Ob Black Mirror, Westworld oder The Expanse: Science-Fiction-Serien philosophieren darüber, wie die Zukunft aussehen könnte. Wir machen den Seriencheck: Welche Vision könnte irgendwann Wirklichkeit werden? Und was bleibt wohl reine Fantasie?
„Real Humans“
Fiktion: Menschenähnliche Roboter, genannt „Hubots“ (Human Robots), spielen die Hauptrolle in der schwedischen Serie aus dem Jahr 2012. Sie sehen nicht nur aus wie echte Menschen, sondern verhalten sich auch so: Sie mähen den Rasen, schmeißen den Haushalt, fahren Auto und passen auf die Kinder auf. Obwohl Hubots den Alltag ihrer Besitzer deutlich erleichtern, wächst die Skepsis der Menschen. Denn die Hubots entwickeln im Laufe der Zeit eigene Persönlichkeiten und fangen an, die Entscheidungen ihrer Herren zu hinterfragen. Auf die Menschen angewiesen sind sie längst nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Einige Hubots leben sogar ohne Besitzer und werden von Tag zu Tag bedrohlicher.
Fakt: Roboter erleichtern unseren Alltag, so viel steht fest. Vor allem in der Industrie sind sie sehr beliebt: Bis zum Jahr 2020 soll es weltweit rund drei Millionen von ihnen geben, schätzt die International Federation of Robotics. Auch im Haushalt sind die Helfer schon präsent – etwa in Form von Staubsaugerrobotern. Von rebellischen künstlichen Intelligenzen sind wir heute aber noch weit entfernt: Roboter müssen bislang von Menschen programmiert werden. Dass sie sich wie bei Real Humans die Weltherrschaft unter den Nagel reißen könnten, ist aus heutiger Sicht reine Fiktion.
Ganz fernab der Realität ist das Hubot-Szenario allerdings auch wieder nicht: Im vergangenen Sommer geriet Facebook mit seinen Chatbots Bob und Alice in die Schlagzeilen. Forscher hatten die Bots auf Englisch programmiert, sie aber nicht dazu verpflichtet, tatsächlich in der Sprache zu kommunizieren. Das Ergebnis: Bob und Alice entwickelten ihre eigene Sprache, die für die Forscher völlig unverständlich war.
Fact-Score: ◙◙◙○○ (3/5)
„Black Mirror“
Fiktion: Der britische Serien-Hit entwirft in jeder Folge neue, irre Zukunftsszenarien, in denen sich die Macher ausmalen, wie sich heutige Techniken und Medien in naher Zukunft auf die Gesellschaft auswirken könnten. Vier Staffeln mit insgesamt 19 Episoden gibt es bislang, jede Folge stellt ein anderes Szenario vor. In der Folge „Das transparente Ich“ leben die Menschen mit einem Implantat hinter ihrem Ohr, das alle ihre Erlebnisse speichert. So können sie ihre Erinnerungen jederzeit erneut aufrufen – ob vor ihrem inneren Auge oder auf Bildschirmen für jeden sichtbar.
Fakt: Black Mirror steht für beängstigende Zukunftsszenarien, die mal mehr, mal weniger real sind. Ein mit dem Gehirn vernetzter Chip hinter dem Ohr, der ohne konkrete Steuerung seines Besitzers auf das Gehirn zugreift, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Allerdings ist der Weg in die andere Richtung – sprich vom Gehirn zur Technik – bereits möglich. Behinderte Menschen, denen lediglich die Kraft ihrer Gedanken bleibt, profitieren davon. Mithilfe ihrer Gehirnströme steuern sie Prothesen und andere Hilfsmittel. Die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine über die Gehirn-Computer-Schnittstelle (BCI) ist die direkteste Form der Kommunikation und zugleich die einzige, bei der keine Muskelkraft nötig ist.
Übrigens brachte die Black-Mirror-Idee Netflix auf einen Marketing-Coup: Der Streamingdienst stellte zum Start der dritten Staffel im Jahr 2016 die smarte Kontaktlinse „Netflix Vista“ vor, die Serien überall und jederzeit direkt auf die Netzhaut streamen sollte. Zwar war das imaginäre Wearable reine Fiktion, bei den Black-Mirror-Fans kam es trotzdem super an.
Fact-Score: ◙◙◙○○ (3/5)
„Westworld“
Fiktion: Willkommen im Vergnügungspark der Zukunft: Bei Westworld können Menschen ihrem Alltag entfliehen und in eine Fantasiewelt eintauchen. Mitten im Wilden Westen erleben sie typische Saloons und Pistolen-Duelle, bevölkert von menschenähnlichen Robotern, die mit den Gästen interagieren. Der Clou: In der Fantasiewelt gibt es keine Tabus, denn die menschlichen Gäste sind unsterblich. Die Roboter dagegen werden oft schwer verletzt oder getötet. Während die menschlichen Besucher wieder in die Realität zurückkehren, reparieren Ingenieure die Roboter, löschen ihre Erinnerungsspeicher und machen sie fit für das nächste Abenteuer.
Fakt: Westworld, 2016 erstmalig ausgestrahlt, basiert auf dem gleichnamigen Film von Michael Crichton aus dem Jahr 1973. Künstliche Welten mit Roboter-Darstellern bleiben eine Fantasie. Doch „Virtuelle Realitäten“ sind auf dem Vormarsch. Die Berliner VR-Lounge beispielsweise ermöglicht ihren Besuchern ein ähnliches Erlebnis, wie es die Serien-Figuren haben: Mit VR-Brille ausgestattet navigieren User per Controller durch 3D-Welten. So können sie etwa heranfliegende Objekte mit eigenen Körperbewegungen abwehren. In sogenannten Escape Rooms müssen Gruppen von Spielern in einer vorgegebenen Zeit Rätsel lösen, um aus Räumen wie Mittelalter-Burgen oder Gefängnissen zu fliehen. Erlebnisse in fiktiven Welten kommen bei Spielern gut an.
Fact-Score: ◙◙◙◙○ (4/5)
„Bionic Woman“
Fiktion: Jamie Sommers ist die stärkste und schnellste Frau der Welt. Das liegt an ihren Prothesen: Nach einem schweren Verkehrsunfall ersetzte eine geheime Regierungsorganisation ihre beiden Beine, einen Arm, ihr rechtes Auge und ein Ohr durch bionische Prothesen. Zusätzlich beschleunigen nanotechnische Anthrocyten den Heilungsprozess, wenn Sommers sich verletzt. Unfreiwillig wird die „Bionic Woman“ zum Versuchsobjekt.
Fakt: Als Grundlage der 2007 erschienenen US-Serie dient der Roman „Cyborg“ von Martin Caidin aus dem Jahr 1972. Die Idee bionischer Hilfsmittel ist nicht neu: Schon Leonardo da Vinci nutzte Phänomene der Natur und übertrug sie auf die Technik. Eine seiner Ideen: Menschen sollten wie Vögel fliegen können. Also konstruierte da Vinci erste Flugapparate. Heute sind Luftröhren aus Polymeren, bionische Handprothesen oder Hydraulikzylinder in der Wade real. Fakt ist: Prothesen werden technisch immer ausgefeilter, um Menschen mit amputierten Gliedmaßen das Leben zu erleichtern. Sie können heute schon das Bein per Bluetooth-Anweisung strecken oder auf Knopfdruck mit der Hand zugreifen.
Fact-Score: ◙◙◙◙◙ (5/5)
„The Expanse“
Fiktion: The Expanse skizziert eine Zukunftswelt im 23. Jahrhundert, in der Menschen weite Teile des Sonnensystems besiedelt haben. Ein Leben auf Mond und Mars sowie in Raumstationen ist für jedermann eine alltägliche Möglichkeit. Dass die Menschen die Erde verlassen, hat einen ernsten Grund: Der Planet ist vollkommen überbesiedelt, der Meeresspiegel zu hoch, die Vereinten Nationen kontrollieren die Welt als Militärmacht. Arbeitslosigkeit, Elendsviertel und Slums dominieren das Leben auf der Erde. Also weichen die Menschen auf benachbarte Planeten aus. Versorgt werden sie von einer Arbeitergesellschaft im Asteroidengürtel.
Fakt: Politische Spannungen, steigende Meeresspiegel und eine immer stärker wachsende Weltbevölkerung sind reale Probleme. Sich nach alternativen Lebensräumen umzusehen, ist daher naheliegend: Die Nasa entdeckte im vergangenen Jahr zehn neue Planeten, auf denen Leben möglich wäre. Auch eine Forschungsgruppe des europäischen Projekts Europlanet entdeckte Regionen auf Mond und Mars, die als Lebensraum dienen könnten. Die Erforschung des Weltalls geht allerdings nur langsam voran: Zu groß ist der Raum, zu klein sind die technischen Möglichkeiten. Vielleicht sind Umsiedlungen in 200 Jahren möglich – dann aber bitte ohne Horror-Szenarien wie in The Expanse.
Fact-Score: ◙◙◙◙○ (4/5)