Romantisch: Ein schmuckes Dorf, umrandet von einer schützenden Dornenhecke, die seine Bewohner vor Eindringlingen bewahrt. Diese bauen ihr eigenes Gemüse an, backen Brot, Kinder spielen auf der Straße. Das Bild spricht uns noch heute an – allein, mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Städten, sogar 74 Prozent in Deutschland. Und da sieht es anders aus.
James Ehrlich will diese Romantik zurückholen. Er möchte Ökodörfer bauen, in denen sich die Menschen wieder selbst versorgen – und so autark leben. Ehrlich ist Präsident des Unternehmens „ReGen Villages“, einer Ausgründung der Stanford University.
Früher arbeitete der 54-Jährige auch als Ökoberater für Barack Obama im Weißen Haus. Heute plant er seinen ersten Öko-Weiler, der 2019 in Almere in den Niederlanden gebaut wird.
Kreislaufwirtschaft
Im Gegensatz zu traditionellem Bauwerk sollen „ReGen“-Dörfer „regenerativ“ sein – daher der Name. Sie nutzen Ressourcen in einem geschlossenen Kreislauf. Ein solches System macht es möglich, dass Solar- und Biogasstrom erzeugt wird, man organisches Gemüse anbaut, Fische und Hühner züchtet, Wasser gewinnt und Abfälle zu Dünger recycelt. Der Clou: Jedes Haus verfügt über ein angebautes Gewächshaus für den Anbau der Nutzpflanzen.
Ehrlich wettet mit seiner Firma darauf, dass der Trend zurück in die Dörfer geht. Daher will er diese neuen Weiler bauen, die es in jener modernen Umsetzung noch nie gab. Er sagt: „Wir müssen so schnell wie möglich netzferne Viertel auf der ganzen Welt bauen und wollen damit auch Innovation und Begeisterung ausdrücken. Es ist ein umgekehrter Trend. Die Jugend will zum Teil wieder raus aus den Städten, um mit Gleichgesinnten näher an und in der Natur zu leben. Ich glaube, der Planet hat nicht die Zeit, zu warten. Jedes Land leidet unter seiner Krise auf dem Immobilienmarkt“, sagt James Ehrlich.
Grünes Band durch Europa
Und seine Pläne reichen noch weiter: „In zwei oder drei Jahren wollen wir bis zu drei Dörfer miteinander verbinden, um so ein grünes Band zu schaffen.“
Gemach, gemach, denn bereits 2016 gab er die Pläne für ein modernes Ökodorf in Dänemark bekannt. Damals zog sein Konzept Kreise. Dann wurde es still, was auch am politischen Wechsel in Dänemark lag. Dort wollte die neue Regierung, die sich von rechtspopulistischen Steigbügelhaltern helfen lässt, das erste Dörfchen plötzlich nicht mehr bauen. Nun also die Niederlande.
Die Häuser kosten pro Stück 170.000 Euro, insgesamt 25 Millionen Euro sind es für ein komplettes Retro-Zukunfts-Dorf. Hinzu kommen die Betriebskosten. Die sollen bei monatlich 500 Euro liegen, heißt es.
Wer sich für die Dorfgemeinschaft engagiert, dem wird die Summe erlassen. Ein mögliches Spannungsfeld: Die technologischen Anforderungen von Nachhaltigkeit und Interaktion zu meistern und den Raum so zu bauen, dass der Ort sich mit echtem, dörflichem Leben füllt.
Raus aus der Hauptstadt
James Ehrlich denkt auch an die Nähe zur Hauptstadt, um dort ein zweites Dorf zu bauen. „Die Menschen können sich vorstellen, außerhalb der Stadt zu wohnen, um so ein Leben zu führen, das besser ist, als heute mitten im Zentrum zu hausen.“ Weiter sagt er: „Wir werden nicht den Stadtkern von Mumbai von 35 Millionen auf fünf Millionen Bürgern reduzieren. Aber wir sollten verhindern, dass die Stadt bald 50 Millionen Einwohner hat.“
Also für Deutschland: Raus aus Prenzlberg und ab nach Rüdnitz oder Kützin? Weshalb nicht, sagt Ehrlich, wenn dann auch der angedachte Autoverkehr der Zukunft per autonomen Fahrzeugen funktioniert. Das revolutionäre Potenzial trauen ihm US-Medien zu und sprechen von seinem Unternehmen als „Tesla der Öko-Dörfer“. Der Vergleich hinkt vielleicht ein bisschen. Aber Tesla produziert ja schließlich auch in den Niederlanden. 2019 fahren wir also mal über die Grenze und schauen uns den Öko-Dorftraum genauer an.