Donnerstagmorgen um halb neun in Zürich, Uraniastraße 18: Auftritt des Chefs. Anton M. Piëch, Jahrgang 1978, könnte auch noch als jugendlicher Nerd durchgehen. Modischer Vollbart, passende Brille, legeres Sakko ohne Krawatte, grünes Bändchen am Handgelenk, Jeans und Sneaker. In der Hand eine E-Zigarette, die dann immer mal wieder zum Einsatz kommt, im Gesicht gleich ein freundliches Lächeln. Spürbare Neugier auf den Gesprächspartner, der spürbare Drang, sein großes Projekt, das manche noch belächeln, uns gleich mit vollem Speed näherzubringen.
Eine feine Adresse ist das hier, das Bankenviertel gleich um die Ecke, gegenüber das angesagte italienische Restaurant Golosone. Rundum große Panoramascheiben, hinter uns die kleine Bar. Flache Designermöbel in gedeckten Trendfarben. Dazu dunkle Wände und einige puristische Accessoires. Es riecht so frisch wie beim Einzug in eine neue Wohnung. „Wir haben den Concept Store ja erst seit zwei Tagen geöffnet“, grinst Piëch, den hier alle Toni nennen. „Das war ein echter Glücksgriff“. Morgen kommen dann die Investoren zu Besuch, ab nächste Woche darf das interessierte Publikum rein. Ach ja, die schicken Möbel sind quasi eine Zweitverwertung, erfahren wir später, die schmückten noch vor wenigen Wochen den Stand der Piëch Automotive Group auf dem Genfer Autosalon.
Streben nach Superlativen
Genau, da gab es doch mit dem Piëch „Mark Zero“ die Weltpremiere eines ziemlich aufregenden Sportwagens. Ein vollelektrischer GT, knackige 4,43 Meter lang, der, so die Ankündigung, mit insgesamt drei E-Motoren und 611 PS/450 Kilowatt Leistung in 3,3 Sekunden auf Tempo 100 rauschen soll. Eine zweisitzige Fahrmaschine, die mindestens 500 vollgasfeste Kilometer am Stück schaffen soll und deren Lithium-Ionen-Batterie sich dann in der Wahnsinnszeit von nur vier Minuten und 40 Sekunden wieder zu 80 Prozent aufladen lassen soll. Logo, haben alle gesagt, mit diesem Namen an den Hacken muss man der Branche einfach zeigen, wo der Hammer hängt. Wenn man eben Anton Piëch heißt und einen Ferdinand Piëch, 81, zum Vater hat (und Marlene Porsche als Mutter). Einen Porsche-Enkel also, der erst wilde Sportwagen konstruierte (Porsche 917 und so), danach Audi wachküsste und später als gefürchteter Vorstandschef das riesige VW-Imperium aufbaute. Automobilbau steckt da schon mal in den Genen und das Streben nach Superlativen auch. Schließlich dreht die Porsche-Piëch-Dynastie schon seit Generationen und immer wieder das große automobile Rad.
Allerdings: Mit dem E-Mobil-Projekt von Toni Piech will in der Familie niemand etwas zu tun haben. Wolfgang Porsche schaute in Genf zwar auf dem Piech-Stand vorbei und schüttelte seinem Neffen kräftig die Hand. Aber Papa Ferdinand ließ über die Springer-Presse kurz nach der Messe mitteilen, dass er bei dem Projekt „nie dabei“ war und „nicht beteiligt sein werde“. Cooler Schachzug des Alten, damit war schlagartig Ruhe an der Front. Und sein Sohn, der dem nichts hinzufügen möchte, hat nun den Rücken frei von familienpolitischen Spekulationen. Trotzdem wetten wir jetzt um viele Tafeln Schweizer Schokolade, dass der Tecknik-Fanatiker Ferdinand Piëch über die wichtigsten Details des Sportwagen-Projektes bestens informiert ist und dafür die eine oder andere Tür in der Branche geöffnet hat.
Aber lassen wir das Thema, wenden wir uns einer anderen Frage zu – der nach dem Warum: Warum tut Toni Piech sich das alles an, den Stress mit der Familie, den Stress mit dem Aufbau einer Automarke und des Entwicklung eines Elektromobils der besonders sportlichen Art? Der Weg war ja nicht vorgezeichnet. Piech hat statt Fahrzeugtechnik oder Betriebswirtschaft in Princeton Sinologe studiert, statt als Ingenieur als Journalist gearbeitet und in China eine Medienfirma gegründet. Warum jetzt diese Volte?
Er erklärt jetzt sehr schön, dass das natürlich nicht so stringent geplant war. „Es gibt da keine spezielle Vorgeschichte oder einen tollen Gründermythos.“ Aber mit seinem kroatischen Freund und heutigem Co-Geschäftspartner und Kreativdirektor Rea Stark Rajcic habe er in China neue Geschäftsmodelle an fast jeder Straßenecken gesehen. Und schon immer hätten sie beide für klassische Sportwagen der 60er und 70er Jahre geschwärmt. Genau, für die alten Ferraris und andere Italiener oder auch die Aston Martin-Modelle dieser wilden Epoche. Seine Augen leuchten.
Das Porsche-Prinzip
Dann hätten sie sich schwer gewundert, das es diese aufregenden, exklusiven Schöngeister nirgendwo mehr gäbe. Ausgestorben. „Wir hatten plötzlich eine Marktnische erspäht, die niemand auf dem Schirm hatte“. Ergo: Selber machen. Das erinnert stark an das Porsche-Prinzip und den Gründungs-Mythos der Sportwagenmarke Porsche. Wir zitieren Ferry Porsche: „Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“ Eine ähnliche Motivation, eine ähnliche Produktvision treibt nun auch seinen Großneffen: „Ein aufregendes, puristisches Fahrerauto, aber auch ein Ding, das man sammeln kann, das zwanzig oder dreißig Jahre lang schön bleibt.“ Seine Augen leuchten noch mehr. „Wir haben relativ schnell kapiert, dass da unter Autoliebhabern was frei liegt und dass der Mark Zero, wenn wir ihn denn hinbringen, einer gewissen Kundengruppe sehr gefallen wird.“
Früher hätte unter der Motorhaube wenigstens ein Sechszylinder-Benziner gewerkelt, heute muss der Antrieb natürlich elektrisch sein, na klar, das passt besser in die Zeit. Mit einer kleinen lässigen Einschränkung. „Nur weil das Ding einen elektrischen Antrieb hat, muss es nicht ein selbstfahrendes UFO sein.“ Und dann, so Piëch, hätten sie sich mit schlauen Leuten unterhalten, ob das Ganze auch Sinn mache oder ein Holzweg sei. „Die waren fast alle begeistert, danach haben wir fast drei Jahre an dem Ding rumdesignt.“ Der Rea („Der hat ein phantastisches Auge“) und der von ihnen verpflichtete junge ungarische Nachwuchsdesigner László Varga seien da unerbittlich gewesen.
Heritage aus vier Generationen
Das Ergebnis, das originale Messe-Exponat, steht wenige Meter hinter uns. Sehr breit (1,99 m), sehr flach (1,25 m), fast wie aus einem Stück gedengelt. „Achten Sie auf die großen Grill und diese sehr lange Motorhaube“, beschwört uns einige Minuten später der Kreativdirektor, dessen persönliches Styling übrigens exakt zum Auto passt: Weißes Hemd, eng geschnittener dunkelblauer Anzug, dazu modische hellbraune Schuhe. Er glüht vor Begeisterung. „Schauen Sie sich diese organischen Sportwagenformen an, diese wunderschönen Linien!“ Das sei ein klassischer Gran Turismo, hier gäbe es keine unnötigen Kanten, abgesehen vom scharfen Heckabriss, der ein wenig an frühere Aston Martin-Modelle erinnert.
So spektakulär wie das Design ist allerdings auch die Technik des „Mark Zero“. Längst hat sich herumgesprochen, dass allein die Batterien mindestens so sensationell sind wie das ganze Projekt selbst. Dass es heute dazu in Zürich Neuigkeiten gibt, die über die gerade genannte revolutionäre Ladezeit von 4:40 Minuten an einer ganz speziellen Ladesäule des Partners TGOOD (zu dem später mehr) hinausgehen. Denn selbst an den neuen High Power-Chargern mit 400 Volt Spannung und einer maximalen Ladeleistung von 350 Kilowatt von Ionity soll der „Mark Zero“ nicht länger als 8 Minuten (80 Prozent) oder 12 Minuten (100 Prozent) stehen müssen. Der im Frühjahr nächsten Jahres startende Porsche-Elektrosportwagen Taycan braucht dafür trotz aufwendiger 800-Volt-Technik rund 15 Minuten, ein Tesla an der Supercharger-Station mindestens 30 Minuten. „Da sind wir fünfmal so schnell“, behauptet Klaus Schmidt, 63, der Technik-Chef der Piëch Automotive Group. In der Branche ist er bestens bekannt. Jahrelang war er bei der BMW M GmbH an der Entwicklung diverser supersportlicher Autos beteiligt. Danach war er für ein paar Jahre Technik-Guru beim chinesischen Automobil-Newcomer Qoros. Er ist ein Ingenieur aus Leidenschaft, der in der Branche bestens vernetzt ist. Und erklärt uns schon den nächsten Hammer des Projekts. „Mit dieser TGOOD-Box können Sie den Mark Zero in der gleichen Rekordzeit von 4:40 Minuten auch zu Hause laden.“
Die TGOOD-Ladebox hat das Format eines US-amerikanische Kühlschranks. Über einen ganz speziellen 8-poligen Ladestecker und ein extrem leitfähiges Spezialkabel wird die Verbindung zum Auto hergestellt. Und wie kriegt man die aberwitzig schnelle Energieübertragung hin, ohne die Batterie zu zerstören? Ganz einfach, erklärt Schmidt. Die Ladebox sei eigentlich nichts anderes als eine Art Powerbank. Ein Batteriepaket mit rund 100 Kilowattstunden Speicherkapazität. Angeschlossen ans Netz, an eine Wind oder Photovoltaik-Anlage, sauge sich der Speicher in aller Ruhe mit Energie voll – um es dann bei Bedarf blitzschnell ins Auto zu übertragen. Und weil der große Kasten über einen AC/DC-Wandler verfügte, funktioniert es auch umgekehrt, kann das Auto überschüssigen Strom auch ins smarte Home zurückspeisen. „Wir wollten damit gleich ein rundes Energiekonzept anbieten“, sprudelt Piëch dazwischen. „Das bietet sich auch als Energiespeicher für größere Anwendungen jenseits des Autos an, insbesondere, wenn es um Peaktime-Probleme geht.“ Soll heißen: Wenn Energieengpässe oder gar ein Stromausfall droht, weil Millionen von Elektroautos gleichzeitig Stromzapfen. Unwahrscheinlich, aber nicht auszuschließen.
Alles bleibt kühl: Zellen, Stecker und Kabel
Aber wird das Ladekabel bei dem hohen Ladetempo nicht ziemlich heiß? Zumal die Box über keine Kühlung verfügt. Schmidt schüttelt amüsiert den Kopf. „Zimmertemperatur, 24 Grad“. Er hätte in China diverse Versuche dazu erlebt, sogar mit Stromstärken von 600 und 1500 Ampere. „Da ist nichts passiert, das Kabel konnte man anfassen, ohne sich die Finger zu verbrennen.“ Wenn schon nicht das Ladekabel, dann müssten doch zumindest die Zellen des „Mark Zero“ glühen bei diesem irren Ladespeed. Kann er mal was zur Zellkühlung sagen? Darauf hat Schmidt gewartet, genüsslich packt er die nächste Überraschung aus: Beim Schnellladen stiege die Temperatur in den Zellen gerade mal um 13 Grad. „Deshalb kommen wir ohne Flüssigkeitskühlung für den Akkupack aus – Luft reicht.“ Und die Luft werde über die Klimaanlage gekühlt, eigentlich auch nur, damit in der Batterie kein störendes Kondenswasser entstehe. Er überlege sogar, später selbst darauf zu verzichten und die Batterie nur noch von unten durch Außenluft zu kühlen.
„Und weil man unsere Batterie ohne Temperaturprobleme extrem schnell laden und entladen kann“, ergänzt Piëch, „funktioniert auch die Rekuperation (Energierückgewinnung in Schub- und Bremsphasen, d. Red.) hervorragend.“ Bis zu 0,6 g Verzögerung über die E-Maschinen ohne Einsatz der konventionellen Bremsen seien möglich – beim neuen Audi e-tron sind es nur 0,3 g. Heißt, dass der Fahrer im Alltagsbetrieb das Bremspedal kaum benötigt und dass der Mark Zero, wenn alles auch im Alltagsbetrieb funktioniert, sehr effektiv ist. Außerdem soll der Energiespeicher des Autos im Realbetrieb immerhin 97 Prozent seiner Kapazität nutzen. Mit Rücksicht auf die Lebensdauer der Zellen lassen die meisten Konkurrenten bis zu 20 Prozent der Kapazität ungenutzt. „Deshalb“, argumentiert Schmidt, „reicht uns eine Batteriekapazität von 70 kWh für 500 Kilometer Reichweite nach WLTP-Norm.“ Trotzdem sollen die Zellen nach 3000 Ladezyklen immer noch eine Kapazität von mindestens 80 Prozent haben. Schmidt erzählt noch mehr. Im Testbetrieb hätten die Batterien jetzt bereits rund 5000 Ladevorgänge erlebt ohne dass die Speicherfähigkeit spürbar gelitten habe. „Die müssen während der Lebenszeit des Autos nicht gewechselt werden«, prognostiziert er.
Und damit nicht genug. Weil die Flüssigkeitskühlung wegfalle, wiege die komplette Batterie, inklusive Hochvoltbox und Batteriemanagement, nur rund 500 Kilo. Einen noch einen netten Gag hat er parat: Wenn der Akku einmal leer und keine Ladesäule in Reichweite sei, kann der Fahrer per Smartphone-App andere „Mark Zero“ herbeirufen und um Hilfe bitten. Denn das bidirektionale Laden funktioniere auch von Fahrzeug zu Fahrzeug.
Bald mit dem Prototyp auf den Nürburgring
Noch in diesem Jahr soll ein erster Prototyp des Mark Zero auf die Straße kommen. Und für Frühjahr 2020 sollen mit dem Sportwagen schnelle Runden auf der Nürburgring-Nordschleife gedreht werden. „Kein Problem für unsere Batterien“, schwört der Technikchef. Genüsslich erzählt er, dass Tesla-Modelle in Kundenhand auf der Nordschleife schon nach einer halben brutalen Rennrunde ins Notprogramm schalten, um die Batterie zu schonen.
Wir hätten jetzt gern noch ein paar mehr harte Fakten, beispielsweise über die wundersamen Batteriezellen, die ohne kritische Rohstoffe auskommen sollen. Über die Pouchzellen darf Schmidt wegen des laufenden Patentverfahrens noch kein Sterbenswörtchen sagen. Aber in China würden von dem neuen Zelltyp auf zwei kleineren Produktionslinien bereits täglich 100 Einheiten gebaut. Und der TÜV Süd, aber auch die Systemspezialisten von Hofer Powertrain sowie vom Steinbeis-Transferzentrum Fahrzeugtechnik an der Hochschule Esslingen hätten unabhängig voneinander identische Zellen zum Testen bekommen – „und alle unsere Angaben bestätigt“, freut sich der Technikchef.
Starke Technologiepartner in China
Elektroautos sind immer nur so leistungsfähig wie die Batterie, die den Strom für den Antrieb liefern. Insofern hängt der Erfolg der neuen Automarke auch und in besonderem Maße von Piëchs Partnern für Ladetechnik und Zellfertigung ab. Auch über die haben wir uns natürlich informiert. Es sind, so viel kann man jetzt schon sagen, ziemlich heiße Player. Das gilt speziell für die im chinesischen Qingdao angesiedelte Desten Group. Das 2015 in Hongkong gegründete Unternehmen hat die coolen Zellen, die Batterien und das Ladekonzept für Piëch entwickelt. Es will zudem eine riesige Batteriefabrik hochziehen. Desten ist ein innovatives und rasant wachsendes Unternehmen mit eigener Forschungsabteilung. Im Angebot hat es nicht nur Zellen und Batterien, sondern auch Hochleistungskabel und Schnelladesysteme für industrielle und private Anwendungen.
Und dann ist da noch TGOOD. Der ebenfalls in Qingdao beheimatete, von Ingenieuren aus Deutschland und China gegründete und von einem ehemaligen Siemens-Manager geleitete Technologiekonzern zählt im Reich der Mitte zu den Treibern der Elektromobilität. In den vergangenen Jahren hat er dort ein Netz mit über 210.000 Ladeterminals in über 300 Städten aufgezogen. Die Stationen sind allesamt miteinander vernetzt und werden mit künstlicher Intelligenz gesteuert, um das Netz nicht zu überlasten und Fahrern von Elektroautos immer eine Lademöglichkeit zu offerieren. TGOOD betreibt Tochterfirmen in allen wichtigen Regionen der Welt – und ein Forschungszentrum in Hückelhoven bei Aachen. Ziel der Kooperation mit Piëch ist die Entwicklung eines effizienten Schnelladenetzes für die völlig neue Generation von Batterien. Die flexiblen, modularen Ladeeinheiten von Desten ließen sich auch an Tankstellen aufbauen, sie sollen als Netzwerk sogar jede Art von Schwankungen in der Energieversorgung ganzer Regionen auffangen können. Piëch kennt den umtriebigen TGOOD-Chef Helmut Rebstock aus seiner China-Zeit persönlich. Kennen ist eine Untertreibung. „Das ist ein guter Freund von mir“, grinst er. „Um die Freundschaft nicht zu gefährden, wollten wir eigentlich nie zusammen Geschäfte machen.“ Naja, für Desten und TGOOD ist das Piëch-Projekt jedenfalls ein willkommener Türöffner für den westeuropäischen und amerikanischen Markt.
Bis zu 10.000 Autos
2022 soll die „Mark Zero“-Studie unter der Modellbezeichnung Piëch GT-2 auf den Markt kommen. Es ginge auch schneller, aber man wolle, so Piëch, nur versprechen, was man halten könne. „Am Ende der Serienentwicklung werden wir ultrakonservativ sein, schließlich wollen wir deutsche Sportwagenqualität liefern.“ Also bloß kein Stress, auf der Batterieseite sei man ohnehin konkurrenzlos. Mag er was zu den Stückzahlen sagen? „Wir rechnen mit bis zu zehntausend Einheiten“. 1000 Exemplare vom zweisitzigen GT-2, 1000 Exemplare von einer viersitzigen Sportlimousine namens GT-4 und obendrein 8000 Einheiten von einem SUV namens GT-X, der auf der gleichen Plattform aufbaut. Papa Ferdinand würde das ein Hütchenspiel nennen: Eine Antriebseinheit, mehrere verschiedene Aufbauten. So schafft man Stückzahlen, Skaleneffekte – und ordentlich Margen. Die Autos sollen sich ungefähr zu je einem Drittel auf Kunden in Westeuropa, Nordamerika und China verteilen. Direktverkauf? Nein, lieber über feine Händler und größere Gruppen, deutsche Interessenten gäbe es bereits. „Wir bewegen uns ja in dem einzigen stabilen Segment, das jährlich immer ganz nett wächst“.
Bleibt die Frage, wer das Auto am Ende bauen wird. Da will Piëch, merken wir, lieber noch ein bisschen unter dem Radar bleiben. „Wir wissen es, aber es ist nicht spruchreif“. Jetzt müssen wir mal einen Namen in die Waagschale werfen. Also, wie wäre es mit Magna? Piëch lächelt. „Klar, sicher jemand, mit dem wir typischerweise im Gespräch sind, die können ihr Geschäft.“ Klar, wissen wir. Dieser international operierende, aber ziemlich geräuschlose Konzern kriegt von der Entwicklung bis zur Produktion so ziemlich alles hin. Auch Daimler, BMW, Jaguar und Land Rover lassen bei Magna in Österreich feine Autos bauen. Neuerdings ist das Unternehmen ja auch stark mit elektrifizierten Antrieben unterwegs.
Dagegen ist die Piëch Automotive Group wirklich noch ein zartes Start-up, das mit Etats im dreistelligen Millionenbereich operiert. Das fest angestellte Kernteam besteht aus über 20 Spezialisten, die Erfahrungen aus verschiedensten Bereichen der Branche mitgebracht haben, weitere externe Mitarbeiter sind über Zulieferer angedockt, heißt es. Pikant, dass die Entwicklungsabteilung ausgerechnet in Garching bei München angesiedelt ist. Ja, nur einen Steinwurf weit von wichtigen Zulieferen und der BMW M GmbH entfernt.
Notfalls auch mit Hybridantrieb
So, die folgenden Zeilen sollten die Veganer unter den Jüngern der Elektromobilität vielleicht überlesen. Falls nämlich die angestrebte internationale Klientel des Piëch GT-2 aus welchen Gründen auch immer für den E-Antrieb nicht reif genug sein sollte, dann können die Jungs in Zürich den Antrieb easy umswitchen. Ihre voll flexible, modulare Architektur (die man später auch anderen Herstellern anbieten könnte), lässt sich nämlich auch mit einem Hybrid-, Brennstoffzellen- oder sogar einem Verbrennungsmotoren-Antrieb bestücken. Schmidt ist da ganz entspannt. Alles schon auf den Millimeter untersucht, berechnet und vorkonstruiert.
Zum Beispiel würden vor der Hinterachse auch drei Wasserstoff-Tanks gut Platz finden, ebenso ein quer eingebauter sechszylindriger Benzinmotor mit Siebengang-Getriebe. Für letzteren wäre gar ein konkretes Aggregat greifbar, das mit dem schwedischen Supersportwagen-Spezialisten Königssegg (und wohl der Firma Freevalve) entwickelt wurde. Besonderheit: Bei der Ventilsteuerung ist die Nockenwellen-Steuerung durch pneumatisch-hydraulisch-elektronische Aktuatoren ersetzt. Die voll flexible Steuerung auf der Einlass- und Auslassseite soll mehr Leistung, mehr Drehmoment und einen bis zu 15 Prozent geringeren Verbrauch fossiler Kraftstoffe bringen. Genug, das wird jetzt sehr speziell, illustriert aber, wie weiträumig die Piëch-Mannschaft denkt. Selbst über synthetische Kraftstoffe hat man schon philosophiert.
Das wäre dann so etwas wie der Plan B. Aber jetzt kommt erst einmal Plan A zum Zug – der Sportwagen für die Generation E. Die Reaktionen auf das Auto waren schon auf dem Genfer Automobilsalon positiv. Und auch in Zürich ist das Projekt gut aufgenommen worden: Der Concept Store war gerade erst eröffnet, „da haben bereits Leute angeklopft und nach Probefahrten und der Möglichkeit gefragt, den Mark Zero vorzubestellen“, berichtet Piëch mit strahlendem Gesicht. Das fängt doch schon mal gut an.