Erfahrene Gärtner kennen das Prinzip: Man nehme einen Schlauch, bohrt in regelmäßigen Abständen Löcher rein, legt ihn quer durch Beete und Gras und fertig ist der Tropfschlauch. Dreht man dann den Wasserhahn auf, werden die Grünflächen gleichmäßig mit Wasser betropft oder besprenkelt. Anne Marieke Eveleens, Saskia Studer und Francis Zoet aus den Niederlanden haben das Konzept einmal auf den Kopf gestellt und wollen mit ihrem Projekt – The Great Bubble Barrier – die Plastikverschmutzung der Weltmeere reduzieren.
Ganz ähnlich dem Tropfschlauch-Prinzip nehmen sie dazu ein Rohr mit kleinen Löchern in den Wänden. Doch statt Wasser pumpen sie Luft hindurch – und statt in den Garten kommen die Leitungen auf den Grund von Flussmündungen am Meer. „Achtzig Prozent der Plastikverschmutzung im Meer stammt vom Land – und wiederum achtzig Prozent davon werden durch Flüsse in die Ozeane transportiert“, sagt Anne Marie Eveleens.
Fische und Schiffe bleiben ungestört
Zusammen mit ihren beiden Mitgründerinnen hat sie deshalb seit 2015 die Great Bubble Barrier entwickelt. Die Luft, die durch das Rohr am Flussbett gepumpt wird, entweicht durch die kleinen Löcher und steigt in kleinen Luftblasen an die Oberfläche. Dieser nach oben steigende Luftblasen-Vorhang fängt das Plastik im Wasser ein, lässt es nicht passieren, sondern treibt es stattdessen an die Oberfläche. Fische und Schiffe können die Barriere dagegen ungestört durchqueren.
Je nach Größe und Länge der Barriere kommt entweder ein Gebläse oder ein Kompressor zum Einsatz, um die Luft durch die Rohre zu pumpen. Davon hängt auch der Energieverbrauch des Systems ab. Wird der Luft-Vorhang diagonal statt rechtwinklig in den Fluss gelegt, trägt die natürliche Flussströmung den gesammelten Müll direkt ans Ufer, wo er einfach eingesammelt werden kann.
„Wir sind begeisterte Segler und verbringen deshalb eine Menge Zeit auf dem Wasser“, erzählt Eveleens von der Entstehung der Idee. „Dabei sehen wir immer sehr viel Plastik vorbeischwimmen. Dagegen wollten wir etwas unternehmen.“ Auf der Suche nach einer Lösung haben sie Bubble Barriers gefunden, die schon für andere Zwecke zum Einsatz kommen, beispielsweise um die Ausbreitung von ins Wasser gelangtem Öl zu verhindern. Zum Fangen von Plastik wurde die Technik aber noch nicht verwendet.
Testbarriere in der Ijssel
Beim Plastic Free River Makathon 2016, einem Workshop in Utrecht, bei dem Ideen zur Bekämpfung von Plastikverschmutzung präsentiert wurden, stellten die drei Gründerinnen ihre Idee zum ersten Mal vor – und wurden direkt zum besten Projekt gekürt. Anfang 2017 gründeten sie „The Great Bubble Barrier“ schließlich als Unternehmen und starteten einen Pilottest mit einer 200 Meter langen Barriere an der Mündung des Ijssel Flusses nahe der niederländischen Stadt Kampen.
Die Ergebnisse des Tests sind vielversprechend, aber es gibt noch Raum für Verbesserung: Bis zu drei Millimeter kleine Plastikreste wurden von der Barriere gestoppt. Rund 70 bis 80 Prozent des an der Oberfläche treibenden Plastiks wurden eingefangen und rund die Hälfte des Plastiks unter Wasser. Müll, der langsam über den Grund rollt, entgeht dem Luftblasen-Vorhang aber meistens. Immerhin haben die Gründerinnen noch einen positiven Nebeneffekt beobachten können: Das System sorgt für bessere Belüftung und mehr Sauerstoff im Wasser, wovon das Ökosystem profitiert.
Das letzte Mittel
Noch gibt es keine dauerhaft installierte Great Bubble Barrier, zwischen Januar und Mai dieses Jahres hat das Projekt aber gut 55.000 Euro per Crowdfunding erhalten, um das zu ändern. Im September haben sie außerdem bei der Post Code Lottery Green Challenge den mit 500.000 Euro dotierten ersten Preis gewonnen.
Das Geld soll helfen, den ersten permanenten Luftblasen-Vorhang zu finanzieren. Dieser soll dann in einer Küstenstadt wie Amsterdam oder Rotterdam gebaut werden. Die Technik funktioniert, jetzt geht es um die nächsten Schritte: „Im Moment ist die größte Herausforderung, alle zuständigen Personen und Behörden an Bord zu bringen, um die Barriere auch umsetzen zu dürfen“, sagt Francis Zoet. Zusätzlich arbeitet das Projekt-Team noch an einem automatischen Sammelsystem für das gefangene Plastik, sodass es nicht per Hand aus dem Fluss gefischt werden muss.
Dass die Bubble Barrier nicht magisch für saubere Ozeane sorgt, ist Eveleens, Zoet und Struder auch klar. Zu viele unterschiedliche Müllquellen, zu viele Flussmündungen, die mit Barrieren ausgestattet werden müssten, zu viel Müll, der noch durchrutscht. Doch wenn sich nichts an der Wurzel des Problems, also daran, dass Plastik überhaupt erst in die Umwelt gelangt, ändert, sehen die drei Gründerinnen keinen Weg vorbei an ihrer Idee. „Wir sind nicht die absolute Lösung des Plastikverschmutzungs-Problems“, sagt Saskia Studer. „Wir sind nur das letzte Mittel.“
sehr geil, wir müssen was tun