Ein Schraubenzieher, ein Bohrer und ein Essstäbchen aus Holz – so sieht die Materialliste aus, die zur „Befreiung“ eines Obikes nötig ist. Jedenfalls nach den Vorstellungen von LibreBike, einer Art Bike-Hacker-Community. Die „anonymen Urbanist*innen“ hinter der Aktion wollen „freie und offene öffentliche Transportmöglichkeiten für urbane Bevölkerungen“ ermöglichen. Die Sprachwahl auf ihrer Homepage erinnert nicht von ungefähr an Sponti-Aktionen vergangener Zeiten. Sie beruft sich tatsächlich auf geistige Vorväter und -mütter aus den 60er Jahren. Den Enkelkindern geht es aktuell darum, die vielen aufgegebenen Leihräder des Pleite-Anbieters Obike zu sozialisieren.

Diese Drahtesel sind in vielen Städten zur Plage geworden, etwa in München: Obike hatte dort ohne Ankündigung, geschweige denn Erlaubnis der Verwaltung über Nacht tausende gelbe Räder in der Stadt verteilt. Doch die Münchener nahmen das Angebot kaum an. Wer schon einmal ein Obike getestet hat, weiß warum: Auf den schwerfälligen, billig gemachten China-Rädern wird jeder Weg zur Qual. Kommt dann noch ein kleiner Anstieg hinzu – in der Isar-Stadt keine Seltenheit – dann ist der Spaß an der umweltfreundlichen Fortbewegung gänzlich vorbei.

Inzwischen stapeln sich die auffälligen Räder an vielen Stellen der Stadt, die Betreiberfirma aus Singapur ist offenbar pleite und verbreitet unklare Meldungen zum künftigen Betrieb. Und die (wenigen) Kunden bangen um ihre Kaution.

Illegale Befreiungsaktion

LibreBike hat nun kurzerhand im Netz einen Vorschlag veröffentlicht, wie die lästigen Drahtesel wenigstens noch einen kleinen Nutzen erfüllen könnten. In fünf Schritten wird dort das „Befreien von Obikes“ gezeigt. Nachahmer müssen – natürlich illegal – das Schloss mit Gewalt knacken und die Verriegelung blockieren. Nach dem, jetzt kostenlosen, Gebrauch soll das Rad „an einer sicheren Stelle im öffentlichen Raum“ platziert werden, damit es auch andere nutzen können. Die Aktionisten bleiben aus gutem Grund anonym, sie rufen schließlich zu Sachbeschädigung und Diebstahl auf.

Trotz der möglicherweise guten Absicht hinter dem Aufruf bleibt das Hauptproblem ungelöst: Obikes sind grauenhaft unbequeme und unpraktische Fahrräder. Daran ändert auch eine Gratis-Benutzung nichts. Die Begeisterung von Hackern dürfte sich also in Grenzen halten.

Am Ende war Obike also vor allem eine große Verschwendung: Von Rohstoffen, von Energie, von Geld. Und Kommunen wie München müssen die Schrottesel womöglich teuer entsorgen. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen haben es die Betreiber nämlich immer noch nicht geschafft, ihre unerwünschten Zweiräder einzusammeln.

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