Wenn Kinder Fußball spielen, gibt es feine Fallrückzieher. Oder blutige Knie und schmerzverzerrte Gesichter. Und was, wenn sich mit einem besonderen Ball auch helles Licht erzeugen lässt?
Fragen wir Jessica O. Matthews, die hat 2008 eine geniale Idee. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Julia Silverman entwickelte sie an der Universität Harvard einen smarten Fußball, mit dem sich Strom erzeugen lässt. Doch als die Studenten den Vorschlag mit ihren Professoren besprachen, winken die nur müde ab. Deren Tenor: Es sei unmöglich, einen Ball mit einer stromerzeugenden Technik zu entwickeln, der ebenso leicht, haltbar und funktional sei, wie ein normaler Fußball.
Doch von dem Dämpfer ließ sich das junge Team nicht abschrecken. Nach monatelanger Tüftelei wird der Prototyp des „Soccket“ geboren – und zum Patent angemeldet. Ihre Firma nennen sie „Uncharted Play“. Spielt man 30 Minuten mit dem Ball, reicht der durch die Bewegung erzeugte Strom für drei Stunden langes Licht aus eine LED-Leuchte aus. Dabei wiegt der Ball kaum mehr als ein normaler Fußball.
Selbst aufpumpen muss man ihn nicht, da er seine Form behält. Er ist wasserdicht – und an einer Stelle verbirgt sich hinter einer Klappe die Fassung für die Birne. Ideal, um Licht in einsame Dörfer zu bringen. Gut 1,3 Milliarden Menschen weltweit fehlt der Zugang zu Elektrizität. Stattdessen nutzen die Bewohner Energiequellen wie Kerosin oder Dieselgeneratoren für ihre Lichtproduktion. Das ist gefährlich und dreckig.
Auf der Firmenwebseite „Uncharted Power“ heißt es: „Wir stellen saubere Energie bereit, die Menschen und der Erde guttun. Unsere Produkte leisten ihren Beitrag dazu, mehr Ausbildung, Unterricht und eine bessere Gesundheit zu ermöglichen.“ Die Bälle und passenden LED-Birnen verteilt die Firma an Dorfgemeinschaften kostenlos. Doch bis das Produkt auf den Markt kommt, geht viel Zeit ins Land.
Geldsammeln im Netz
Denn um die Idee serienreif zu machen, wendete sich die Truppe an die Webgemeinde. Auf der Seite „Kickstarter“ stellte sie Anfang 2013 den intelligenten Ball vor. Anvisiertes Ziel der „Crowdfunding“-Aktion: 75.000 US-Dollar. Damit wollte man die Produktion und weltweite Verteilung der Bälle finanzieren.
Für die Erfindung gab es sogar PR von höchster Stelle. Der US-Philantrop Bill Gates rief zur Spende auf. Ex-Präsident Bill Clinton trommelte per Stiftung „Clinton Global Initative“ für den Ball und gab Geld. Dann kickte auch der damalige Präsident Barack Obama beim Staatsbesuch in Tansania 2013 mit dem „Soccket“. Bei einer Pressekonferenz sagte er: „Ich finde die Idee ziemlich cool. Dieser Ball produziert Licht – und das entsteht während des in Afrika populärsten Spiels. Man kann sich das in allen kleinen Dörfern des Kontinents vorstellen.“
92.000 US-Dollar gesammelt
Die enorme Unterstützung half, 1094 Menschen gaben reichlich. Die Firma tüftelte weiter und verteilte verbesserte Prototypen an Kinder eines mexikanischen Dorfes. Bezahlt wurde der PR-Stunt von Mexikos größtem TV-Kanal „Televisa“. Dann der Rückschlag: Nach ein paar Wochen waren 30 Prozent der verteilten 150 Bälle kaputt. Die Steckdosen fielen heraus und die Nähte der Innovation lösten sich.
Vielen Bällen bekam das Treten und Kicken nicht. Erstaunlich, denn darum geht es doch. Die Crew um Matthews ging in sich und startete das Projekt neu. Ein neues Design und ein frisches Innenleben verpassten sie dem Ball. Selbst der Vertrag mit dem ausländischen Produzenten wurde flugs aufgelöst. Von nun an kamen die Bälle aus der eigenen Produktion – in New York.
50.000 Bälle verkauft
Nun scheint es zu laufen. Bis heute wurden mehr als 50.000 Bälle verkauft. Matthews Truppe heißt mittlerweile Uncharted Power und hat bis heute mehr als 15 Patente angemeldet, der Umsatz verdoppelt sich jährlich. Es sieht so aus, als ob sich die Gründerin nicht von Hindernissen abschrecken lässt. Denn auf den Fußball folgte ein zweites Produkt. Es ist ein Sprungseil, das ebenfalls Strom liefert, um damit per Bewegung Licht in arme Weltregionen zu bringen. Ihr nächstes Projekt heißt „M.O.R.E“, kurz für Motion-based, Off-grid, Renewable Energy.
Wie das klappt, zeigt diese Hundeleine:
Nichts weniger als die Energie will sie jetzt demokratisieren, also für jeden Menschen zugänglich machen. Oder wie sie sagt: „Wir helfen unseren Partnern, die Energie des Fahrzeug- und Fußgängerverkehrs zu nutzen – und gleichzeitig mehr als 20 Prozent der Stromkosten einzusparen.“ Ein Beispiel: Fahrzeuge, die über einen „Speedbumper“ rauschen, geben an den ihre Energie ab. Bald soll das auch auf einem besonderen Bodenbelag für Fußgänger klappen.
Bleibt zu hoffen, dass die Investoren genau so viel Langmut beweisen, wie die Geldgeber der Crowdfunding-Kampagne. Denn dort warten immer noch viele auf ihre Bälle. Das Unternehmen gibt selbst zu, dass diese Kampagne gescheitert ist. Aber nicht nur Fußballerinnen, auch Unternehmerinnen wissen, dass es oft einen zweiten Anlauf braucht.