Die Chefin lässt sich nicht lange bitten, das Ergebnis des Vergleichstests interessiert sie sehr. Mitarbeiter haben in der Werkstatt den Stamm einer kürzlich gefällten Buche eingespannt und zwei Hochleistungs-Motorsägen vom Typ MS 500i mit Sprit befüllt. Die eine mit MotoMix, einem patentierten Gemisch von Stihl, mit dem ein Zweitaktmotor nur geringe Schadstoff-Emissionen produziert. Die andere mit E-Fuel aus „Haru Oni“, der Pilotanlage zur Produktion von synthetischen Kraftstoffen im Süden Chiles.
Anke Kleinschmit, die bei dem Gerätehersteller Stihl für Forschung und Entwicklung verantwortlich ist, hatte sich bei einem Besuch in Chile ein paar Flaschen von dem grünen Kraftstoff aus der Pilotanlage sichern können. Nun soll sich zeigen, ob der Öko-Sprit die Kette der Motorsäge genauso schnell in Fahrt bringt wie mit MotoMix, einem gebrauchsfertigen Kraftstoffgemisch für Zweitakt-Takt-Motoren, wie sie bei konventionell angetriebenen Motorsägen und Motorsensen eingesetzt werden: In 0,25 Sekunden auf Tempo 100. Und ob damit die gleiche Schnittleistung zu erzielen ist. Um es kurz zu machen: Auch mit dem synthetischen Kraftstoff arbeitet sich die MS500i durch den Baumstamm wie durch einen Laib Brot. Ja, damit lässt sich etwas anfangen.
„Wir sind wie die Autoindustrie in der Transformation hin zur Elektrifizierung. Aber trotz unserer Akku-Strategie ist uns sehr bewusst, dass es ohne Benzin nicht gehen wird“, erklärt die Stihl-Vorständin, als die Motoren wieder ruhen und sie Ohrschützer und Schutzbrille abgelegt hat. Denn die Batterie habe – „Stand heute“ – ihre Leistungsgrenzen. Für Hobbygärtner und Wochenend-Holzfäller sei das kein Problem, für Profis schon, die stundenlang sägen oder sensen müssen. Denn in den Wäldern Skandinaviens, Sibiriens, Afrikas oder Kanadas gebe es keine Lademöglichkeiten. Weder heute noch in absehbarer Zeit.
Akkus wiegen 16-mal mehr als ein Benzinkanister
Und ob der Forstarbeiter für das Tagespensum einen Zehnliter-Kanister oder 120 Akku-Packs mitnehme, mache einen großen Unterschied: Die Kanister wiegen 15 Kilogramm, die Batterien mit dem gleichen Energiegehalt 16-mal mehr. Holger Lochmann, Bereichsleiter Innovationen bei Stihl, hat es genau ausgerechnet. Das geht nicht nur in die Arme, sondern erfordere bei einem batteriegetriebenen Arbeitsgerät mit Mitnahme von Dutzenden von Akkus.
Stihl hat seit 2009 akkubetriebene Geräte im Angebot. Heckenscheren und Blasgeräte, inzwischen auch Motorsägen für kürzere Einsätze und leichtere Aufgaben.„Aber es gibt lokale Rahmenbedingungen und Leistungsanforderungen, die den Verbrennungsmotor derzeit unersetzlich machen – und E-Fuels sind da die einzige Möglichkeit, den CO₂-Fußabdruck der Maschinen zu verkleinern.“ Und daran werde sich so bald nichts ändern, weiß er: Im Labor beschäftigen sich Lochmann und sein Team auch intensiv mit neuen Zellchemien und Akkutypen. Aber einen „Wunder-Akku“ mit besonders hoher Energiedichte und langer Lebensdauer haben auch sie noch nicht entdeckt,
„Wir kommen vom Kunden, nicht von der Politik“
Sogar Brennstoffzellen haben sie bei Stihl auf Einsatzmöglichkeiten hin untersucht – als ehemalige Mercedes-Managerin kennt sich Kleinschmit auch damit gut aus. „Wir sind techologieoffen und arbeiten daran, unseren Kunden ein CO₂-neutrales Angebot machen zu können“, sagt sie. Aber kurzfristig seien für leistungsstarke Arbeitsgeräte keine Alternativen zum Benziner erkennbar. Und durch den Einsatz von grünen E-Fuels ließen sich immerhin die Klimabelastungen um 90 Prozent gegenüber einem Betrieb mit fossilen Kraftstoffen senken.
Kleinschmit: „Wir kommen vom Kunden, nicht von der Politik.“ Soll heißen: Entwickelt werden Technologien, die Forstarbeitern und den Beschäftigten in kommunalen Betrieben die Arbeit erleichtern. Sollte die Politik sich eines Tages entschieden, Verbrennungsmotoren auch hier ganz zu verbieten und nur noch Elektrogeräte zuzulassen, warnt die Technikchefin, ginge der Markt an tonnenschwere Großmaschinen wie Harvester, die bei der Arbeit immer eine breite Schneise in den Wald schlagen und den Boden extrem verdichten.
Mehr zum Thema lesen Sie in der Ausgabe 1/2023 des EDISON-Magazins, die am Donnerstag, 30. März, wieder der AutoBild beiliegt.
Sehr geehrter Herr Rother,
dieser Artikel irritiert mich dahingehend, dass Sie bis anhin bemüht waren fachlich auf hohem Niveau zu informieren. Dass Sie einer Firma Stihl den Raum geben, einen solchen Inhalt ohne den Hinweis auf den Wirkungsgrad von Verbrennern zu veröffentlichen( bei 2 Taktern maximal 50 %) und es darüber hinaus unterlassen den unglaublichen Primärenergiebedarf für E Fuels mit in die Rechnung zu nehmen finde ich etwas enttäuschend. Ich dachte, dass es bei der Energiewende in erster Linie um Energieeffizienz gehen sollte.
Das Stück ist Teil einer größeren Betrachtung zum Thema E-Fuels. Ja, der Wirkungsgrad von Zweitaktern und E-Fuels ist schlecht. Aber zum einen gibt es in gewissen Bereichen und Anwendungsfeldern wie der Forstwirtschaft derzeit keine Alternativen zu Verbrennungskraftmaschinen. Und die Wirkungsgrad-Debatte ist irrelevant, wenn die E-Fuels an Orten mit Grünstrom produziert werden, für den es vor Ort in absehbarer Zeit keine sinnvolle Verwendung gibt. Die Verflüssigung des Stroms schafft hier ein handelbares Wirtschaftsgut, mit dem sich der Ausstoß von Klimagases wirksam reduzieren wird. In Deutschland gehen DESHALB ganz sicher nicht die Lichter aus.