesitz. Das nennt sich dann Carsharing oder wie im Fall von Uber Ridesharing. Um den Bogen zur aktuellen Kritik an der Automobilbranche zu schließen: Nicht nur das Elektroauto ist wichtig, sondern auch innovative Geschäftsmodelle, die die neuen Mobilitätsbedürfnisse der Verbraucher adressieren. Menschen bestellen zunehmend Fahrten nur dann, wenn sie sie benötigen, anstatt sich ein eigenes Auto in die Garage zu stellen. Damit sitzt der wichtigste Kunde für Automobilhersteller künftig nicht mehr unbedingt hinter dem Steuer, sondern eher hinten rechts auf der Rückbank.
Wie ist Ihr Verhältnis zur konventionellen Branche?
Daimler-Chef Dieter Zetsche saß vor einem Jahr auf einem Podium mit Travis Kalanick, bis vor kurzem noch Uber-Chef. Zetsche bezeichnete Uber damals als „Frenemy“, also als eine Mischung zwischen Freund und Feind. Ich denke, die Bezeichnung trifft es. Uber ist für die Hersteller in manchen Bereichen eine Konkurrenz. Gleichzeitig werden wir niemals ein Auto bauen. Wir liefern die Software, die Möglichkeit zur Vernetzung. Ich glaube, die Möglichkeiten für Partnerschaften mit Herstellern sind wesentlich größer als die Rivalitäten. Mit Daimler beispielsweise haben wir im Rahmen einer internationalen Kooperation beschlossen, dass das Unternehmen selbstfahrende Mercedes-Modelle über die Uber-App zur Verfügung stellt.
Was ist denn für Uber in Deutschland gerade alles möglich und was nicht?
Wir sind 2013 in Deutschland gestartet und haben den Fehler gemacht, das Geschäftsmodell aus den USA eins zu eins auf den deutschen Markt übertragen zu wollen. Mit dem Vermittlungsdienst uberPOP, bei dem Privatpersonen andere in ihrem eigenen Auto mitnehmen konnten, sind wir dann auch auf großen Widerstand gestoßen und haben das Produkt eingestellt. Mittlerweile vermitteln wir Fahrten nur noch an professionelle Fahrer. Personenbeförderungsschein und Mietwagenkonzession zu erlangen, dauert in Deutschland aber bis zu sechs Monaten. Deshalb arbeiten wir mit Unternehmen zusammen, die entsprechend ausgebildete Fahrer bereits angestellt haben. Etwa RocVin, deren Fahrer früher mal für den Bundestag gefahren sind.
Welche deutschen Regeln finden Sie besonders nervig?
Absolut keinen Sinn macht für mich die Regel, dass Chauffeure im Gegensatz zu Taxis nach einer erbrachten Fahrt einer Rückkehrpflicht zum Betriebssitz unterliegen. Die Straßen werden also durch leer zurückfahrende Autos verstopft. Die Regel kommt historisch daher, dass man nicht wollte, dass potentielle Kunden auf der Straße von Chauffeuren angesprochen werden, da man ihre Autos ja nicht von außen erkennen kann. Heute aber gibt es Handys oder Apps, über die der Kunde das Chauffeursunternehmen kontaktieren kann. Aus meiner Sicht ist die Regelung auch aus ökologischer Sicht ein Desaster.
Würden Sie Uber als ein Unternehmen bezeichnen, das ein Interesse an Umwelt- und Klimaschutz hat?
Ja absolut, wenngleich wir nicht aus dieser Ecke kommen. Uber ist in erster Linie effizienzgetrieben. Wir wollen die Ressourcen, die zur Verfügung stehen, also halbleere Autos, effizient nutzen. Das wir damit Umwelt und Klima schonen, ist eine wertvolle Konsequenz daraus. Die Leute lassen unseretwegen ihr Auto stehen. Mittlerweile werde ich immer öfter zu Podiumsveranstaltungen eingeladen, bei denen es um saubere Mobilität geht. Die Idee, dass Technologie einen Beitrag zu nachhaltiger Mobilität leisten kann, setzt sich also immer stärker durch. Natürlich wäre es schön, in Deutschland auch uberPOOL anzubieten.
Was ist denn damit gemeint?
Wenn ich als Kunde der Pooling-Möglichkeit zustimme, kann der Fahrer unterwegs noch andere Kunden mitnehmen, die ohnehin auf dem Weg warten. So wird das Auto noch effizienter genutzt und für den Kunden wird es günstiger. Allerdings verbietet das Personenbeförderungsgesetz das Pooling. Dort heißt es, dass Mietwagen nur im Ganzen gebucht werden dürfen. Wir hoffen, dass sich hier noch etwas tut.
Arbeitet Uber auch zur E-Mobilität in Deutschland?
Das verfolgen wir sehr aufmerksam und haben in anderen Ländern schon zahlreiche Projekte gestartet. In München sind auch schon einige Elektrofahrzeuge verfügbar. Und im Herbst beispielsweise werden wir dort uberGreen starten, mit 20 voll- und teilelektrischen Fahrzeugen. Ziel ist es, bis Ende des Jahres 10.000 Menschen in München eine Fahrt in einem voll- oder teilelektrischen Auto zu ermöglichen.
Bitte spinnen Sie mal: Wie wird der Verkehr im Jahre 2050 aussehen und welche Rolle spielt Uber dann?
Ich kann mir gut vorstellen, dass der meiste Verkehr über öffentlichen Nahverkehr läuft, also Straßen- und U-Bahnen und auch E-Busse. Der Pkw, wahrscheinlich gänzlich elektrisch betrieben, ist eine Ergänzung, beispielsweise für die „erste“ und „letzte“ Meile. Uber wird dabei sein, weil wir Effizienz in die Mobilität bringen. Das wird übrigens durch das autonome Fahren immer wichtiger.
Lässt sich das schon betrachten?
Durchaus. Wenn Sie in Pittsburgh, San Francisco oder Nevada ein Uber rufen, kann es sein, dass Sie von einem selbstfahrenden Fahrzeug abgeholt werden. Der Fahrer ist nur noch zur Sicherheit an Bord. Bei diesen Autos stammt die Software und Hardware für die selbstfahrende Technologie von uns. Der nächste Schritt ist dann ein Projekt wie „Elevate“. Dort geht es darum, das Uber-Konzept mit Senkrechtstartern in die Luft zu übertragen. Das klingt erst mal nach Science-Fiction, aber das ist es nicht mehr.