Es war ein spektakulärer, atemberaubender Anblick: Die Waffe in der linken Hand, in der rechten die Fernbedienung schoss Franky Zapata in schwarzer Uniform auf einem fliegenden Brett über den Champs-Élysée hinweg. Mit eleganten Luftschwüngen kurvte er über den Zuschauer der Militärparade am französischen Nationalfeiertag, unter ihnen Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der französische Jetski-Rennfahrer Zapata hat jahrelang an seinem Flyboard Air gewerkelt und es optimiert. Jetzt ist er endlich so weit, es öffentlich vorzuführen. Bis zu 140 Kilometer pro Stunde ist das mit Mini-Düsenantrieb ausgestattete Flugobjekt schnell, es erreicht eine Höhe von 150 Metern und kann 100 Kilogramm tragen. Es stabilisiert sich selbstständig in der Luft, der Luftsurfer muss nur steuern. Nach zehn Minuten sind allerdings die zwanzig Liter Kerosin in den Tanks verbrannt. Trotzdem will Zapata Ende Juli den Ärmelkanal überqueren – und sein Board in der Luft betanken. Verkaufen will er das Flugbrett an Militär und Polizei, aber auch an Notfallretter und Industriekunden.

Einen Eindruck von seinen Flugkünsten vermittelt das Video:

Elektrisch geht es leiser und sauberer

Der Franzose Zapata ist längst nicht der einzige, der fliegende Bretter, Sessel und Kapseln entwickelt. Mit denen kann der moderne Großstädter mal eben zum Einkaufen düsen, über jedem Stau hinweg. Der Traum vom Fliegen wie ein Vogel könnte tatsächlich für jedermann Wirklichkeit werden. Ist der Antrieb elektrisch, sind die Fluggeräte auch deutlich leiser und umweltfreundlicher als das Flyboard.

Wie groß die Szene der Entwickler von VTOLs (kurz für Vertical Take Off and Landing) ist, zeigt der Wettbewerb GoFly, den der US-Flugzeugbauer Boeing und der Triebwerkshersteller Pratt & Whitney massiv fördern. Mehr als 3500 Erfinder aus 101 Nationen konkurrierten um die Preisgelder von insgesamt zwei Millionen US-Dollar. Die Jury hat bereits fünf Finalisten ausgewählt, die nun Geld erhalten, um ihre Prototypen weiterzuentwickeln. Die Spielregeln: Die Teams sollen ein Fluggerät für eine Person entwickeln, das sicher, leise und ultrakompakt ist. Es soll mindestens 32 Kilometer weit kommen – ohne Ladestopp

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Wie auf dem Motorrad

Die Entwickler des Era Aviabike sitzen in Lettland und Russland. © Copyright Aeroxo

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Maßgeschneidert für einen Menschen

Der S1 vom Team Silverwing der TU Delft hat was von einem Einfrau-Torpedo. © Copyright Silverwing

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Einsteigen und Abheben

Der Passagier steigt in den senkrecht stehenden S1 von Silverwing ein und hebt dann ab, um anschließend fast liegend zu fliegen. © Copyright Silverwing

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Nur was für schönes Wetter

Das Airboard 2 des US-Unternehmens DragonAir ist hier nur als Zeichnung zu sehen, hat aber bereits einen Jungfernflug mit einer Passagierin an Bord absolviert. Die steht in der Mitte in einer Art Kanzel. © Copyright DragonAir

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Fliegender Sessel

Die kalifornische Firma Trek Aerospace hat das Flykart konzipiert, das 83 Kilometer pro Stunde schnell ist. Erhöht die Sicherheit: Wenn einer der zehn Rotoren ausfällt, kann das Fluggerät mit den übrigen sicher landen. © Copyright Trek Aerospace

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Klein und leise

Aria, entworfen von Studenten der Texas A&M University, braucht nicht viel Platz, steuert sich autonom und soll 32 Kilometer weit kommen. © Copyright Texas A&M University

Stehend, liegend, sitzend

Einer der Auserwählten ist das kalifornische Unternehmen Trek Aerospace. Deren Prototyp FlyKart2 ist ein elektrisches, einsitziges Flugtaxi, das sich besonders kostengünstig bauen und betreiben lassen soll. Die Spezifikationen lauten: Breite von 2 Metern und eine Länge von 1,95 Metern. Das US-Gefährt ist 1,2 Meter hoch und reist entspannt mit 83 Stundenkilometern durch die Luft. Der Batteriepack mit 9,6 Kilowattstunden Kapazität reicht für einen 30-Minuten-Flug aus. 10 Rotoren halten es in der Luft.

Während der Passagier im Flykard sitzt, muss er im Airboard 2.0 stehen, ein sich ebenfalls selbst stabilisierender Multicopter. Acht skiähnliche Stützen unter der Plattform bewahren das Gleichgewicht und zwei Griffe helfen, wenn es unterwegs rau zugeht und bei der Steuerung. Hersteller ist das Team von DragonAir Aviation aus Florida. Im YouTube-Video der Firma fällt auf: Hier geht es noch sehr laut zu. Besorgte Nutzer fragen sich unter dem kurzen Clip, was mit der Pilotin wohl bei Seitenwinden oder anderen Turbulenzen passiert. Immerhin, im Gegensatz zu den Mitbewerbern hebt hier bereits ein echter Mensch ab.

Deutlich leiser ist der S1 vom Team Silverwing der Delft University of Technology in den Niederlanden. Der Prototyp erlaube eine „berauschende Geschwindigkeit und Freiheit“, schwärmen die Studenten aus dem Projekt. Noch fliegt hier aber kein Mensch. Stattdessen hebt eine kleine Figur ab. Während der Fahrgast halb auf dem Bauch liegend in Rennrad-Position verweilt, wechselt das Gerät autonom zwischen Start, horizontalem Flug und dem Landepunkt.

Ebenfalls von einer Hochschule, der Texas A&M University, kommt das Team Harmony mit seiner Aria. Auch hier steht der Passagier und zwar in einer eiförmigen, oben offenen Kapsel, unter der große, gegenläufige Rotoren arbeiten.

Als fünftes Konzept schaffte es das russisch-lettische Unternehmen Aeroxo LV mit ihrem ERA Aviabike in die Auswahl. Die Tüftler wollen eine Art Flugmotorrad bauen, dessen Rotoren erst waagerecht stehen und dann nach vorne kippen. Mit zunehmender Geschwindigkeit sorgen die hinteren und vorderen Doppelflügel für zusätzlichen Auftrieb. Ab einer bestimmten Geschwindigkeit lassen sich die Rotoren für einen effizienten Flug vollständig nach vorne kippen.

Der Gewinner steht Anfang 2020 fest

Nachdem die glorreichen Fünf bisher nur einen Prototyp des Flugzeugs gebaut haben, müssen sie nun die Funktionalität ihres Konzepts am 29. Februar 2020 in Kalifornien unter Beweis stellen. Jeder Flieger wird dann nach Leistung, Geschwindigkeit, Ausdauer, Fähigkeiten, Geräuschpegel, Kompaktheit und dem gesamten Flugerlebnis beurteilt. Der Gewinner trägt eine Million US-Dollar nach Hause. Handgelder von je 250.000 Dollar gibt es für das jeweils leiseste und kleinste Flugtaxi. Wessen Flugmobil möglichst schick daherkommt, kann auf 100.000 US-Dollar hoffen. Es bleibt spannend – vielleicht werden ja doch schon bald alle wie der Franzose Zapata abheben können.

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