Der neue Audi RS e-tron GT Performance, Schwestermodell des Porsche Taycan Turbo S, zählt zu den schnellsten Elektroautos, die derzeit auf dem Markt sind. Beim raketenartigen Start des immerhin 2,4 Tonnen schweren Sportwagens per „Launch Control“ mobilisiert der Allradler 680 Kilowatt (925 PS) Leistung und ein maximales Drehmoment von über 1000 Newtonmeter, um in nur 2,5 Sekunden auf Tempo 100 zu sprinten. Jeder Verbrenner auf dem Fahrstreifen nebenan kann da so laut brüllen wie er will – er sieht nur noch die Heckleuchten.

Und eine solche Dynamik legt der Audi an den Tag, ohne dass die Reifen auf den 20 oder 21 Zoll großen Rädern sogleich ihr Profil verlieren oder gar in Rauch aufgehen. Und ohne dass später im weiteren Fahrtverlauf Einbußen bei Sicherheit, Performance oder Reichweite hingenommen werden müssen, weil die Pneus von dem Gewicht und der Antriebsleistung des e-tron GT überfordert wären.

Grüner Maßanzug 
Der 680 kW starke Audi e-tron GT beschleunigt in der Performance-Version in 2,5 Sekunden auf Tempo 100. Der neue Bridgestone Potenza Sport A ist nicht nur in der Lage, die Kräfte auf die Straße zu bringen. Er hält auch die Umweltbelastungen gering.
Grüner Maßanzug
Der 680 kW starke Audi e-tron GT beschleunigt in der Performance-Version in 2,5 Sekunden auf Tempo 100. Der neue Bridgestone Potenza Sport A ist nicht nur in der Lage, die Kräfte auf die Straße zu bringen. Er hält auch die Umweltbelastungen gering.

Alles unter einen Hut zu bringen, war ein schweres Stück Arbeit, erzählt Steven de Bock. Der 53-jährige Belgier ist Vice President Original Equipment bei Bridgestone Europa in Brüssel – ergo zuständig für die Beziehungen des Reifenherstellers zu den Fahrzeugbauern. Zumal Audi noch einen besonderen Wunsch hatte, als vor drei Jahren in einer strategischen Partnerschaft die Entwicklung der Hochleistungspneus begann: Ein möglichst höher Anteil der Serienreifen sollten nachhaltig produziert und in einem hohen Maß aus recycelten Materialien bestehen.

55 Prozent der Materialien sind recycelt oder nachhaltig

Die Ultra-High-Performance-Reifen vom Typ Potenza Sport A, auf denen der Audi e-tron GT Performance nun serienmäßig aus der Sportwagenmanufaktur Böllinger Höfe in Heilbronn rollt, sind also maßgeschneidert – und grün obendrein. 35 Prozent der eingesetzten Materialien erfahren hier bereits ein zweites Leben, weitere 20 Prozent sind – wie zum Beispiel Naturkautschuk – besonders nachhaltig. „Performance und Sicherheit stehen bei der Reifenentwicklung immer an erster Stelle, darüber gibt es keine Diskussionen“, sagt de Bock. „Aber hier haben wir mit den Nachhaltigkeits-Aspekten gewissermaßen noch eine Kirsche auf die Sahnehaube gesetzt.“

Steven de Bock
Der Belgier mit Sitz in Brüssel ist bei Bridgestone für das Erstausrüstungs-Geschäft verantwortlich und hat die Kooperation mit Audi zur Entwicklung des neuen Ultra-High-Performance-Reifens in die Wege geleitet. Fotos: Bridgestone

Wobei die Realisierung kein einfaches Spiel gewesen sei, erzählt der Bridgestone-Manager. Im Labor habe man zuvor zwar schon Reifen mit einem hohen Recycling-Anteil entwickelt. „Und wir hatten zu Beginn des Projekts einige Ideen, wie sich der Prozentsatz noch steigern ließe ohne die Performance des Reifen zu beeinträchtigen.“ Aber die Beschaffung des dafür benötigten Materials für eine Serienproduktion sei schon eine Herausforderung gewesen: „In manchen Ländern Europas ist schon das Einsammeln von Altreifen eine Herausforderung.“

Vor dem Hintergrund habe geholfen, dass der Audi e-tron GT kein Volumenauto sei: Seit dem Produktionsstart 2021 wurden von dem Modell nur etwas mehr als 15.000 Exemplare gebaut. Ein Drittel davon fand übrigens Abnehmer in Deutschland – dem einzigen Land weltweit, wo nach wie vor die Möglichkeit besteht, die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zumindest streckenweise auf öffentlichen Straßen zu erreichen.

Produktion in Italien mit Grünstrom

Für Bridgestone war die Entwicklung des neuen Potenza Sport A in Zusammenarbeit mit Audi ein „Leuchtturmprojekt“, aber auch ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer komplett klimaneutralen Reifenproduktion im Jahr 2050. So ist das Reifenwerk in der Nähe von Rom, in dem die Pneus für den e-tron GT produziert werden, bereits komplett auf Grünstrom umgestellt – einen Teil der Energie liefert in den Sommermonaten einen großflächige Solaranlage auf dem Dach. „In Europa“, sagt de Bock nicht ohne Stolz, „haben wir unser Ziel, die CO2-Emissionen unserer Produktionsstätten im Vergleich zu 2011 zu halbieren, mit 66 Prozent bereits heute übertroffen.“

Da scheint die Sonne 
Produziert wird der neue Ultra-High-Performance-Reifen für den Audi e-tron GT im Bridgestone-Werk Rom. Der Standort ist bereits komplett auf Grünstrom umgestellt und produziert Teile der benötigten Energiemengen mit großflächigen Solaranlagen selbst.
Da scheint die Sonne
Produziert wird der neue Ultra-High-Performance-Reifen für den Audi e-tron GT im Bridgestone-Werk Rom. Der Standort ist bereits komplett auf Grünstrom umgestellt und produziert Teile der benötigten Energiemengen mit großflächigen Solaranlagen selbst.

Im nächsten Schritt gehe es nun darum, auch die CO2-Emissionen aus der Reifennutzung deutlich zu reduzieren. „Da lernen wir noch, auch durch Kooperationen mit Autoherstellern wie Audi.“ So soll der neue Reifen den e-tron GT durch geringeren Verschleiß nicht nur länger tragen als bisher, sondern aufgrund eines verringerten Rollwiderstands und der Enliten-Technologie von Bridgestone auch weiter: Mit seiner nun 97 kWh fassenden Batterie sind nun knapp 600 Kilometer nach der Verbrauchsnorm WLTP drin.

Hoher Aufwand treibt die Kosten

Die Erstausrüstung von neuen Fahrzeugen macht für die Reifenhersteller allerdings nur einen relativ kleinen Teil des Geschäfts aus, muss de Bock einräumen. „Die weitaus größere Zahl an Reifen wird im Ersatzgeschäft verkauft“ – vor allem über die Servicestationen der offiziellen Handelsbetriebe. „Und die“, da ist sich der Bridgestone-Manager gewiss, „werden mit Sicherheit unseren Reifen empfehlen.“ Denn wie grün ein Reifen ist und wie hoch der Anteil von Recyclingmaterialien ist, interessiert derzeit nur einen kleinen Teil der Autofahrer: Bei der Ersatzbeschaffung spielen die Preise eine größere Rolle als Umweltaspekte. „Allerdings wächst das Problembewusstsein auch hier“, glaubt de Bock.

Und er hat noch eine andere Hoffnung, dass sich die Investitionen in den neuen Reifen irgendwann auszahlen werden: „Solche Projekte triggern in aller Regel das Interesse anderer Autohersteller.“ Gut möglich also, dass der Potenza Sport A bald auch für andere Fahrzeuge verfügbar sein wird. Derzeit ist er allein Fahrern des Audi e-tron vorbehalten.

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