Bisher waren Elektroautos, die ihre Akkus mit mehr als 250 Kilowatt (kW) nachladen konnten, eher die Ausnahme. Modelle wie Audi e-tron GT und Porsche Taycan konnten ihre Batterie im Unterboden mit bis zu 270 kW nachladen. Und neben den Tesla-Modellen glänzten in den Ladeparks bisher nur die Stromer von Hyundai und Genesis mit Ladeleistungen von deutlich mehr als 200 kW.

Doch so langsam kommen immer mehr Fahrzeuge mit einer leistungsstarken 800-Volt-Architektur. Und erste Modelle von Lucid Motors und der Porsche-Prototyp Mission R haben ihre Spannung sogar bereits auf 900 Volt erhöht – damit kann Strom mit bis zu 400 kW aufgenommen werden.

Laden mit Stern
Die Mercedes-Benz Charging Hubs glänzen nicht nur mit einem beleuchteten Dach. Hier steht den Elektroautos – nicht nur denen mit Stern – auch die volle Ladeleistung der Säule zur Verfügung. Zudem liegen sie in verkehrsgünstigen Lagen unweit von Einkaufs- und Dienstleistungszentren, wo auch eine sanitäre Einrichtung zu finden ist. Foto: Mercedes-Benz

Mercedes bringt Ende des Jahres seine kommende Generation von Elektroautos auf den Markt, die ebenfalls 800-Volt-Technik beherrscht. Und neue Modelle wie der Audi Q6, e-tron, der Porsche Macan und der überarbeitete Taycan haben durch die Symbiose aus neuer Batterie- und Ladetechnik nochmals deutlich nachgelegt. Bestes Bespiel ist das Zwillingspärchen aus neuem Porsche Taycan und dem Audi e-tron GT, die ihre bereits opulenten Ladegeschwindigkeiten im neuen Modelljahr von 270 auf nunmehr über 320 Kilowatt steigern können. Vorausgesetzt, sie finden eine schnelle, mit Gleichstrom betriebene Ladestation, die dazu in der Lage ist.

Geteilter Strom ist halber Strom

Denn Schnellladesäule ist nicht gleich Hypercharger. Als Hypercharger werden jene Ladesäulen bezeichnet, an denen mit mehr als 150 Kilowatt nachgeladen werden kann. Einfacher Schnelllader reichen für jene Fahrzeuge, die bis 130 bis 150 kW nachtanken wollen. Doch gerade wer auf einer längeren Strecke unterwegs ist, will seine Zeit nicht über Gebühr an der Ladesäule verbringen – so charmant sind namenlose Cafés, blasse Burgerbratereien oder verlassene Snack Bars an Autobahnen und Verbindungsstraßen nun auch wieder nicht. 

Viele der bisherigen, von EnBW, E.On, Fastned, Ionity oder Allego betriebenen HPC-Ladesäulen bieten immerhin ein maximales Ladetempo von 300 kW an. Die kommende Säulengeneration legt hier spürbar nach. Fastned hat bereits vor mehr als einem Jahr erste Ladesäulen mit 400 Kilowatt in Betrieb genommen. Da es jedoch kein Fahrzeug gibt, das mit diesem Tempo Strom aufnehmen kann, erlaubte die neue Ladetechnik immerhin, parallel zwei Fahrzeuge mit jeweils 200 Kilowatt zu laden. 

Möglichst schnell möglichst viel
Die Ladeparks von Ionity bestehen derzeit aus wenigstens sechs Hyperchargern. In Zukunft soll die Zahl verdoppelt werden – und auch ein Dach über die Ladestation kommen. Foto: Ionity

Denn die vermeintlichen 150- oder 300-kW-Lader sind oftmals nur eine Mogelpackung, denn dieses Tempo liegt nur an, solange ein Elektromobil lädt. Hängen zwei Autos an der gleichen Säule, werden aus den flotten 300 Kilowatt meist nur noch zweimal 150 kW – oder weniger.

Kurz vor Weihnachten eröffnete Fastned an der Autobahn A4 zwischen Aachen und Köln vier weitere Ladepunkte mit einer Geschwindigkeit von 400 kW. Interessant werden diese zunehmend für jede Fahrzeuge, die deutlich über 300 kW tanken können. Das macht sich durchaus auf der Uhr bemerkbar. Da Modelle wie der Porsche Taycan oder der Audi e-tron GT der neuesten Generation bis zu fünf Minuten mit mehr als 300 Kilowatt erstarken können, halbiert sich die Ladezeit von 10 bis 80 Prozent von 37 auf 18 Minuten – trotz eines gestiegenen Brutto-Energiegehalts von 105 statt zuvor 93 kWh. 

Einmal bis zu 300 kW – oder zweimal zu je 150 kW
Solange nur ein Elektroauto den Hypercharger nutzt, fließt die volle Ladeleistung in einen Akku. Gesellt sich ein zweiter Stromer hinzu, heißt es teilen. Foto: EnBW

Auch Ionity setzt bei seinen neuen Ladesäulen auf eine erhöhte Geschwindigkeit von 350 kW. Dadurch reduziert sich (theoretisch) die Beladung eines 100 kWh großen Akkus von 20 Minuten bei 150 kW auf neun Minuten an einer 350er-Säulen. Ähnliche 350-kW-Lader will auch Mercedes in seinem eigenen Ladenetz installieren.  Je nach Standort sollen die Ladestationen mit Stern vier bis zwölf Highpower-Charger mit bis zu 350 kW Ladeleistung bieten. Dank eines intelligenten Lademanagements soll jedes angesteckte Fahrzeug die maximale Ladegeschwindigkeit in sich aufnehmen. 

Doch es geht nicht allein um das Tempo an sich. Auch die Rahmenbedingungen vor Ort sind ein Thema für viele Fahrer von Elektroautos. Mittlerweile hat sich auch bei den Betreibern der Ladestationen herumgesprochen, dass es mit ein paar hellen LED-Strahlern in einem dunklen Gewerbegebiet längst nicht getan ist. Die Kunden wollen gerade auch abends und nachts Sicherheit, einen Schutz vor Regen und Schnee und idealerweise auch eine Anbindung an eine lokale Infrastruktur, sodass man die Wartezeit in einem Restaurant, einem Imbiss oder mit Shopping verkürzen kann.

Maß der Dinge
Mit einer Vielzahl von Ladepunkten und einer vergleichsweise hohen Ladeleistung setzte Tesla lange Zeit Maßstäbe – sowohl bei den Elektroautos wie auch in punkto Ladeinfrastruktur.

Und ein Ladeparkanbieter wie Ionity ist stolz darauf, dass die Ladekarte oder das Smartphone mit der App zukünftig in der Tasche bleiben kann. Jene Fahrzeuge, die bereits über die sogenannten Plug & Charge Technik verfügen, müssen dann nur angesteckt werden und der Ladevorgang beginnt wie bei Tesla eigenständig ohne weiteres Zutun des Fahrers. Danach ausstecken und weiterfahren. Auch das spart Zeit und macht das Nachtanken angenehmer.

Nio-Charger mit bis zu 640 kW Ladeleistung

Nio geht bei seinen Ladesäulen zukünftig noch einen deutlichen Schritt weiter, denn die Chinesen wollen es nicht allein bei der patentierten Technik des Wechselakkus an den sogenannten Swap-Stations (mittlerweile in der vierten Generation angekündigt) belassen. Ende des Jahres wurde nicht nur das neue Topmodell des Nio ET9 vorgestellt, sondern auch einen flüssigkeitsgekühlten Powercharger, der bis zu 640 kW Ladeleistung aufbringt und die angekündigten 500-kW-Charger nochmals deutlich in den Schatten stellt. Gedacht sind diese Super-Hypercharger sowohl für den chinesischen als auch den europäischen Markt. Jetzt muss die Energiewirtschaft nur noch für die entsprechenden Anschlüsse herstellen und dafür sorgen, dass hier tatsächlich ausschließlich Grünstrom fließt – und kein grüngewaschener Kohlestrom.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert